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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Geduld mit ihm haben würde.
    Es war Nachmittag, als die Reiter zu dem gelben Haus und zu der Blockhütte zurückkehrten, ebenso verschwitzt und vom Winde ebenso rasch wieder getrocknet wie die Pferde.
    Nach der ungebundenen Bewegung, die sie genossen, nach dem Wehen der freien Luft, die sie in sich eingesogen hatten, wirkten die Grenze der Ranch, das fremd bewohnte hellblaue Haus, die Feindschaft des neuen Nachbarn wie eine Drohung, die die Kehle zuzog. Die Mienen verfinsterten sich. Auch die Zwillinge schoben die Unterlippe vor. Es fehlte allen das gewohnte Gewimmel der Lehrlinge in der Freizeit, ihre lachenden Gesichter, ihre Späße, ihre Spiele mit den Kindern, ihr Laufen und Arbeiten bei den Kleintierställen. Es fehlten die Wellen der nachbarlichen Freundschaft; die Feindschaft brandete unsichtbar, aber dauernd fühlbar heran.
    Von den schon schräg laufenden Sonnenstrahlen getroffen, machte sich Wakiya auf, um zu dem Friedhof zu gehen. Der Schatten einer Spur im Grase zeugte von seinen täglich gemachten Schritten. Er ging allein, weil er es so wollte. Er war es, der zu Tishunka-wasit-wins Grab gehörte, und das Grab des alten Häuptlings war seit Jahr und Tag sein Platz der Besinnung gewesen. So ging er hinüber, während der Chef-Cowboy der Mac Leans drüben vor der hellblauen Bretterwand stand, Patronen in sein Gewehr einlegte und das Ladeschloß knacken ließ. Das Knacken zerriß den Frieden der Gräber.
    Mahan stand mit Stonehorn bei Oiseda und Queenie Tashina und begleitete Wakiya mit Blicken und Gedanken auf seinem immer gefährlichen Weg über das verbotene Mac Lean-Gelände zum Friedhof.
    Wakiya Byron ließ sich beim Grab des alten Häuptlings nieder und schaute zu dem Platz Tishunka-wasit-wins.
    Tashina stand dicht bei Inya-he-yukan, Mahan machte einen auf dem Grasboden nicht hörbaren Schritt zu Oiseda. Er vernahm ihren Atem.
    Wakiya schlang die Arme um die Knie, hob den Kopf und blickte hinüber zu den Weißen Felsen, über denen sich bald das Himmelsfeuer des Abends entzünden würde.
    Vor dem hellblauen Haus stand noch immer der Mann mit dem Gewehr.
    Es war, als ob irgend etwas Oiseda bewegt habe, ein Erschrecken, eine Müdigkeit oder die Kühle des Abendwindes. Sie zog ihren Schal fester um sich, und Mahan spürte durch das Kleid ihren Körper, der zu ihm zurückgewichen war. Er rührte sich nicht. Das Gold des Sonnentods begann aufzuglühen.
    Wakiya war aufgestanden. Er ging zu dem Grab Tishunka-wasit-wins, legte sich auf das Grab nieder und breitete die Arme aus, als ob er die Erde und die für ihn niemals sterbende Tote umfassen wollte.
    Joe war weggegangen und sogleich wiedergekommen. Er trug sein Jagdgewehr in der Linken, die Rechte legte er um die Schulter seiner Frau Tashina.
    Es war nicht die Haltung eines zum Schuß schon bereiten Mannes.
    Wakiya hatte das Gebet, das ihn im Großen Geheimnis mit Tishunka-wasit-win vereinte, vollendet. Er erhob sich. Aber er vermochte nicht mehr zu gehen. Seine Glieder begannen, unabhängig von seinem Willen zu zucken und zu schleudern; seine Augen wurden starr, und erste Schaumblasen quollen zwischen seinen Lippen hervor. Er versuchte trotzdem heimzulaufen, aber er stolperte.
    Wasescha Mahan sprang mit großen Sätzen zum Friedhof hinüber, um Wakiya zu helfen. Er achtete dabei nicht auf Wakiyas Fußspur auf der Wiese, natürlich nicht; er nahm die kürzeste Strecke von seinem Stand aus. Der Chef-Cowboy beim hellblauen Haus nahm das Gewehr in Anschlag; aber bei der ersten Bewegung dazu hatte Joe schon das seine an der Wange. Wasescha war bei Wakiya und fing ihn auf. Noch war die Gewalt des Anfalls nicht zu groß; er konnte den zuckenden Körper vorsichtig auf die Arme nehmen und zurücktragen.
    Die Gewehre senkten sich wieder.
    Mahan brachte Wakiya in das gelbe Haus. Tashina war mit ihm geeilt und breitete auf dem Boden Decken aus, auf die Wakiya gebettet werden konnte. Joe kam hinzu. Der schwere Anfall nahm seinen Ablauf, der diejenigen, die dem Kranken beistanden, immer von neuem erschreckte.
    Erschöpft, bleich, blieb Wakiya zurück, nachdem die Qual ihn verlassen hatte.
    Als Joe Inya-he-yukan ihn auf die Arme nahm, um ihn auf ein Lager zu tragen, sah Wakiya ihn an, und als Joe zögerte, um ihn anzuhören, sagte er:
    »In die Hütte. So wie früher.«
    Joe erfüllte den Wunsch und trug den langgewachsenen Buben, der mager genug war, um ein leichtes Gewicht zu sein, hinauf zu der Blockhütte.
    Mahan war unterdessen bei Queenie Tashina geblieben.
    Die

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