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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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zu gewichtig, um den Ansager zu spielen. Solche Aufgabe paßt besser zu mir. Und ich garantiere Ihnen für den Erfolg.«
    »Ja – dann, bitte.«
    Ron Warrior eilte fort.
    Ball ging in sein Haus zurück. Es wirkte leer auf ihn, nachdem Hugh und Cora Mahan es verlassen hatten. Vielleicht war es ein Fehler, sagte Lehrer Ball zu sich selbst, daß er nicht geheiratet hatte. Aber was für eine Frau mußte das sein, von der er sich in seiner jetzigen Stimmung hätte begrüßt sehen wollen?
    Am folgenden Tag würden zwei Monate Ferien beginnen. Er hatte im Gegensatz zu seinen Kollegen noch keinerlei Pläne gefaßt, um der Prärie und dem Anblick der Schulgebäude im Sommer zu entrinnen. Vielleicht konnte Mrs. Carson seiner Ferienphantasie Flügel leihen. Er würde morgen in die Agentursiedlung fahren und sie aufsuchen.
     
    Lehrer und Schüler begaben sich zum Abschluß-Lunch.
    Es fand im großen Speisesaal statt und verlief nach außen hin auf eine alltägliche Weise. Jeder hatte seinen alten Platz. Warrior und Mahan aßen zum letztenmal gemeinsam an den langen Nachbartischen zusammen mit ihren Beginner-Zöglingen. Es fiel kein Wort. Selbst Warrior sparte sich jede Bemerkung, und dies war das Ungewöhnliche. Cargill saß entfernt bei der Klasse der Absolventen. Auch auf die Entfernung hin fiel auf, wie blaß er war. Es gab die übliche Suppe, noch einmal die beliebten Büffelfleischbuletten, rote Speise mit gelber Soße und ein Glas Milch, das Mahans Gesundheit stets wohlgetan hatte. Lehrer Ball hatte sich an den Tisch der fünften Klasse gesetzt, zusammen mit Wyman. Rektor Snider beobachtete das mit Befriedigung; er hielt es für eine demonstrative Geste Balls im Sinne von Gesetz und Ordnung, die nicht gestört werden durften. Balls wahre Absicht war gewesen, noch einmal bei den Schülern zu sein, die ein schweres Jahr hinter sich hatten; aber obgleich er freundlich mit diesem oder jenem sprach, kam diese Absicht nicht zutage, und niemand verstand den Senior der Lehrerschaft so, wie er verstanden sein wollte.
    Das Essen wurde rasch beendet.
    Die Abschlußfeier für die sechzehn Schüler, die das Baccalaureat bestanden hatten, war auf 12 Uhr angesetzt. Der große Saal mit den von Rektor Snider beanstandeten Bildern füllte sich schon vor der Zeit mit den geladenen Teilnehmern. Mahan hielt sich als letzter in der Reihe, aber Ball und Cargill warteten und nahmen ihn in ihre Mitte. Miss Hay richtete es so ein, daß sie neben Cargill Platz nahm. Ihre Kastanienlocken waren von Frisörhand hübsch gelegt, aber ihre Empfindungen, die in ihren lebhaften wechselnden Mienen zum Ausdruck zu kommen pflegten, blieben sichtlich unharmonisch. Sie fühlte sich jung, aber von niemandem geliebt, angestrengt, aber nur mäßig erfolgreich.
    In der Reihe hinter den Lehrern fanden sich die Schüler der elften und der zehnten Klasse ein, endlich die Angehörigen der Senioren, die heute gefeiert werden sollten, und die Lehrersfrauen. Rektor Snider, Superintendent Carr, Stellvertretender Superintendent Shaw, Dezernentin für das Schulwesen Miss Bilkins, der ergraute Chief-President des Stammes, Jimmy White Horse, mit seiner mächtigen, aber zum Ducken neigenden Gestalt und zwei Mitglieder des Stammesrates nahmen in der vordersten Stuhlreihe Platz.
    Als das geschehen war, begann der Einzug der Senioren, getrennt nach Mädchen und Jungen, in der traditionellen schwarzen Baccalaureats-Tracht, in weiten Mänteln mit viereckigem Barett.
    Sobald sie neben den Respektspersonen in der ersten Reihe Platz genommen hatten, betrat das Schulorchester die Bühne und spielte; der Schulchor sang.
    Das Spiel und die Lieder fanden Achtung ohne Echo. Es war still im Saal.
    Jerome Patton trat in seinem Baccalaureats-Ornat an das Rednerpult auf der Bühne. Durch die veränderte Kleidung wirkte auch er verändert, älter als sonst, ernst, ganz verhalten. Mit einer deutlich sichtbaren Geste legte er das Blatt mit dem Text seiner Ansprache auf das Pult und las ab. Er schaute dabei die Zuhörer nicht an, sondern las mit gesenkten Augen vor. Es war der Dank der Schüler an die Verwaltung, an die Schule, an die Lehrer und die Selbstverpflichtung, sich dessen würdig zu erweisen. Nach dem letzten Wort verließ Jerome Patton sofort das Pult und begab sich zu seinen Mitschülern in die erste Sitzreihe zurück.
    Snider, Carr, Shaw, Bilkins, Jimmy White Horse und seine beiden Kollegen aus dem offiziellen Stammesrat spendeten einen rasch ersterbenden Beifall. Ball hatte die

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