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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sinken.
    Am frühen Morgen, als der Wind schneidend kalt wehte und die beiden Pferde sich zusammendrängten, wurden die Menschen wieder wach. Hetkala, Tatokala und Jerome waren mit Eimern unterwegs, um Wasser zu holen. In einem Faß stand noch Regenwasser, mit dem sich die Zurückgebliebenen wuschen. Zum Frühstück gab es Rauchfleisch. Sowie man an den Aufbruch dachte, traf Tatokala eine für alle überraschende Entscheidung. Sie wollte nicht weiter mitfahren, sondern auf den Besuch der King-Ranch verzichten und die beiden Tage bei Mutter Mahan bleiben. Montag in aller Frühe würde sie sich zu Fuß auf den Rückweg zum Schulinternat machen und unterwegs den Schulbus erreichen.
    Der Entschluß stand fest, Hetkala fand ihn recht, und so widersprachen die andern nicht; auch Jerome, der sich verwirrt fühlte, fand sich ab. Gerald war seiner Schwester ohne Worte dankbar, daß sie bei Iliff bleiben wollte. Als Jerome dies begriff, hellte es sich in ihm auf; er glaubte nicht mehr, daß Tatokala ihn von neuem wegschieben wollte, sondern daß sie als ein indianisches Mädchen ihre Familie liebte, und so liebte er sie in ihrem Verzicht um so mehr. Alles, was er sich von einer Frau nur wünschen konnte, floß für ihn in der Gestalt Tatokala-Taga zusammen; reizvoll, unzugänglich und kühn, sanft und mütterlich erschien sie ihm.
    Iliff saß schon wieder an seinem Platz auf der Wiese, er studierte ein Bilderbuch, das Hugh ihm mitgebracht hatte. Tatokala kniete bei dem Jungen. Jerome nahm das Bild in sich auf und nahm es mit sich. Alle hatten noch einmal zurückgegrüßt. Tatokala hatte sich dabei gezwungen, den Gruß Mahans nicht zu übersehen, sondern freundlich, unauffällig, natürlich zu erwidern. Er sollte in ihre Schmerzen und Wirbel nicht hineinschauen.
    Mahan mäßigte bei der Morgenwanderung zu den Wagen seinen Schritt, weil er nicht sicher war, ob Gerald, der sich unmittelbar hinter ihm eingeordnet hatte, mithalten könnte. Aber bald merkte er, das der Rhythmus von Geralds Gang heute leicht und gleichmäßig war.
    Sobald man die Wagen erreicht hatte und in Bewegung setzte, ließ Mahan nunmehr Vater Patton voranfahren und folgte. Die Route war ja allen bekannt.
    Es war noch Vormittag, als die beiden Wagen in das Tal der Weißen Felsen einfuhren. Mahan spähte hinauf zu dem hellblauen Haus, in dem er einmal eine Nacht verbracht hatte und das jetzt von Fremden besetzt war. Gleich beim Haus war ein gesatteltes Pferd angehängt. Ein Mann lief umher, der wie ein Chef- und Senior-Cowboy wirkte. Er hatte ein Rifle bei sich. Die Großmütter waren also nicht mehr allein.
    Patton und Mahan parkten ihre Wagen am Straßenrand kurz vor der Einfahrt zu dem Wiesenweg, und man ging miteinander zu Fuß hinauf, an Kings Wagensperre und Barrikade am Hang vorbei zum hellgelben Haus und zu der Blockhütte.
    Die Zwillinge, die Hugh mit einem hellen »Hay!« begrüßten, befanden sich in der Pferdekoppel und versuchten ihre Künste im Aufsitzen auf ein Pferd, das größer war als ihre beiden Ponys, auf die sie längst aufspringen konnten. Die drei Kleinsten kullerten über die Wiese. Hanska und Wakiya waren nicht zu sehen.
    Queenie war bei den Kleintierställen, die sie von der Handwerksschule übernommen hatte; sie hatte eben mit Oiseda zusammen die weißen Angorakaninchen begutachtet. Joe und die beiden Frauen kamen den neuen Gästen entgegen. In schwarzen Jeans, weißem Hemd und schwarzer Kordjacke war Joe bereits festtäglich angezogen. Es zeigte sich, daß er die Familie Patton erwartet hatte. Mahan stellte Gerald vor.
    Joe schien einen Augenblick zu überlegen.
    »Ja«, sagte er dann, »ich erinnere mich, wie sie dir damals mitgespielt haben.«
    Niemand beeilte sich, noch weiter etwas Besonderes zu reden oder zu tun. Jeder schlenderte zunächst einmal umher, wie es ihm gefiel, lachte mit den Kindern, besah Pferde, Stachelschweine oder Angorakaninchen, blickte zu den Weißen Felsen und unauffällig auch hinüber zu der Nachbarranch, wo die beiden alten Frauen auf einer Bank am Haus in der Sonne saßen. Der Cowboy ritt los. Aus dem Haus kam ein schmalschultriges, einfach gekleidetes Mädchen. Es lief mit zwei Eimern hinunter zum Booth-Bighorn-Brunnen, um Wasser zu holen.
    »Unsere Zwillinge dürfen drüben nicht mehr helfen«, erklärte Joe, zu Mahan und Gerald gewandt. »Die Großmütter sind traurig, und die Kinder sind es auch. Ich würde die Wasserleitung freigeben, wenn Mac Lean bereit wäre, den normalen Wasserpreis zu

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