Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
Vom Netzwerk:
Ruhe.«
    »Hör mal, ich dachte nur, ich schau mal vorbei und sag Hallo. Du musst jetzt nicht so ein Theater machen.«
    »Wo hast du denn in den letzten zwei Monaten gesteckt? Was hast du getan?«
    »Ich hab mich mit Marci getroffen …«
    »Du hast mit einer großen Gruppe von heißen Mädchen herumgehangen und bist nicht einmal auf den Gedanken gekommen, dass ich vielleicht auch gern mal mit Mädchen herumhängen möchte. Sechs verdammte Jahre lang haben wir jeden Tag zu Mittag gegessen, und dann wackelt Marci einmal mit den Titten, und schon lässt du mich fallen wie eine heiße Kartoffel.«
    »Also geht es um Marci?«
    »Ja, du Schlaumeier«, höhnte er, »es geht um Marci.« Er schnitt oft so ein Gesicht und sprach oft so, aber diesmal kam es mir bösartiger vor als sonst. Es war blanker Sarkasmus, erkannte ich. Das bedeutete, dass er etwas anderes meinte, doch ich hatte keine Ahnung, was er damit sagen wollte.
    »Klar.« Ich lehnte mich an die Tür. »Als ob du nicht das Gleiche getan hättest.«
    »Ach verdammt.« Er starrte einen Moment lang den Fernseher an – dort lief ein Actionfilm mit wilden Schießereien –, dann stand er unvermittelt auf. »Ich muss aufs Klo.« Er ging ins Bad, stellte den Ventilator an und schloss hinter sich ab.
    Ich zählte bis fünf und wartete darauf, dass er die Tür wieder öffnete und mich anschrie, doch nichts geschah. Daraufhin schlich ich durch den Flur leise zum Schlafzimmer seiner Mom und suchte nach einer Waffe. Ich wusste, dass sein Dad immer eine im Schrank aufbewahrt hatte, doch in den oberen Fächern fand ich nichts, und in der kleinen Kommode, die unter die aufgehängten Kleider geschoben war, entdeckte ich ausschließlich Socken und Unterwäsche. Rasch öffnete ich das Nachtschränkchen, doch auch dort war nichts.
    Als die Vordertür mit einem Klicken aufging, zuckte ich zusammen.
    »Max, bist du da?«
    Es war seine kleine Schwester Audrey. Sie war acht, und ich hatte angenommen, auch sie sei in der Schule. Max war immer noch im Bad und antwortete nicht. Da der Ventilator lief, hatte er sie wahrscheinlich gar nicht gehört. Ich ging einen Schritt in Richtung Flur, zog mich aber sofort wieder zurück, als Audreys Schritte sich näherten. Mit angehaltenem Atem versteckte ich mich hinter der Tür. Sie ging am Schlafzimmer vorbei in ihr eigenes Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Ich schlich auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer und hatte gerade die Tür erreicht, als Max das Bad verließ.
    Fast ausdruckslos musterte er mich. »Hast du die ganze Zeit hier herumgestanden?« Ich wollte mir eine Antwort zurechtlegen, doch dann bemerkte er Audreys Rucksack auf dem Boden. »Audrey!«
    »Was ist?« Die Stimme drang nur gedämpft durch die geschlossene Tür.
    »Was tust du um diese Zeit zu Hause?«
    »Und du?«
    »Wir machen blau, und du hältst lieber die Klappe.«
    »Du und wer noch?«
    Max starrte mich an und blickte sich dann verwirrt im Flur um. »John und ich, Dummchen. Warum bist du denn schon zu Hause?«
    »Mir ist schlecht, die Schulschwester hat mich heimgeschickt.«
    »Schon durchschaut, du Schwindlerin. Die Schwester ruft sonst vorher immer Mom an.«
    »Mom hat mir gesagt, ich soll hier warten.«
    »Kommt sie denn früher nach Hause?«
    »Nein.«
    Wieder schien Max etwas sagen zu wollen, doch dann versetzte er dem Rucksack einen Tritt und marschierte in die Küche. »In diesem bescheuerten Haus gibt es nicht mal was Ordentliches zu essen.«
    Was jetzt?, überlegte ich. Ich konnte nicht nach Waffen suchen, solange er neben mir stand, und ich konnte ihn nicht einfach stehen lassen und mich im Haus umsehen. Also folgte ich ihm in die Küche und setzte mich an den Tisch, doch er schlenderte mit einem Beutel Maischips an mir vorbei ins Wohnzimmer.
    »Komm schon!«, grollte er.
    Ich wog die Möglichkeiten ab – die Kellertreppe führte vom Flur nach unten, und von seinem Lieblingsplatz auf dem Sofa aus konnte er sie nicht einsehen. Sollte ich nach unten schleichen und mich umsehen? Doch wie lange würde es dauern, bis er nach mir suchen würde? Unsicher zögerte ich. Dann kam Audrey aus ihrem Zimmer und verschwand im Bad.
    Ich lächelte. Großartig. Ich ging ins Wohnzimmer. »He, Max, kann ich mal euer Klo benutzen?«
    »Klar, von mir aus.«
    »Aber jetzt ist Audrey drin.«
    »Dann nimm doch das untere. Ich bin nicht dein Gefängniswärter.«
    Ich nickte und ging langsam und äußerlich möglichst gelassen zur Treppe. Sobald ich unten war, öffnete ich der Reihe

Weitere Kostenlose Bücher