Welpenalarm! - Scheunemann, F: Welpenalarm!
den Aufwachraum neben seinem Operationsraum gestellt hat.
Ratlos lasse ich den Kopf sinken. Was hat sie bloß? Ich wollte doch gerade eben nicht sagen, dass sie dick ist. Sie ist doch nur trächtig. Solche Kommunikationsprobleme habe ich sonst nie, nicht mal mit Herrn Beck. Ob es daran liegt,
dass Cherie eine Hündin ist und ich ein Rüde bin? Nina, Caros Freundin, behauptet ja immer, dass Männer und Frauen unterschiedliche Sprachen sprechen. Bisher hielt ich das für Quatsch. Sie benutzen schließlich dieselben Wörter. Aber vielleicht hat Nina das auch anders gemeint? Kann man unterschiedliche Sprachen trotz derselben Wörter sprechen?
Ich laufe um die Holzbox herum und stupse Cherie mit meiner Schnauze in die Seite.
»Hey, ich weiß nicht genau, was du gerade verstanden hast. Aber bestimmt war es nicht das, was ich sagen wollte. Du bist nicht fett. In deinem Bauch turnen nur im Moment eine Menge kleiner Hunde herum. Ehrlich gesagt, hatte ich gerade wieder bewundert, wie schön du bist. Darüber habe ich nachgedacht, als du mich gefragt hast.«
»Ehrlich?«
»Ja, ganz ehrlich.«
Cherie kommt mit ihrer Schnauze jetzt ganz dicht an meine heran und schleckt mir einmal kurz darüber. Sofort stellen sich sämtliche Haare vom Nacken bis zur Rutenspitze bei mir auf. So ein schönes Gefühl!
»Du bist ein guter Freund, Herkules. Manchmal denke ich, du bist vielleicht sogar mehr. Vielleicht sogar …«
Ja? Vielleicht was?! Nun sag schon, Cherie! Wie gebannt starre ich sie an und warte atemlos darauf, wie sie diesen Satz zu Ende bringen wird. Leider sagt sie nun aber gar nichts mehr, sondern springt auf einmal auf und beginnt, hin und her zu laufen und zu japsen.
»Cherie, was hast du?«
Statt zu antworten, bleibt sie nun wieder stehen und fängt an, mit den Vorderläufen auf der Decke in der Box zu scharren. Und dann passiert im Wesentlichen das Gleiche wie bei Carolin: Mit einem Plopp ergießt sich plötzlich ein Schwall
Wasser auf den Boden. Und diesmal weiß ich, was das zu bedeuten hat: Ich werde zum zweiten Mal innerhalb einer Woche zum unfreiwilligen Geburtshelfer! Och nö! Was soll ich denn nun machen? Die Feuerwehr ist doch wahrscheinlich in diesem Fall nicht zuständig – und wie sollte ich die auch alarmieren? Wo steckt Daniel eigentlich schon wieder? Immer, wenn man den braucht, ist er nicht da! Sehr schlechte Eigenschaft, das.
Noch mal plopp. Der erste Welpe fällt zu Boden. Plopp, der zweite. Jetzt ahne ich, warum die Menschen das bei uns Hunden Werfen nennen: Es sieht tatsächlich so aus! Die Welpen liegen auf der Decke und rühren sich kaum. Kein Wunder – sie sind nämlich noch in einer Art feucht glänzendem Tütchen verpackt. Cherie dreht sich um ihre eigene Achse und beginnt, die beiden Welpen aus den Tütchen zu befreien, indem sie sie mit den Zähnen aufreißt. So ausgepackt, liegen die Welpen mit nassem Fell auf der Decke und zucken ein wenig mit den Pfoten. Auf ihren Bäuchen hängt ein Faden. Cherie beißt auch diesen ab und fängt an, ihre Babys abzuschlecken. Je stärker sie die Kleinen mit ihrer Zunge massiert, desto mehr beginnen diese zu japsen. Sie wirken sehr erschöpft. Ob die Geburt für Welpen stressig ist? Wenigstens für Cherie scheint die Geburt nicht ansatzweise so anstrengend zu sein, wie sie es für Caro war. Gut, sie atmet zwar schwer, aber Schmerzen scheint sie keine zu haben. Ich merke, wie ich mich entspanne. Offenbar ist die Feuerwehr hier überflüssig. Gut, dass wir Hunde mal wieder so pflegeleicht sind!
Nach einer Weile wieder: Plopp – Nummer drei. Wieder die gleiche Prozedur. Und kaum kräftig abgeschleckt, fängt das Kleine auch an, sich hin und her zu winden. Wie von unsichtbarer Hand geleitet, kriecht es dann auf Cheries Bauch
zu und beginnt, an ihren Zitzen zu saugen. Wahnsinn! Und das mit geschlossenen Augen! Während die Kleinen noch um die besten Plätze an den Zitzen kämpfen, steht Cherie wieder auf. Plopp. Nummer vier. Und auch dieser kleine Kerl macht sich, kaum hat Cherie ihn gesäubert, gleich in Richtung Milchbar auf. Einige Zeit später wiederholt sich das Ganze, und ein fünfter Welpe wird geboren. Dabei soll es nun offenbar bleiben, denn Cherie legt sich jetzt auf die Seite und lässt die Neuankömmlinge erst einmal eine Runde trinken.
Ich laufe zur kurzen Seite der Box, hier sind die Seitenleisten so niedrig, dass ich Cherie und ihre Welpen gut betrachten kann. Die Kleinen sind etwas dunkler als Cherie, aber vielleicht ist ihr Fell
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