WELTEN-NEBEL
schließlich auch auf geistiger Ebene kommuniziert.
Während sie diese Überlegungen angestellt hatte, war Btol weiter durch die trockene Ebene geschritten. Sie konzentrierte sich darauf, seine Gefühle zu empfangen. Sie spürte Neugier, aber auch Angst und Beklemmung. Er wusste also nicht, wo er sich befand und wohin er seine Schritte lenken sollte. Seinem Voranschreiten fehlte es an der sonst üblichen Forschheit. Er war unsicher. Er brauchte wirklich ihre Hilfe. Doch was sollte sie ihm raten. Sie kannte sich genauso wenig aus wie er. Aus den Eindrücken jenes Landes, die sie durch Btol gewonnen hatte, hatte sie keine auch nur ungefähre Vorstellung von dessen Topografie entwickeln können. Sie war noch nie gut darin gewesen, sich zu orientieren. Ob er noch wusste, aus welcher Richtung er gekommen war? Es war wohl am sichersten, dorthin zurückzugehen. Sie würde versuchen, ihm diesen Rat zu geben, und das Beste hoffen.
Sie rief sich ins Gedächtnis, wie sie damals vorgegangen war, als sie Nachrichten in Wilkas Geist gesandt hatte. Dann konzentrierte sie sich. 'Hier droht dir Gefahr. Gehe dahin zurück, wo du herkamst.' Wieder und wieder schickte sie diese Worte in seinen Geist, doch sein Verhalten zeigte keine Reaktion. Es schien nicht zu funktionieren. Wahrscheinlich war er zu weit entfernt. Die Anstrengung hatte sie erschöpft. Sie spürte, wie ihre Kräfte schwanden. Noch einmal nahm sie alle Kraft zusammen und schickte die Botschaft, bevor die Verbindung zu Btol abrupt abriss. Ihr Sinne schwanden.
Als sie wieder zu sich kam, war sie allein in ihrem Schreibzimmer, Dunkelheit umgab sie, die Kerze war komplett heruntergebrannt.
Jahr 3636 Mond 10 Tag 6
Zentralwüste, Helwa
Die Weite der Landschaft war einfach überwältigend. Angesichts dieser Schönheit war er froh, sich vor zwei Nächten davongeschlichen zu haben. Er war einfach mitten in der Nacht aufgestanden und hatte das Haus seiner Gastgeber verlassen. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass seine Eskorte ihn innerhalb von Stunden wieder eingeholt haben würde, doch bis jetzt war keiner seiner Begleiter aufgetaucht. Also war er weiterhin frei, zu tun, was ihm beliebte.
Btol hatte nur wenig Gepäck bei sich, sodass er leicht und schnell voranschritt. Ursprünglich hatte er die Zentralwüste nur kurz in Augenschein nehmen und danach wieder umkehren wollen, doch eine seltsame Anziehung ging von diesem Ort aus, sodass er nun schon eine halbe Tagesreise weit in sie vorgedrungen war. Die Sonne stand im Mittag und der Schweiß lief ihm übers Gesicht. Mit dem Ärmel wischte er ihn sich aus den Augen. Durst quälte ihn, doch sein Wasservorrat war begrenzt und so wagte er nicht, einen Schluck zu nehmen. Kurz überlegte er, sein Abenteuer zu beenden, doch als sein Blick auf jenes trockene, karge Land fiel, welches sich bis zum Horizont erstreckte, ergriff ihn wieder dieser seltsame Sog, der ihn zwang, weiter ins Innere der Wüste vorzudringen. Er atmete die trockene, heiße Luft, als sei sie eine frische Brise, und labte seine Augen an der Weite, die ihm eine nie gekannte Freiheit versprach.
Plötzlich aber wurde die Ruhe und Eintönigkeit gestört. Es war nichts, was um ihn herum geschah, vielmehr war es, als rege sich etwas in seinem Geist. Zunächst versuchte er, es zu ignorieren, doch es wurde immer stärker. Was war dies nur? Fast glaubte er, eine Stimme zu hören. Zunächst hielt er es für die Stimme seiner Mutter, eine Einbildung, die auf sein schlechtes Gewissen zurückzuführen war. Doch dann erkannte er, dass die Stimme einer anderen Frau gehören musste. Er konnte sich nicht erinnern, diese schon einmal vernommen zu haben. Immer klarer konnte er die Laute vernehmen, die in seinem Geist verschollen, doch er verstand ihren Sinn nicht. Sie waren weder helwarisch noch cytrianisch und doch kamen sie ihm vertraut vor.
Es war Zyn, die Gelehrtensprache. Doch obgleich er diese gelernt hatte, im Augenblick war sein Geist zu erschöpft, um sich an die Bedeutung der Worte zu erinnern. Die Worte erklangen wieder und wieder, und obgleich er sie nicht verstand, so glaubte er doch, eine gewisse Dringlichkeit herauszuhören, vielleicht auch Angst und Besorgnis. Er war sich fast sicher, dass die Worte ihm galten. Vielleicht war es eine Warnung? Er verlangsamte seine Schritte und blieb dann ganz stehen. Die Stimme in seinem Geist verstummte, doch er konnte die Beunruhigung und die Zweifel, die sie in ihm geweckt hatte, nicht abschütteln. Es war, als hätten
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