Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wells, ich will dich nicht töten

Wells, ich will dich nicht töten

Titel: Wells, ich will dich nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
Vom Netzwerk:
ich zu. »Ich weiß nicht, ob du es überhaupt erkennen würdest.«
    »John, bist du … hast du was getrunken? Ich verstehe nicht, was du willst.«
    »Ich mache mir Sorgen um dich«, erwiderte ich. »Das ist mir neu, und ich bin nicht gut darin. Schau doch mal aus dem Fenster.«
    »Du machst mir Angst, John. Verrat mir endlich, was los ist.«
    Ich holte tief Luft. »Ich fürchte, sie hat es jetzt auf dich abgesehen.«
    »Die Handlangerin?«
    »Der Handlanger ist gestern Abend gestorben. Er ist zu uns gekommen, hat eine Weile getobt und sich selbst erschossen.«
    »O Mann.«
    »Ich glaube aber, dass es noch einen gibt«, fuhr ich fort. »Einen, über den wir noch nicht gesprochen haben.«
    »Sagst du nicht, er hat dich angegriffen?«
    »Mir geht es gut. Jetzt hör zu – du bist es, die sich Sorgen machen muss. Schalt das Licht ein. Alle Lampen im ganzen Haus, und dann geh in das Zimmer deiner Eltern.«
    »Wozu soll das gut sein?«
    »Der Killer wird dich nicht anrühren, wenn es Zeugen gibt. Vielleicht kann er dann auch gar nicht töten. Ich weiß es nicht. Am Ende sieht es jedenfalls immer wie Selbstmord aus.«
    Sie keuchte.
    »Ich glaube …« Ich hatte ihr noch nie etwas über die Dämonen erzählt. Das einzige Geheimnis, das ich für mich behalten hatte. Konnte ich es wagen, sie einzuweihen? Mir blieb wohl nichts anderes übrig.
    »Ich weiß, es klingt verrückt«, fuhr ich fort, »aber du musst mir vertrauen. Ich glaube, der neue Killer ist irgendwie übernatürlich.« Ich wartete auf ein Lachen oder eine spöttische Bemerkung, doch sie schwieg. Also fuhr ich fort. »Der Clayton-Killer und Agent Forman waren … irgendetwas. Kreaturen, Dämonen, ich weiß es nicht. Ich erzähle dir das nur, weil der neue Killer wahrscheinlich genauso ist. Ich weiß nicht, ob er dich angreifen will oder … keine Ahnung. Ich will nur, dass du sicher bist.«
    Es gab ein langes Schweigen.
    »Marci?«
    »Du warst dort«, sagte sie langsam. »In seinem Haus.«
    »Ja«, sagte ich. »Daher weiß ich es. Mir ist klar, wie verrückt es klingt, aber du musst mir vertrauen.«
    »Brooke war auch dort.«
    »Ich …« Es klang komisch, wenn sie es auf diese Weise ausdrückte. »Ja, sie war da.«
    »Hat sie ihn auch gesehen?«
    »Den Dämon? Keine Ahnung. Nein, ich glaube nicht.«
    »Sie hat anscheinend keine Angst mehr. Sie hat viel durchgemacht, aber du hast ihr geholfen.«
    »Marci, bist du …« Ich überlegte. »Geht es dir gut? Hast du das Licht eingeschaltet?«
    »Entschuldige, ich habe nachgedacht. Manchmal wäre ich gern …« Es gab eine Pause. »So, jetzt brennt das Licht.«
    »Geh ins Zimmer deiner Eltern«, sagte ich. »Bleib dort, bis alle wach sind. Das ist der sicherste Ort. Ich bin um sieben Uhr bei dir.«
    »Danke.« Wieder eine Pause. »Ich liebe dich, John.«
    Liebe. Irgendwie lief es immer auf Liebe hinaus.
    Liebte ich sie auch?
    »Ich bin um sieben Uhr da«, versprach ich ihr und legte auf.
    Als ich um zehn vor sieben bei ihr eintraf, war sie schon tot.
     

EINUNDZWANZIG
     
    Marcis zusammengesunkener Leichnam lag in einer Ecke des oberen Badezimmers. Die Knie waren an die Brust gezogen und die Arme hingen über dem Badewannenrand. Überall war Blut – auf den Wänden, am Spiegel, auf dem Boden und sogar an der Decke. An der Badewanne klebte ein geronnener Klumpen, und im Waschbecken stand rosafarbenes Wasser. Vorsichtig trat ich ein und wich den größten Lachen und Spritzern aus.
    »Beeilung!«, rief Marcis Vater so laut in sein Funkgerät, dass es durchs ganze Haus hallte. »Ich will in fünf Minuten jeden Sanitäter der Stadt hier sehen, oder ich …« Das Funkgerät knackte. »Widersprechen Sie mir nicht! Es ist nicht Ihre Tochter, die in einer Blutlache liegt!« Mrs Jensen hielt sich in einem anderen Zimmer auf und wimmerte leise vor sich hin. Vermutlich waren die anderen Kinder bei ihr.
    Ich berührte Marcis Arm. Er war kalt und schlaff. Ich wendete ihn ein wenig um, entdeckte den klaffenden roten Schnitt und ließ wieder los. Die Gelenke boten gerade genug Widerstand, um mein Misstrauen zu wecken. Die Leichenstarre setzt frühestens drei Stunden nach dem Tod ein, und ich hatte gerade einmal zweieinhalb Stunden vorher mit ihr gesprochen. Sie hätte nicht so steif sein dürfen, es sei denn, sie war bereits Minuten nach unserem Gespräch gestorben, und selbst das war kaum möglich. Ich richtete mich auf, wich zurück und betrachtete das Blut an den Wänden. Der Spiegel wies einen Sprung auf, den er zwei

Weitere Kostenlose Bücher