Welt Der Elben (1-3)
hingehen.«
Dann eben nicht. Die glauben tatsächlich noch an Glücksbringer und Hokuspokus! Heather senkte den Blick.
Lynn, Karyll van Ozyen und drei hinzugerufene Weise aus dem Zehnerrat diskutierten das Rätsel um Mayas Verschwinden bis spät in die Nacht. Schließlich glaubten sie, Heather als Finderin des Lebensbandes sei die Schlüsselfigur in dem Geschehen. Deshalb wollten sie ihren Gedanken Vorrang schenken und beschlossen, sie müsse sich auf den Weg zu Mayas Zwilling machen. Gleich morgen!
»Ihr brecht zur Schwester der Vermissten auf!«
Heather war plötzlich speiübel. Hatte sie zuviel vom angebotenen Kyrssakonfekt genascht? Oder schlug ihr die bevorstehende Reise auf den Magen? Nach Mittelamerika! Das lag nicht gerade um die Ecke.
Lynn machte ihr eine Schlafkammer zurecht. Erschöpft ließ Heather sich in ein weiches Bett mit vielen Kissen fallen. Sie wollte nur ein wenig ruhen, aber sie schlief sofort ein. Ihre Ängste jedoch begleiteten sie in die Träume. Sie hastete durch einen dichten Wald. Egal wohin sie flüchtete, jemand folgte ihr, und das Gestrüpp wurde immer dichter und undurchdringlicher.
Plötzlich fand sie sich auf einer Lichtung wieder. Vor ihr stand ein großer Junge mit schwarzen Haaren. Zögernd ging sie näher. Er hob seinen Kopf, und sie erkannte, es war Moryn. In diesem Moment verwandelte er sich in eine Katze, packte sie und wollte sie fressen. Sie blickte auf spitze Vampirzähne. Er fauchte sie an. Und als er erkannte, dass er sie nicht herunterschlucken konnte, hob er sie hoch und schüttelte sie.
»Du bist halt eine hässliche Menschenkröte und keine Maus«, rief er zornig. »Nicht mal fressen kann man dich!«
14 NIEMALS!
» I ch werde das nicht tun!«, sagte der Priestersohn und sah ungläubig auf den Zettel mit der Anweisung. Er versuchte sich ruckartig aus der Umklammerung seines Peinigers zu befreien. Doch augenblicklich drückte eine Hand seine Schulter zurück auf den Stuhl. Die andere Hand verdrehte ihm den Arm hinter dem Rücken. Sein Entführer war kräftig. Vermutlich ein Mann. Vielleicht auch eine kampftrainierte Frau.
Fassungslos blickte der Entführte erneut auf den Zettel. Was von ihm verlangt wurde, erschütterte seine Grundfeste. Niemals würde er der Forderung nachgeben. Selbst wenn er könnte.
Er versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Entführer war in eine schwarze Kutte mit Kapuze gehüllt und trug eine weiße Kunststoffmaske. Er hatte noch kein Wort mit ihm gesprochen. Weil er nicht erkannt werden wollte? Aber warum? Würde er ihn wieder freilassen, nachdem getan war, was auf dem Zettel stand?
»Nein, ich werde es nicht tun«, sagte der junge Mann noch einmal energisch und schüttelte entschieden den Kopf. Er spürte, wie sein Arm fester hinter dem Rücken hochgedreht wurde. Noch war der Druck gut auszuhalten, ja vielleicht gab es sogar eine Möglichkeit, sich aus dem Griff zu befreien, überlegte er.
Da sah er die Klinge vor seinem Gesicht aufblitzen. Eine silberne, scharfe Schneide. Er spürte das kalte Metall an seiner Gurgel. Der Druck wurde fester.
Du musst jetzt ruhig bleiben, du musst mit deiner Stimme überzeugen, so wie du es gelernt hast, sprach er sich Mut zu. Er schluckte und sprach: »Selbst wenn ich wollte, ich kann es nicht. Ich bin kein Geweihter …«
Die Buchstaben auf dem Blatt begannen vor seinen Augen zu verschwimmen. Erneut las er die Worte:
… Wenn du bereit bist zu kooperieren, dann …
»Ich kann es nicht«, wiederholte er noch einmal. »Nur geweihte Priester haben genügend Macht …«
Das Messer an seiner Kehle wurde zurückgezogen. Erleichtert atmete er auf. Hatte er überzeugend gesprochen?
Da spürte er den harten Griff nach seiner Hand, hörte das Knacksen des brechenden Fingergelenks und schrie vor Schmerz auf.
15 Saatkrähen
H eather musste erst die Bilder der Nacht abschütteln, bevor sie die Augen öffnen konnte. Die Wahrheit traf sie wie ein brutaler Schlag in den Magen: Sie war nicht Zuhause. Und nicht in den Wanderferien. Sie war in eine Parallelwelt geraten. Die dort lebenden Elben waren steinalt. Selbst die Kinder waren älter als ihre Oma. Und sie hielten sich vor den Menschen versteckt.
Sie wollen nichts mit uns zu tun haben!
Moryn verhielt sich feindselig. Tessya war eine Besserwisserin. Nur Zalym gab sich freundlich, als bekäme er Geld dafür. Er erinnerte sie an den Schulsprecher. Jeder wollte mit ihm befreundet sein. Vielleicht, weil er nie zeigte, was er
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