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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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dieser zufälligen Verbindung zu ihm auf sich hatte. Wenn sie doch nur mehr von der Umgebung sehen könnte. Oder vielleicht Einblick in das Wissen des Jungen erhielte, um endlich herauszufinden, wo dieser sich befand. Auch wenn sie von Martul nur das Tausend-Bäche-Dorf und ihre Einsiedelei kannte, so war sie sich doch sicher, dass die Szene, deren Zeuge sie war, nicht in Martul stattfand. Solche Gebäude gab es hier nicht und auch die Erscheinung des Mannes wich zu sehr von der der Martuler ab. Es musste also eines der anderen vier Länder sein. Aber welches? Sie wusste zu wenig, um aus den paar Bildern einen Schluss zu ziehen.
    Endlich hatte der Knabe genug von seinem eigenen Abbild. Er verließ den Raum auf dem gleichen Weg, auf dem er gekommen war, wandte sich im Flur aber in die andere Richtung. Er betrat einen großen Raum, in dessen Mitte ein Tisch stand. An diesem saßen ein Mann und eine Frau mittleren Alters. Beide waren in feine Kleidung gehüllt. Sie nickten dem Eintretenden zu und er nahm ihnen gegenüber Platz. So konnte sie die beiden aus der Nähe betrachten. Die Frau hatte blondes Haar, während das Haar des Mannes von einem kräftigen Braun war. Beide wirkten überaus freundlich. Die Art, wie sie den Jungen ansahen, zeigte ihr, dass sie in enger Beziehung zu ihm standen. Möglicherweise waren es seine Eltern. Noch war nicht gesprochen worden, doch nun richtete der Knabe das Wort an die beiden. Sie hörte die Worte, doch der Sinn blieb ihr verborgen. Es war wohl eine fremde Sprache. Also befanden sie sich tatsächlich in einem anderen Land. Doch egal was der Junge gesagt hatte, seinen Eltern schien es nicht zu behagen. Ihre Gesichter zeigten deutliche Spuren von Sorge und Missfallen. Als die Frau das Wort ergriff, war dies ihrer Stimme auch anzuhören. Lange redete sie auf ihr Gegenüber ein. Ein Wort wiederholte sich immer wieder: Btol. Ob dies wohl der Name des Jungen war? Mehrfach versuchte dieser, den Redefluss seiner Mutter zu unterbrechen, doch mehr als ein, zwei Worte bekam er nie heraus, bevor diese weitersprach. Plötzlich spürte Ewen etwas, schwach nur, aber es war da und ging unverkennbar von dem Jungen aus: Es war Frustration, gemischt mit Wut, aber auch Verzweiflung. Sein Blick wanderte zu seinem Vater, der bis jetzt stumm geblieben war. Dieser ergriff die Hand seiner Frau und sprach Worte, die für Ewen wie eine Zustimmung klangen, auch wenn sie sie nicht verstehen konnte. Da sich der Frust des Knaben jedoch fühlbar steigerte, schien sie mit ihrer Vermutung richtig zu liegen. Er erhob sich ruckartig und verließ den Saal schnellen Schrittes. Sein Vater rief 'Btol', doch er erhöhte nur die Geschwindigkeit seiner Schritte. Sie konnte deutlich spüren, dass die Wut allmählich verrauchte, Frustration und Verzweiflung dafür umso stärker wurden. Fast fühlte sie Mitleid mit ihm. Welcher Wunsch ihm wohl abgeschlagen worden war?
    So plötzlich und unerwartet die Verbindung zustande gekommen war, so abrupt riss sie wieder ab.
    Es dauerte etwas, bis sie wieder vollends zu sich kam. Die Begegnung mit dem Fremden war zu verwirrend gewesen. Außer zu Wilka hatte sie nie zu jemandem eine solche Verbindung aufgebaut. Auch wenn sie nur einige wenige Gefühle mit dem jungen Mann geteilt hatte, so fühlte sie sich ihm dennoch auf eine seltsame Weise verbunden. Doch das war nicht alles. Ihr drängte sich die Frage auf, warum diese Verbindung zustande gekommen war. Es war sicher kein Zufall, sondern der Wunsch der Götter gewesen. Aber wieso?
     

    Jahr 3636 Mond 1 Tag 1
    Heet, Helwa
    Er hätte es wissen müssen. Wie konnte er annehmen, dass seine Eltern ihre Meinung änderten . Ziellos wanderte er durch die Gänge des Königspalasts von Heet, der ihm immer mehr zu einem Gefängnis wurde. Obwohl er schon fast fünfzehn Jahre zählte, behandelten ihn seine Eltern noch wie ein Kind. Während Jungen in seinem Alter schon einer Arbeit nachgingen, durfte er kaum einmal den Palast verlassen. So angenehm das Leben als Prinz auch war, er sehnte sich nach Abenteuern. Stundenlang konnte er den Boten seines Vaters lauschen, wenn sie von ihren Streifzügen durch Helwa erzählten. Auch er wollte das Land entdecken. Schon seit einer Weile versuchte er seine Eltern davon zu überzeugen, dass es für seine Ausbildung zum künftigen Herrscher unerlässlich wäre, das Land kennenzulernen. Im Vorjahr hatten seine Eltern gesagt, er solle bis zum nächsten Jahr warten. Heute war der erste Tag des Jahres, daher hatte er

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