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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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zurück.
    Es war vollkommen still und sie schärfte ihre Sinne, um Ewens Befinden zu erforschen. Ihre Fähigkeit des Gedankensehens verriet ihr, dass das Mädchen in tiefem, gleichmäßigen Schlaf lag. Ohne ein Licht zu entzünden, legte sie die Bücher in der Schreibstube ab und begab sich ebenfalls zur Ruhe.
     

    Sie erwartete keine Erklärung über das Verschwinden am Vortag und war erstaunt, eine zu erhalten. Bevor ihre Lehrmeisterin sich am Morgen an den von Ewen hergerichteten Frühstückstisch setzte, sagte sie: „Guten Morgen, Ewen. Du hast hoffentlich eine angenehme Nachtruhe gehabt. Ich hoffe, du hast dich nicht zu sehr geängstigt, als ich dich gestern allein ließ. Ich hatte etwas für deine Ausbildung vorzubereiten und habe darü berdie Zeit vergessen. Aber wie ich sehen konnte, hast du dich ja gut zurechtgefunden. Danke, dass du das Haus in Ordnung gebracht hast.“
    Es freute sie, Lob für ihre Arbeit zu erhalten. Von Zuhause war sie stets nur Schelte gewohnt gewesen. Sie antwortete: „Deine Abwesenheit hat mich zunächst verwundert, doch Angst verspürte ich keine. Auch bist du mir keine Rechenschaft über dein Tun schuldig, schließlich bist du meine Lehrerin.“
    „ Es ehrt dich, dass du mir diesen Respekt zollst, doch das ist nicht nötig. Ich werde dich zwar ausbilden, doch wir sind einander gleichgestellt, wir sind beide Dienerinnen der Götter. Dass ich dich gestern allein ließ, war eine Unbedachtheit. Ich muss mich erst daran gewöhnen, dass du jetzt hier bist. Schließlich habe ich ein halbes Jahrhundert allein gelebt.“
    Ewen nickte. Die beiden ließen das Thema auf sich beruhen und wandten sich dem Frühstück zu. Abgeschlossen aber war es für Ewen jedoch nicht. Während sie aß, dachte sie über Wilkas Worte nach. Sie, die sie noch ein Kind war, sollte ihr, der Bewahrerin gleichgestellt sein? Diese Vorstellung verunsicherte sie, stets hatte man sie gelehrt, Älteren respektvoll gegenüberzutreten. Noch wusste sie nicht so recht, wie sie Wilka nun begegnen sollte. Nun, sie würde es schon lernen, so wie all die anderen Dinge, von denen sie noch keine richtige Vorstellung hatte. Sie wusste, dass die Bewahrerin bis jetzt nur wenig von ihrem Wissen mit ihr geteilt hatte. Sie konnte es kaum erwarten, bis ihre Ausbildung begann. Da sie einander ebenbürtig waren, war es sicher nicht ungehörig, Wilka danach zu fragen. „Wilka, wann werden wir mit meiner Ausbildung beginnen?“
    „ Aber das haben wir doch schon längst, oder dachtest du, die Meditations- und Konzentrationsübungen waren ein bloßer Zeitvertreib?“
    „ Nein, bitte entschuldige, so war das nicht gemeint. Ich wollte nur wissen, wann ich endlich mehr über die Aufgaben einer Bewahrerin erfahre.“
    „ Bald. Vorher müssen wir uns aber noch um eine andere Sache kümmern, die sonst negative Folgen haben könnte.“
    Sie musste erschrocken geschaut haben, denn Wilka fuhr besänftigend fort: „Kein Grund zur Besorgnis. Wenn wir es richtig handhaben, wird nichts geschehen. Sobald du aufgegessen hast, werde ich es dir näher erläutern.“
    Sie beeilte sich, ihre Morgenmahlzeit zu beenden, zu groß war ihre Neugier.
     

    Der Moment der Enthüllung stand unmittelbar bevor. Ewen hatte ihr gegenüber am Tisch der Schreibstube Platz genommen und schaute sie mit erwartungsvollem Blick an. Wilka schlug eines der Bücher auf, die sie in der Nacht hier abgelegt hatte. Hastig überflog sie die Seiten, bis sie fand, wonach sie gesucht hatte. Ein kleiner Absatz beschrieb die Gabe des Gedankensehens. Sie reichte Ewen das Buch und diese begann zu lesen. Wilka beobachtete sie genau, konnte jedoch keinen Ausdruck des Verstehens auf dem Gesicht des Mädchens ausmachen, das nun, da es geendet hatte, fragend zu ihr hinübersah. Sie würde es ihr also erklären müssen. „Ewen, was du gerade über das Gedankensehen gelesen hast, sind Tatsachen. Das kann ich bestätigen, da ich selbst über dieses Talent verfüge, auch wenn es bei mir nur schwach ausgeprägt ist. Auch viele meiner Vorgängerinnen verfügten über diese Begabung, wenn auch in unterschiedlich starken Ausprägungen.“
    „ Und nun will du testen, ob auch ich das kann?“
    „ Nein, denn ich habe es schon bei unserer ersten Begegnung gespürt. Deine Gabe ist ungewöhnlich stark und daher ist es notwendig, dass du lernst, sie zu kontrollieren.“
    Sie sah, wie Ewen ungläubig den Kopf schüttelte. „Das kann nicht sein. Ich habe noch nie in die Gedanken eines anderen gesehen. Du

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