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Welt im Fels

Welt im Fels

Titel: Welt im Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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werde dir nichts tun. Es war euer Chefobservator, der nach dem Ding schickte, das töten kann. Setz dich hier neben mich!«
    »Das kann ich nicht, du …« Sie war zu erschrocken, um den Satz zu vollenden.
    »Ich was?«
    »Du bist … du bist nicht bekleidet.«
    Nun verstand Chimal ihre Scheu. Diese Leute hatten ein Tabu, das ihnen verbot, unbekleidet zu gehen, so wie die Frauen im Tal ein Huipili tragen mußten, um ihren Oberkörper zu bedecken, wenn sie zum Tempel gingen. »Ich trage mein Maxtili «, sagte er und zeigte auf sein Lendentuch. »Ich habe keine andere Kleidung. Wenn du etwas hast, will ich es gern anziehen, wenn es dir lieber ist.«
    »Du sitzt auf einer Decke«, sagte sie.
    Er bemerkte, daß diese Schlafmatte aus mehreren Lagen bestand und die oberste aus einem weichen, dicken Tuch war. Als er sie um die Schultern legte, war das Mädchen sichtlich erleichtert.
    Sie setzte sich nicht neben ihn, sondern drückte auf eine Klinke an der Wand, worauf ein kleiner Stuhl ohne Lehne herunterklappte. Darauf setzte sie sich.
    »Also, zunächst«, sagte er. »Ihr verbergt euch hier im Fels, aber ihr wißt von dem Tal und von meinem Volk.« Sie nickte. »Also gut. Ihr wißt von uns, aber wir wissen nichts von euch. Wie kommt das?«
    »Es ist so bestimmt, denn wir sind die Beobachter.«
    »Aber warum beobachtet ihr uns im geheimen? Was tut ihr?«
    Sie schüttelte hilflos den Kopf. »Ich kann darüber nicht sprechen. Solches Wissen ist verboten. Töte mich, es ist besser! Ich kann nichts sagen …« Sie grub ihre Zähne fest in die Unterlippe und schwieg.
    »Das ist ein Geheimnis, das ich lüften werde«, sagte er ruhig. »Ich will wissen, was hier vorgeht. Ihr seid aus der Außenwelt hinter meinem Tal. Ihr habt die Metallwerkzeuge und all die Dinge, die uns fehlen, und ihr wißt von uns – aber ihr haltet euch verborgen. Ich will wissen, warum …«
    Ein tiefes Dröhnen wie von einem großen Gong erfüllte den Raum, und Chimal war im Nu auf den Beinen und hielt das Ding, das töten konnte, bereit. »Was ist das?« fragte er, aber Wachmann Steel beachtete ihn nicht.
    Als der Ton erklang, fiel sie auf die Knie und beugte ihr Haupt über die gefalteten Hände. Sie murmelte ein Gebet, und ihre Worte gingen in dem lauten Dröhnen unter. Dreimal erklang der Gong, und beim dritten Schlag hielt sie das kleine Kästchen hoch, das an ihrem Gürtel hing, und entblößte einen ihrer Finger. Beim vierten Schlag drückte sie kräftig auf den Metallstab, so daß er in das Kästchen hineinglitt und dann langsam wieder herauskam. Dann ließ sie das Kästchen los und wollte ihren Finger wieder bedecken. Bevor sie das tun konnte, ergriff Chimal ihre Hand und drehte sie um. Die Stacheln an dem Metallstab hatten ein kleines Muster in die Fingerspitze gekerbt, das blutete. Die Steel zog ihre Hand weg und schob schnell den Stoff über die Blöße.
    »Ihr Leute hier tut viele merkwürdige Dinge«, sagte Chimal und nahm ihr das Kästchen aus der Hand. Er betrachtete das kleine Fensterchen. Die Ziffern waren die gleichen wie zuvor – oder nicht? War nicht die letzte Ziffer rechts eine Drei gewesen? Es war jetzt eine Vier. Neugierig drückte er auf den Stab, obgleich er sich den Finger dabei verletzte. Die Steel schrie auf und griff nach dem Kästchen. Jetzt war die letzte Ziffer eine Fünf. Er ließ es los, und sie drückte das Ding an sich und wich bis zur Wand vor ihm zurück.
    »Sehr merkwürdige Dinge«, sagte er und musterte die blutigen Punkte auf seinem Finger. Bevor er noch etwas sagen konnte, klopfte jemand leise an die Tür und rief halblaut: »Wachmann Steel!«
    Chimal eilte zu ihr und legte ihr die Hand auf den Mund. Sie schloß die Augen, erschauerte und wurde schlaff.
    »Wachmann Steel?« rief es noch einmal, und eine zweite Stimme sagte: »Sie ist nicht hier, öffne die Tür und schau nach!«
    »Wir dürfen ihre Intimsphäre nicht verletzen. Was ist, wenn sie da ist, und wir treten unaufgefordert ein?«
    »Wenn sie hier ist, warum antwortet sie dann nicht?«
    »Sie kam nicht zum Femiol beim letzten Jarnbog, vielleicht ist sie krank.«
    »Der Chefobservator befahl uns, sie zu suchen und sagte, wir sollten in ihrem Quartier nachsehen.«
    »Sagte er wirklich, wir sollten in ihrem Quartier nachsehen?«
    »So sagte er.«
    »Dann müssen wir die Tür öffnen.«
    Als die Tür sich langsam zu öffnen begann, riß Chimal sie weit auf und trat dem Mann, der draußen stand, in den Magen. Der klappte sofort zusammen und fiel auf das

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