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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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die Mitteilung, daß Mahans Probezeit mit diesem Tage, wie vorbestimmt, zu Ende sei und eine Anstellung nicht in Frage komme. Eine Begründung war nicht gegeben. Das Schreiben war drei Tage zuvor ausgefertigt und von Chester Carr persönlich unterschrieben. Ball gab das Papier zurück und hatte dabei einige Sekunden Zeit, zu überlegen, was er sagen wollte.
    »Sie kommen doch beide zu der Abschlußfeier heute? Wir haben es hier immer so gehalten, daß auch die Frauen der Lehrer teilnehmen.«
    »Wir kommen.«
    »Ich bin verpflichtet, Ihnen zu sagen, daß Rektor Snider in Sorge ist, die Feier, bei der der Superintendent sprechen wird, könne auf irgendeine Weise demonstrativ gestört werden. Er macht uns Lehrer alle mitverantwortlich dafür, daß nichts dergleichen geschieht.«
    »Wir nehmen das zur Kenntnis, Mister Ball.«
    Ball blies Luft durch die Lippen, Andeutung eines Seufzers, und betrachtete noch einmal ohne Aufdringlichkeit die beiden Menschen, die vor ihm standen. Hugh Mahan kannte er aus täglicher Begegnung und vielen Gesprächen. Es war ihm nicht gelungen, ihn für die Art der Kompromißbereitschaft zu gewinnen, in deren Atmosphäre er selbst existierte und wirkte. Für Mahan gab es Grenzen, über die hinaus er niemals nachgab. Cora Mahan kannte Ball kaum, obgleich auch sie seit Monaten in seinem Haus gewohnt hatte. Gegenüber seinen flüchtigen Eindrücken erschien sie ihm heute neu, nicht nur schlank, zart, nicht nur wohlgebildeter Körper und kluges Gesicht. Sie war überraschend offen und schön geworden wie die Blumen, wenn über Nacht Wärme kommt. Und das an dem Tage, an dem ihr Mann entlassen war. Es gab Rätsel.
    »Mahan, ich werde auf meinem schmalen und hindernisreichen Weg weiterhin versuchen, Kindern Ihres Stammes beizustehen. Sie werden aus unserer Gemeinschaft hier hinausgedrängt. Es wäre abgeschmackt, Ihnen Gutes zu wünschen in der Stunde, in der mein Volk dem Ihren wieder einmal unrecht tut. Ich hoffe aber ehrlich, daß Sie eine neue Möglichkeit finden zu wirken. Glauben Sie mir das wenigstens?«
    »Yes.«
    Man ging gemeinsam, das Ehepaar Mahan zu seinem Wagen, um die beiden Koffer in den Gepäckraum zu geben, Ball hinüber zu dem Hause Ron Warriors; er wollte auch dort die Anordnungen des Rektors mitteilen. Welche Diskussion ihm dabei bevorstand, glaubte er zu wissen, als er hinter dem Fenster Clyde Carrs Gesicht erkannt hatte. Aber er täuschte sich. In der Haustür begegnete er Clyde, der ihn vergnügt grüßte und, den Campingbeutel über der Schulter, soeben das Haus verließ.
    Warrior kam Ball entgegen, führte ihn in den Raum mit dem großen Glasfenster, in dem die Spielsachen auf dem Boden an die Kinder erinnerten, und bat ihn, Platz zu nehmen.
    »Ball, Sie sehen derart ernsthaft aus, daß Sie nur unmittelbar vom Rektor oder von Mahan kommen können.« Ron Warriors Mienenspiel durchlief alle. Phasen von Zynismus zu Freundlichkeit, von Offenheit zur Abschirmung, und Ball hätte nicht sagen können, wo sich die Wahrheit zeigte. »Ball, es ist schade um Mahan. Wissen Sie, ob die Frau eine Beschäftigung sucht? Sie gefällt mir.«
    »Ich weiß gar nichts, Warrior, als daß Rektor Snider drei Entscheidungen getroffen hat: Bei der Abschlußfeier wird es keine Störungen geben, die Mahans ziehen spätestens morgen aus, Clyde Carr wird sich künftig in keinem Lehrerhaus mehr sehen lassen.«
    »O. k. Ball. Clyde ist abgezogen, die Mahans sind bereits ausgezogen, und der Superintendent wird uns bei der Abschlußfeier ungestraft langweilen dürfen. Genug?«
    »Warrior, ich kann mir nicht denken…«
    »Ball, überlassen Sie das Denken den Indianern. Wir haben zu lange versucht, ihnen das Denken abzunehmen.«
    »Was heißt, ›Wir‹? Auch Sie sind Indianer.«
    »Ich gehöre zum ›staff‹ als Teil Ihrer Denkmaschine. Männer wie Mahan und Joe King können Sie in das Getriebe aber nicht einschalten. Sie werfen solche Leute hinaus, oder das Getriebe stockt. Ich möchte wissen oder ich möchte vielmehr lieber nicht wissen, was Hugh und Cora im Nachhilfeunterricht den Zwölfjährigen z. B. über amerikanische Geschichte beigebracht haben.«
    Ball verbarg sein Erstaunen nicht. »Ach – Sie wissen – Sie wußten – «
    »Das ist die Telepathie oder der Bereich fliegender Untertassen im täglichen Leben, Ball. Versuchen Sie nichts zu ergründen, alle Experimente in dieser Richtung schlagen fehl. Aber wenn Sie wollen, nehme ich Ihnen die weiteren Gänge in die Lehrerhäuser ab; Sie sind viel

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