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Welt im Fels

Welt im Fels

Titel: Welt im Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Harrison
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die Maisstoppelfelder rannten und zwischen den Maguey-Reihen davonliefen. »Zur Felswand, zur Schlucht, damit ihr seht, was ich euch dort zeigen werde!«
    In panischer Angst flohen sie weiter, und er hetzte hinter ihnen her. Die Felswand lag vor ihnen, das Ende des Tales. In wenigen Minuten würden sie den Tunnel betreten, und das würde der Anfang vom Ende ihres bisherigen Lebens sein. Chimal lachte und schrie. Tränen rannen ihm übers Gesicht. Das Ende!
    Ein anwachsendes Grollen, wie ferner Donner, war von vorn zu hören, und eine Staubwolke stieg vor der Felswand auf. Die Menge wurde langsamer und hielt an, lief durcheinander, weil sie nicht wußte, vor welcher Gefahr sie fliehen sollte. Dann wichen die Leute zur Seite aus, als Coatlicue sich unter sie stürzte. Chimal schnürte die Angst das Herz ab, als er durch die letzten Meter der Schlucht zur Felswand ritt.
    Er mochte sich selbst nicht eingestehen, was möglicherweise geschehen war, wagte nicht, es sich einzugestehen. Er war dem Ende so nahe, zu nahe, in jeder Beziehung, um jetzt noch einen Fehlschlag hinnehmen zu können. Coatlicue rannte den Pfad hinauf und in die Felsspalte.
    Dann stand sie vor einer Barriere aus herabgestürzten Felsen, die den Weg versperrten.
    Der Staub legte sich langsam. Von dem Felsentor oder der Öffnung zu den dahinter liegenden Tunnels war keine Spur mehr zu sehen, nur der große Trümmerhaufen.
    Dann kam die Dunkelheit. Der Himmel bewölkte sich plötzlich. In Windeseile war er mit schweren Gewitterwolken bedeckt. Und schon bevor sie die Sonne verhüllten, wurde diese schwächer und erlosch. Ein kalter Wind fegte durch das Tal. Die Leute hockten zusammengekauert und jammerten über das Unglück, das über sie hereinbrach. Führten die Götter Krieg gegeneinander? Was ging vor? War das das Ende?
    Plötzlich goß es in Strömen, und die Dunkelheit verstärkte sich noch mehr, und die eiskalten Tropfen waren mit Hagel vermischt. Die Dorfbewohner brachen aus und rannten davon. Chimal raffte sich aus seiner Niedergeschlagenheit auf und jagte mit Coatlicue hinter ihnen her. Der Kampf war noch nicht zu Ende. Ein anderer Ausweg konnte gefunden werden, Coatlicue würde das Volk zwingen, ihm zu helfen.
    Auf halbem Wege blieb die Göttin plötzlich stehen. Die Schlangen wanden sich nicht mehr, und ihr Zischen war verstummt. Sie beugte sich mit angehobenem Fuß vor, dann senkte sie ihn kraftlos. Die Stromversorgung war ausgefallen, der Steuerkasten war nutzlos. Chimal schmetterte ihn zu Boden und rutschte über den glatten, nassen Metallrücken hinunter auf den schlammigen Erdboden.
    Er merkte, daß er das Lasergewehr noch in der Hand hatte; er richtete es in sinnloser Wut auf die Felsenbarriere und zog ab. Aber der Regen war in den Mechanismus eingedrungen, und es feuerte nicht. Er schleuderte es von sich.
    Der Regen prasselte herab, und es war dunkler als in der dunkelsten Nacht, die er je erlebt hatte.
     
6.
     
    Chimal saß am Flußufer. Sein Kopf ruhte auf den Knien, und seine rechte Seite, das Bein und der Arm schmerzten entsetzlich. Nach den Geräuschen zu urteilen, stieg das Wasser immer höher, und wenn er hinüber wollte, mußte er sich beeilen. Er hatte es tatsächlich nicht nötig, den Fluß zu durchqueren, er würde drüben genauso sterben wie hier, aber Quilapa lag am anderen Ufer, und es war sein Heimatdorf.
    Aber als er aufzustehen versuchte, merkte er, daß er nicht mehr hoch kam. Das Wasser hatte einen Kurzschluß in seinem Ektoskelett verursacht, und es ließ ihm kaum Bewegungsfreiheit. Unter großer Anstrengung befreite er einen Arm und löste dann die anderen Befestigungen. Als er schließlich aufstand, ließ er den Panzer wie die abgelegte Hülle eines früheren Lebens am Ufer zurück. Als er in den Fluß stieg, ging ihm das Wasser zuerst bis an die Knie, dann bis an die Hüften, bevor er halb drüben war.
    Schritt für Schritt kam er voran, während die Strömung unerbittlich an ihm zerrte. Es wäre so leicht, aufzugeben und sich einfach treiben zu lassen. Irgendwie erschien ihm der Gedanke verabscheuungswürdig und er kämpfte weiter. Jetzt ging ihm das Wasser nur noch bis an die Oberschenkel und gleich darauf nicht einmal mehr bis an die Knie. Er war drüben. Bevor er hinauskletterte, bückte er sich und schöpfte mit den Händen Wasser und trank. Er war durstig.
    Konnte er nirgendwo hingehen? War alles aus, für immer?
    Chimal stand schwankend in der Dunkelheit und hielt sein Gesicht in den Regen. Vielleicht gab

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