Welt Der Elben (1-3)
blieb.
»Heather, ich weiß, wir können manchmal ganz schön ätzend sein. Es tut mir leid – so leid«, sagte er leise.
»Ihr seid überheblich und eingebildet!«, schluchzte sie. »Und ihr wollt mich doch gar nicht bei euch haben. Löst eure scheiß Probleme ohne mich, wenn ihr so neunmalklug seid!«
Vorsichtig berührte Zalym sie am Kinn. Er beugte sich zu ihr hinunter und sah ihr in die Augen.
Als sie sein geschwollenes Auge sah, musste sie grinsen. Sie konnte nicht anders. Das Auge sah göttlich blau aus. Sie lachte schallend los. Zu ihrer Überraschung lachte er mit und hielt sich dabei das Auge zu.
»Willst du wissen, warum wir uns geprügelt haben?«
»Ja, das wäre dann Frage Nummer drei.«
»Komm!«
Zalym schob Heather weiter zum Marktplatz. Sie setzten sich auf eine Bank.
Auf der anderen Seite saß Aarab, flankiert von zwei Freunden. Es war ganz offensichtlich, dass Aarab sie und Zalym fest im Blick hatte.
»Wir Nordfranken-Elben und die Olva-Elben, wir können uns nicht besonders gut leiden – und manchmal geraten wir etwas heftiger aneinander«, sagte Zalym.
Er blickte in Aarabs Richtung. »Die werfen uns vor, wir würden Geheimnisse verraten, wenn wir Kontakte mit Menschen pflegen. Dabei sind wir sehr, sehr vorsichtig und ziehen nur wenige Ausgewählte ins Vertrauen. Wir machen sie zu unseren Botschaftern .« Er seufzte. »Aber wir müssen doch wissen, was bei euch vor sich geht, und wenigstens ein paar Menschen vertrauen. Nicht alle sind schlecht. Du zum Beispiel. Du hast das Zeug dazu, mal eine exzellente Botschafterin zu werden.«
Will der Kerl mir schmeicheln oder meint er es wirklich so?
Heather beobachtete die drei Jungs auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes. Aarab kraulte einem Hund das Fell. Sie spürte Aarabs durchdringenden Blick unverwandt auf sich ruhen. Er ließ sie keine Sekunde aus den Augen.
Zalym redete unbeirrt weiter. »Wir sind besorgt, weil die Olva-Elben mit Waren der Menschen Handel treiben und dabei riskieren, durch die Gier der Menschen verraten zu werden.«
Merkwürdigerweise wurde Heather den Verdacht nicht los, dass Zalym darüber hinaus noch ein ganz persönliches Problem mit Aarab hatte. Aber sie hielt es für klüger, zu schweigen. Es ging sie im Grunde genommen auch nichts an. Außerdem hatte sie selbst genügend Probleme.
»Nichts gegen dich, Heather«, sprach Zalym weiter. »Aber wir Elben haben uns vor langer Zeit von den Menschen zurückgezogen. Eure Anführer sind gierig, egoistisch und kennen kein Mitleid. Deshalb versinkt eure Welt seit tausenden von Jahren in Kriegen, Armut und Hunger. Wir können das nicht verstehen. Sicher, wir streiten uns auch mal…«, Zalym zeigte auf sein blaues Auge, »…aber damit ist dann auch schon Schluss.«
Er ballte die Fäuste, bis die Knöchel weiß hervortraten. »Bei uns verhungern keine Kinder.« Seine Stimme klang traurig. »Jeder sechste Mensch auf Tellus hungert. Das sind eine Milliarde Menschen. Alle drei Sekunden stirbt bei euch jemand an Hunger. Und meist ist es ein Kind.«
Heather wurde schlecht bei dem was er sagte. Nie zuvor war ihr das so bewusst geworden. War sie nicht selbst schon abgestumpft von den täglichen Hiobsbotschaften aus ihrer Welt? So viele tote Kinder – und niemand machte etwas dagegen.
»Manchmal kommt es vor, dass ein Elb tatsächlich eine schlimme Tat begeht. Er wird dafür von der Gemeinschaft durch Ausschluss bestraft.« Zalym faltete die Hände und drehte die Finger gegeneinander, bis es in den Gelenken knackte.
»Je nach Schwere der Tat verbannen wir solche Elben in die Gestalt von Katzen, Raben oder weißen Hirschen. In dieser Gestalt müssen sie sich bewähren und ihre Taten sühnen. Die Gestalt der Katze und des Raben ist rückwandelbar, da die Priester den Körper aufbewahren. Die Gestalt des weißen Hirsches ist endgültig.
Ein Elb, der eine schwere Straftat begangen und dafür nicht gesühnt hat, gelangt nach seinem Tod nicht in die nächste Welt. Die Göttin Sefyra nimmt die Seele nicht mit.«
»Und was passiert dann mit ihm?«, fragte Heather.
»Er wandelt körperlos umher«, erklärte Zalym, »bis ein Priester oder eine Priesterin sich seiner annimmt und ihm durch bestimmte reinigende Aufgaben eine neue Chance gibt. Doch sehr selten lässt sich so Jemand nicht einfangen. Er ist böse und treibt irgendwo sein Unwesen, vorzugsweise in unseren Verbindungstunneln – dort wo der Zwischenraum und die Zwischenzeit sich kreuzen.«
Das Letzte hatte Heather
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