Welt Der Elben (1-3)
Augen funkelten gierig.
»Ein Glücksbringer«, log Heather. Sie drehte die Spitze. Der Deckel löste sich, sprang auf und ein lebendiger weißer Wurm erschien in der Öffnung. Erschrocken ließ sie das Gefäß fallen.
PLINK!
Es kullerte einen Moment hin und her. Die Schlange kroch hervor. Heather riss die Augen auf. Das Weiß der Kreatur war so rein, dass der Körper im Dämmerlicht wie ein Pfeil aufblitzte.
»Was ist daaaa…?«, schrie von Rittershausen.
Das Tier schoss blitzschnell unter sein Hosenbein. Er zuckte, trat mit dem Fuß und zappelte. »Aaah.« Er schlug sich auf die Hose, dann auf den Bauch und zerrte an seinem Hemd. Die Schlange kam am Kragen wieder zum Vorschein und verschwand in seinem linken Ohr. Rittershausen verdrehte die Augen und fiel um. Aus seinem Ohr floss ein Blutstropfen.
Dann tauchte die Schlange wieder auf und glitt über den Boden in Heathers Richtung. Vor Schreck hörte Heather auf zu atmen. Die Schlange richtete sich auf.
Sie sieht mich an!
Mit blankem Entsetzen riss Heather die Augen auf. Sie wollte schreien. Aber ihr fehlte die Kraft dazu und ihre butterweichen Knie schlotterten. Das Tier hielt plötzlich inne, kehrte um und schlüpfte zurück ins Muschelgefäß.
Heather schwankte. Sie fühlte, wie das Blut langsam aus ihrem Kopf entwich und die Umgebung vor ihren Augen sämtliche Farbe verlor. Wie im Nebel nahm sie wahr, dass Zalym mit einem Satz über Moryn hinwegsprang und sie auffing. Er zog ihren rechten Arm über seine Schulter und umgriff sie an der Taille, bevor sie zu Boden sinken konnte.
»Deckel drauf!«, rief Tessya. Sie puhlte ihr den Verschluss aus der Hand, bückte sich nach dem am Boden liegenden Gefäß, drückte den Verschluss oben auf die winzige Öffnung und schraubte die Muschel wieder zu.
»Was war das?«, fragte Aarab.
Tessya prüfte den Verschluss und schraubte ihn mit Daumen und Zeigefinger noch etwas fester zu. »Das war die Schlange aus dem Gefäß des Vergessens.«
»Nie was davon gehört.«
»Ich schon. Allerdings habe ich die ganze Zeit gedacht, ich hätte davon schon mal im Unterricht gehört. Aber so war es nicht. Es war bei Maya Elda. Ich hatte ihr frische Kräuter gebracht. Auf dem Tisch lagen Bücher. Da griff ich nach einem und blätterte durch die Seiten …«
Heather erinnerte sich daran, dass man zum Leben atmen muss und japste nach Luft.
»Alles okay?« Zalym strich ihr über die Schulter. »Alles ist gut, Heather.«
Sie nickte matt. »Es geht wieder.«
Nichts ist okay, dachte sie und blickte zu Moryn, der sich die Platzwunde am Kopf mit der Hand zuhielt. Blut lief über sein Gesicht. Er war blass und hatte die Augen geschlossen. Du bist schwerverletzt und niemand hier scheint das besonders ernst zu nehmen. Sie kniete sich neben ihn und legte eine Hand unter seinen Nacken. »Schnell, ein Handtuch und Eis!«, rief sie. »Die Küche muss hier irgendwo im Erdgeschoss sein.«
Zalym lief los und kam mit zwei Küchentüchern und einem Kühlpack zurück. Heather nahm das Tuch. Sie schob sanft Moryns Hand beiseite und drückte den Stoff auf seine Stirn. Er reagierte nicht. War er bewusstlos?
»Hier!« Zalym hielt ihr die Kältekompresse hin.
Sie legte den Eisbeutel auf den Leinenlappen und drückte fest.
Moryn schlug die Augen auf und stöhnte.
»Ruhig bleiben!«, flüsterte sie. »Du hast einen ziemlichen Schlag abgekriegt.«
Er versuchte, sich aufzurichten. Aber sie hielt ihn sachte fest. »Nein! Lass dir Zeit! Es ist vorbei.«
Aarab hockte sich zu ihnen. »Hey Kumpel, du hast das Beste verpasst!«
»Was denn?«, fragte Moryn matt.
»Die Schlange. Abgefahren!«
»Das Gefäß des Vergessens«, ergänzte Tessya.
Moryn hob den Kopf und blickte zu dem am Boden liegenden Mann.
»Ist er tot?«
»Ich glaube nicht«, antwortete Tessya. Sie hielt ihm das silberne Muschelgefäß vor die Nase. »Es ist trotzdem vorbei!«
»Bist du dir sicher?«
»Ja, die Schlange schläft in der silbernen Muschel«, erklärte sie und blickte in die Runde. »Wenn die Schlange aufgeweckt wird, dann ist sie hungrig. Sie bohrt sich in das Gehirn ihres Opfers und zerstört dort mit einer Art Stromschlag sämtliche bösen Gedanken. Dann geht sie in ihr Haus zurück.«
Aarab deutete auf Anselm von Rittershausen und lachte. »Ich glaub, von dem ist nicht mehr viel übrig. Der hatte doch nur Böses im Sinn.«
Heather musste schmunzeln bei dem Gedanken daran, mit welchen Methoden die Elben einen Menschen bestrafen konnten. »Bedeutet das etwa, dass
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