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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Zigarette im Mundwinkel, bei ihnen stehen.
    »Nach Fairbanks?«
    »Ja.«
    »Haben Sie Ihre Karten schon gekauft?«
    »Nein.«
    »Ich würde fliegen. Privatflugzeug. Charter. Ohne Gepäck.«
    »Preis?« fragte Hugh.
    »Wie die Linienmaschine. Aber ohne Service, meine Herren. Dafür sehen Sie das Gebirge mehr aus der Nähe. Ich kann nicht höher als zwei- bis dreitausend gehen.«
    Die drei schauten sich an.
    »Er riskiert es. Warum nicht wir mit ihm?« meinte Hugh.
    Seine beiden Gefährten erhoben sich stillschweigend als Zeichen der Zustimmung. Während sie im Wagen des unternehmungslustigen Piloten zu dem Flugplatz der Privatflugzeuge fuhren, betrachteten sie sich ihn näher. Es blieb beim ersten Eindruck. Verwegener junger Kerl, der vermutlich etwas konnte und sicher etwas verdienen wollte.
    Als ob er fühlte, daß er eingeschätzt wurde, wandte er sich an Martell, der neben ihm saß.
    »Mein Vater war Walfänger, Halb-Eskimo. Ich kenne mich aus im Land. Deinen Vater kenne ich auch.«
    »Wohnen Sie in Fairbanks?« wollte Hugh wissen.
    »Nein, hier in Anchorage. Fairbanks ist ein trostloses Nest. Bin von dort fortgezogen.«
    »Sie kannten nicht zufällig jemand von der Familie Chapela?«
    »Chapela?«
    »Ja.«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Nur so. Die Leute waren von meinem Stamm.«
    »Eine Cora Chapela gab es. Ganz merkwürdiges Mädchen. Aber apart, sage ich Ihnen, apart. Hat mir einen Korb gegeben. Das muß mir passieren, und ich bin auch noch so blöd und lasse sie laufen. Sonst nicht meine Art.«
    »Vor kurzem?«
    »Vor zwei Jahren.«
    »Sie haben nichts mehr von ihr gehört?«
    Der Pilot drehte sich um, obgleich er zu steuern hatte; die Straße war so gerade und unbefahren, daß der Wagen allein laufen konnte. Er blinzelte Hugh an.
    »Nein, nichts mehr gehört. Eigentlich komisch. Denn schön war sie, wenn sie auch einen Tick hatte und sich vor Männern scheute wie ein Pferd vor Bremsen. Und die Bremsen waren hinter ihr her. Vielleicht liegt sie schon im Grab. Eine Krankheit holt man sich in Fairbanks rasch weg.«
    Der Flugplatz der kleinen Privatflugzeuge war erreicht. Die drei stiegen mit ihrem Piloten zusammen vom Wagen in das Flugzeug um. Es war alt, die Türen schlossen schlecht, die Decken, die die harten Sitze deckten, waren nicht eben sauber.
    Aber der Motor zog, und der kleine Vogel stieg in die Höhe. Er flog hinweg über Schneematten, hart vorbei an den Abstürzen der Eisgipfel, über Urzeitgletscher, im Sternen- und Mondlicht der klar gewordenen Winternacht.
    Das war das Land Alaska.
    Weiß, kalt, reich, tödlich.
    Keiner sagte ein Wort. Noch immer war dieses Land mächtig gegenüber den Menschen.
    Der Motor surrte sein Lied durch die erdabgewandte Stille. Zwischen den Fugen der Türen blies Luft herein, und so grüßte der Winter seine unerschrockenen Gäste.
    Über den Eistürmen der Berge und den Schneewüsten war die Nacht unter den Sternen licht geworden, aber in Richtung der Stadt Fairbanks brauten die schneeschwangeren Wolken vom hohen Himmel bis tief herunter auf die Erde, und sie begannen sich in einem aufspringenden Sturm zu bewegen. Der Nordwind versteifte sich und wurde zum Sturm. Er griff in die Wolkenwand hinein, zerwühlte und zerfetzte sie. Die vom Sturm gejagten Wolkenballen trieben um das Flugzeug und daran vorbei. Die Luft fauchte gegen den kleinen Gegenstand und stemmte ihre wachsende Geschwindigkeit und Macht gegen die Kraft des einen Motors. Schneeflocken setzten sich an, dann prasselten Eiskörner gegen die Kanzel. Die Sicht war schlecht, wenn auch nicht völlig behindert, da zwischen Wolken, Hagel und Schnee der Blick auf weißgedecktes Land und blaßblauen Himmel hin und wieder frei wurde. Das Flugzeug zitterte und schwankte, als der Sturm die Form von Böen annahm. Zweimal sackte es in Luftlöcher ab. Der Pilot hatte das Steuer in seiner Gewalt, die Instrumente arbeiteten. Aber die Fluggeschwindigkeit verminderte sich immer mehr und mehr.
    »Sie sind ja nicht nervös«, sagte der Pilot zu Hugh, der neben ihm saß.
    Das Flugzeug stand in der Luft. Die Flügel waren vereist. Die Sturmgewalt ließ nicht nach. Der Pilot ging auf 1000 m über dem Boden herab. Die Bedingungen waren hier nicht besser.
    »Ich lande jetzt«, sagte Lowell. »Wenn etwas schief läuft, sagen wir uns beim Teufel guten Morgen.«
    Er ging steil hinab. Eine vom Schnee fast rein gefegte Eisfläche wurde unter den ziehenden Wolken im Mond- und Sternenglanz sichtbar, verschwommen, das Auge zwischen

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