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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sie abgeholt werden sollten. Ball eilte zu den Lehrerhäusern. Vor dem Hause Ron Warriors spielten dessen Kinder, und als der Lehrer bei ihnen stehenblieb, kam Ron mit seiner Frau heraus.
    »Nun, Ball? Ist Chester Carr zufrieden?«
    »Nicht ganz. Der Beifall war falsch verteilt.«
    »Er war spontan. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Hockt Carr noch immer in der Schule? Er will doch nicht etwa das Tanzvergnügen eröffnen?«
    »Es scheint fast so.«
    »Legen Sie alle Schlingen und gebrauchen Sie alle Listen, Ball, um Chester noch rechtzeitig wegzubringen.«
    »Was heißt rechtzeitig?«
    »Es wird nicht getanzt werden.«
    »Warum nicht?«
    »Weil keine Tänzer mehr da sind. Alle sind abgerückt, sogar die Senioren aus dem Internat. Schauen Sie sich doch um!«
    »Ja, das habe ich getan. Es ist also Verabredung.«
    »Von wem wollen Sie verlangen, daß er tanzt, wenn Mahan geht und Wyman bleibt? Der offizielle Teil der Feier für die Senioren ist ordnungsgemäß beendet. Die Trauerfeier für Wymans Klasse beginnt – irgendwo, irgendwann.«
    »Sie sind alle fort. Das also ist ihre Antwort.«
    »Yes, um mit Mister Hugh Wasescha Mahan zu sprechen.« Ball nickte vor sich hin. Als er zum Schulgebäude zurückging, traf er dort die Gruppe der Amtspersonen schon am Schultor. Sie war um eine Person vermehrt, Wyman hatte sich eingefunden.
    »Nun, Mister Ball«, fragte der Superintendent, »haben Sie auch festgestellt, daß der Tanzsaal leer bleibt?«
    »Es ist nichts als eine frech organisierte Provokation gegen den Superintendent und gegen mich – und für diesen Mahan«, rief Wyman.
    »Ich verstehe nicht, Mister Wyman«, antwortete Ball, nur scheinbar ohne Unruhe, »wie Sie die Person des Superintendent hier hereinziehen können. Die meisten Schüler, ja, man kann wohl sagen, alle Schüler und die meisten ihrer Angehörigen haben Mister Carr heute zum erstenmal in ihrem Leben gesehen. Wenn Sie selbst sich getroffen fühlen, so ist das etwas anderes, und es wäre darüber zu sprechen, warum.«
    Nick Shaw, der Stellvertreter des Superintendent, griff in die beginnende Auseinandersetzung ein und beendete sie zugleich. »Wir wissen jetzt, woran wir sind, und das wird seine Folgen haben.«
    Der Wagen des Superintendent wurde vorgefahren; Shaw stieg mit ein. Die Haltung der beiden Herren war selbstbewußt und feindselig.
     
    Nach der Abfahrt aller Amtspersonen kettete Wyman sich an Ball und ließ diesem keine andere Wahl, als ihn zu seinem Haus zu begleiten. Ball beobachtete dabei, wie Cargill herbeikam und Rektor Snider ansprach mit irgendeinem Anliegen, das dem Rektor nicht genehm zu sein schien.
    Wyman aber, ärgerlich über Balls geteilte Aufmerksamkeit, nahm diesen sogleich wieder ganz für sich in Anspruch.
    »Ich lasse mir diese Unverschämtheit der Red Indians nicht bieten, Ball.« Wymans Gefühle kochten; seine Selbstbeherrschung war in unsicherer Bewegung wie ein Deckel, der vom Dampf gelüftet wird. »Hinter dieser Demonstration steckt Mahan, und Bilkins scheint ausgerechnet mir noch Schuld in die Schuhe schieben zu wollen. Sie ist weiter nichts als eine junge Gans.«
    »Mäßigen Sie sich, Wyman.«
    »Kommen Sie zu uns herein, und nehmen Sie das Dinner mit uns, Ball. Ich muß Sie darüber aufklären, was hier gespielt wird.«
    Während Mrs. Wyman, mager und scharfblickend, zuerst einen Drink für alle gemeinsam auf den Tisch brachte und dann weiter um das leibliche Wohl besorgt war, entwickelte Wyman seine Weltanschauung. Er unterrichtete seinen Gast in pausenlosem Erguß über seine üblen Erfahrungen mit farbigem Volk, ganz besonders mit Hugh Mahan und Cora Chapela, jetziger Mrs. Mahan. Ball blieb nichts übrig, als zuzuhören. Endlich verlangte es ihn nach einem zweiten Drink.
    »Etwas Schärferes, Ball?«
    »Ja, etwas Schärferes. Ich muß hinunterspülen.«
    »Tun Sie das. Was bleibt einem in dieser vertrockneten Prärie zwischen den stinkenden Indsmen anderes übrig. Ich sage Ihnen und vergessen Sie das nie, Ball: Die Rothäute sind schmutzig, faul und hinterlistig. Was sie können, haben sie nur von uns gelernt, und dafür geben wir auch noch unsere Steuergelder aus; ich bin neugierig, wie lange wir uns diese fruchtlose Art von Wohlfahrtspolitik noch leisten wollen.«
    »Wir geben keine Wohlfahrts- und Bildungsunterstützung, Wyman. Diese Gelder sind Zahlungen für abgetretenes Land; sie basieren auf Friedensverträgen internationalen Charakters, die mit den damals noch selbständigen Stämmen abgeschlossen

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