Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
allen still und geziemend begrüßt. Gerald war nicht daheim; er war mit den Pferden ausgeritten. Mahan machte bekannt; man ließ sich auf Decken bei Iliffs Platz nieder und nahm einen kleinen Imbiß aus den Vorräten. Jerome beobachtete Tatokala, wie sie gelöst und glücklich bei dem kleinen Bruder saß. Von Iliff ging etwas wie zeitlose Ruhe aus, obgleich er noch ein Kind war. Er hatte eine große Reise zu Leid und Tod getan und war aus einem Reich wieder heimgekommen, das die andern noch nicht kannten. Er brauchte nicht zu erzählen, das Wiederdaheimsein leuchtete aus ihm.
    Nach einer Stunde kam Gerald zurück. Er ritt den Apfelschimmel sattellos; der Braune lief hinterher. Als der Reiter seine Schwester Tatokala erkannte, riß er das Pferd hoch und grüßte auf alte Reiterart. Zwischen Wiesen, Sand, Kiefern und Himmel, im grauen Abenddämmer wirkten Reiter und Pferd wie das ganz Dazugehörige. Mutter Erde und ihre Kinder waren beieinander.
    Hetkala wurde heiterer, als irgendwer sie seit achtzehn Sommern und Wintern erlebt hatte, und Wasescha freute sich. Die Mutter begann von seinen Bubenstreichen zu berichten, da alle gern davon hören wollten. Das meiste hatte er mit den Pferden und des Vaters Gewehr angestellt. Einmal hatte er es ihm von der Wand über dem Kopfende seines Bettes weggestohlen, ohne daß der Vater erwachte. Es war des Vaters eigene Schuld gewesen, denn er hatte seinem Buben am Abend vorher erzählt, daß früher die Dakotajungen eine solche Aufgabe lösen mußten.
    Sobald es dunkel war, die Sterne aufblinkten und der Nachtwind kalt um den Nacken strich, mahnte Vater Patton zum Aufbruch. Die Fahrt zur King-Ranch war noch weit.
    »Ihr könnt übernachten«, sagte Mutter Hetkala. »In der Morgenfrühe macht ihr den Weg leichter und rascher.«
    Familie Patton nahm die Einladung an, Hugh und Tatokala schlossen sich nicht aus. Die Frage des Nachtlagers war rasch geklärt. Hetkala würde Julia, Mutter Patton und Iliff zu sich ins breite Bretterbett nehmen; für Vater Patton blieb die Wandbank. Für Jerome, Hugh und Gerald waren Decken und der Lehmboden bequem genug.
    Ehe man sich schlafen legte, gingen Mahan, Gerald und Jerome noch miteinander in die Prärie hinaus. Die Pferde blieben für die Nacht bei der Blockhütte.
    Mahan lenkte zu dem alten versumpften Brunnenloch, das das Grab seiner beiden Geschwister geworden war. Er wollte Gerald Iliffs wegen davor warnen. Der Weg weckte Erinnerungen und Gedanken an die Vergangenheit, und als sie wieder zur Gegenwart zurückgekommen waren, liefen sie, da sie nicht aufgehalten wurden, weiter zur Zukunft.
    Hugh ahnte, was Gerald und Jerome bewegte. Sie träumten beide von einem Cowboyleben auf der King-Ranch. Jerome plante und rechnete, zwei Jahre…
    Gerald rechnete nicht. Reiten und Hüten war alles, war er wirklich konnte. Er hatte nur sechs Schuljahre mitgemacht, war ein wilder Junge und Bursche gewesen.
    Mahan fragte nicht nach Geralds Gesundheit oder Genesung. Er sagte nur: »Du kommst ja dann morgen früh mit. In meinem Wagen ist genug Platz.«
    »Wasescha… hau!«
    Die jungen Männer liefen noch miteinander umher; es gefiel ihnen fern von Häusern und Straßen. Jerome begann von Tatokala zu träumen, Gerald von einem Rodeo, aus dem er als einer der Sieger hervorgehen wollte. Mahan dachte und träumte nichts, was er in Worte hätte fassen können. Es rührte sich aber halb Vergessenes in ihm und suchte nach neuer Gestalt. Er mußte mit sich ins reine kommen, nicht hastig, aber auch ohne Verzug.
    Bei ihrer Rückkehr zur Blockhütte hörten die drei den Apfelschimmel schnauben, der Gerald begrüßte. Das Tier bevorzugte den Reiter, der es jetzt täglich ritt.
    An der Blockhaustür warteten Hetkala und Tatokala, das Eichhörnchen und die Antilope. Sie mußten vergnügt miteinander gewesen sein. Es stand noch ein Lachen auf ihren Gesichtern und schwand auch jetzt nicht, auch nicht aus den Zügen Tatokalas, und wahrscheinlich wußte sie selbst nicht, wem es nun gelten konnte, Hugh Mahan oder Jerome Patton.
    Sie spielte mit ihrer eigenen Anziehungskraft und freute sich daran wie an einem neuen fröhlichen Leben. Fratzen waren vergessen. Die Luft und der Duft der Prärie umfingen das Mädchen, wie sie im Sommer Blütenknospen der Kakteen streichelten.
    In der Blockhütte war es angenehm warm. Es roch nach harzigem, brennendem Holz, nach geräucherten Fleischschnitten. Müde genug waren alle, um, hart oder weich gebettet, sofort in einen tiefen Schlaf zu

Weitere Kostenlose Bücher