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Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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einmischst.«
    »Natürlich.«
    »Heißt das, du versprichst es mir natürlich? Oder heißt es, du wirst dich natürlich nicht einmischen?«
    Ein raffinierter Kerl, dieser Priester. »Ich verspreche Ihnen, mich nicht einzumischen«, log ich. Hätte ich einen Dollar für jedes gebrochene feierliche Versprechen bekommen …
    »Gut«, sagte er. »Für alle Fälle sage ich der Polizei, sie soll auch auf dich aufpassen.«
    »Trauen Sie mir nicht?«
    »Ich verlasse die Stadt auf deine Empfehlung hin«, sagte er. »Das spricht wohl für sich selbst. Ich bin dankbar, dass du mich angerufen und gewarnt hast, aber ich will sicher sein, dass dir nichts zustößt.«
    »Danke.« Nervös tippte ich auf den Notizblock mit den früheren Versionen des Leserbriefs. »Ich verspreche Ihnen, mich herauszuhalten.«
    Wir legten auf, und ich suchte in unserem Bestattungsunternehmen nach einem Platz, an dem ich jemanden einsperren konnte. Die naheliegenden Möglichkeiten waren viel zu offensichtlich. Ich konnte dem Killer ja kaum befehlen, in einen Schrank zu klettern, und erwarten, dass er mir gehorchte. Es musste ein Platz sein, den er ohnehin und ganz von selbst aufsuchte. Das war zunächst der Eingang. Unsere Vordertür bestand allerdings aus Glas, und von dort konnte man leicht fliehen.
    Die Seitentür dagegen war bestens geeignet. Eine massive Holztür, die in ein schmales Treppenhaus führte. Von dort aus konnte man durch eine dicke Holztür die Leichenhalle erreichen oder durch eine weitere Tür die Wohnung betreten. Ich musste diese Ausgänge fest verrammeln, um den mit einem Beil bewaffneten verzweifelten Dämon im Flur einzusperren, aber das war durchaus möglich. Es konnte funktionieren.
    Zeit für Phase zwei.
     

SIEBZEHN
     
    Eine halbe Stunde später verabschiedete ich mich von meiner Mom und verließ das Haus. Statt zur Schule zu fahren, parkte ich einen halben Block vor Pfarrer Eriksons Haus, wartete ab und beobachtete ihn. Wie angekündigt tauchte er nach einer Weile mit einem Koffer auf, stieg ins Auto und fuhr fort. Ich wartete einige Minuten lang, um ganz sicher zu sein, fuhr in die Zufahrt und schlich mich in den Hinterhof. Eigentlich wäre ich gern vorsichtiger gewesen, doch wenn er am Abend die Polizei anrufen würde, wäre ich aus dem Schneider, denn jeglicher Schaden in seinem Haus würde dem Handlanger angelastet werden. Ich drückte mit dem Fuß die Scheibe eines Kellerfensters ein, griff vorsichtig nach innen, um den Riegel zu öffnen, und kletterte durch.
    Das Haus des Priesters war überraschend weltlich eingerichtet – kein Keller voller verrückter religiöser Requisiten, sondern einfach nur aufgestapelte alte Möbel und Schachteln voller Fliegerzeitschriften. Als ich nach oben ging, fand ich die Wohnung ebenso ordentlich und gepflegt wie bei meinem letzten Besuch.
    Falls der Handlanger den Priester wirklich angreifen wollte, würde er nichts dem Zufall überlassen. Er musste sich vergewissern, dass das Opfer zu Hause war, wenn er kam, und dafür sorgen, dass der Geistliche ihm so weit vertraute, dass er ihn hereinbat. Anders ausgedrückt – der Handlanger musste vorher anrufen und einen Termin ausmachen. Und diesen Anruf wollte ich selbst entgegennehmen. Mit Handschuhen gerüstet, hob ich den Telefonhörer ab und suchte den Knopf für die Sprachbox. Das System fragte nach einem Passwort, und ich tippte das Standardpasswort 1234 ein. Es funktionierte nicht. Mist. Ich musste direkt mit dem Killer reden, um alles richtig vorzubereiten. Konnte ich es wagen, den ganzen Tag hierzubleiben? Ich wollte nicht gesehen werden, weder vom Killer noch von der Polizei. Wie würde er reagieren, wenn er anrief und beim Anrufbeantworter landete? Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Er würde es nicht wagen, eine Nachricht aufzusprechen. Die Stimme war mit Sicherheit irgendwie auffällig – möglicherweise ein Akzent, wie ich schon einmal vermutet hatte, der ihn selbst so sehr störte, dass er beim Ball kein einziges Wort hatte sagen wollen. Er würde also nach einer anderen Nummer suchen und in der Kirche anrufen. Vielleicht hatte ich dort mehr Glück.
    In der Küche hingen an zwei Nägeln mehrere Schlüssel – vermutlich Ersatzschlüssel für die Kirche. Ich nahm sie alle mit und fuhr hinüber. Der Parkplatz war leer. An der Hintertür probierte ich die Schlüssel durch. Einer passte. Ich schob ihn in die andere Hosentasche, um ihn nicht zu verwechseln. Die Kirche war groß, leer und still. Durch die Buntglasfenster

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