WELTEN-NEBEL
Geburt ihres Kindes entgegensehen.
Stattdessen wanderten sie durch ein fremdes Land und versuchte, einen unvermeidlichen Krieg zu verhindern. Süylin war wohl der Meinung, dass es ihre Pflicht war. Er jedoch konnte dem nicht zustimmen, sah, was alles auf dem Spiel stand. Hatte er sich bisher um seine Frau gesorgt, so hielt allmählich Wut Einzug in seine Gedanken. Sein Ärger richtete sich gegen Süylin, die sich wider jede Vernunft bis an ihre körperlichen Grenzen belastete und darüber hinaus. Es fiel ihm schwer, ihr Streben nach dem Erfolg der Unternehmung nachzuvollziehen. Sicher, auch er hatte in Bevan eine gute Freundin gefunden, der er gerne helfen würde. Ebenso wie Süylin bedauerte er das Schicksal der Atresser, die unfähig schienen, ihr Volk zu einen. Doch es lag nicht in seiner Macht, eine Veränderung herbeizuführen. Wäre es nach ihm gegangen, er hätte sich alleine auf der Suche nach dem fehlenden Teil der Metallscheibe gemacht, während Süylin sicher in einer der Siedlungen zurückgeblieben wäre. Er fand, die Atresser waren es ihnen schuldig, ihnen alle Teile zu überlassen, als Dank für die Fluchthilfe. Eine Weigerung wäre für ihn nicht akzeptabel, notfalls hätte er die Teile gestohlen, um sie zusammenzufügen und nach Hause zurückzukehren.
Süylin diesen Vorschlag zu unterbreiten, hatte er nicht gewagt. Ihre Beziehung war ohnehin angespannt genug. Seit Tagen sprachen sie nur noch das Nötigste und das war nicht nur seine Schuld. Sie mied seine Blicke und entzog sich immer wieder, wenn er sich ihr doch einmal näherte. Fast war es ihm, als wüsste sie um seine Einstellung zu der gesamten Unternehmung und verurteilte ihn deswegen.
Es war Abend geworden. Da der Platz in der kleinen Siedlung begrenzt war, mussten sich die Gäste eine der Hütten teilen. Für ihn und Süylin war ein gemeinsames Lager bereitet worden, und so waren sie zu einer inzwischen ungewohnten Nähe zueinander gezwungen. Ihm war nicht wohl dabei, als er sich neben ihr niederlegte. Zum Glück drehte sie ihm gleich den Rücken zu. Rücken an Rücken lagen sie da und versuchten, Schlaf zu finden.
Die Nächte in der Steppe konnten kalt sein und die Hütte war nicht beheizt. Zwar konnte Süylin seine Wärme spüren und doch fröstelte sie. Es war mehr eine innere Kälte, die sich ihrer bemächtigt hatte, denn die Kühle der Nacht. Noch vor Kurzem hatte sie sich in Rihnalls Nähe stets sicher und geborgen gefühlt, nun aber zweifelte sie gar an ihrer Liebe für ihn.
Er war ihr seltsam fremd geworden. Während sie selbst alles daran setzte, den Atressern zur Seite zu stehen, konnte sie bei ihm nur egoistische Motive ausmachen. Seit sich die Möglichkeit zur Auffindung des letzten Fragments und zur Heimreise mithilfe der Scheibe ergeben hatte, schien sein Trachten nur noch darauf ausgerichtet. Alles andere interessierte ihn nicht. Sie fühlte sich an sein unrühmliches Vorleben erinnert: Er war ein Betrüger gewesen. Wie hatte sie annehmen können, dass ein guter Mensch aus ihm geworden war? Vielleicht war es ein Fehler gewesen, ihm zu vergeben, ihm seine Beteuerungen zu glauben. Hatte die Liebe sie blind gemacht für seine Schwächen und Fehler? Hatte sie sich im Rausch der Gefühle zu einer falschen Entscheidung treiben lassen, hätte sie ihn niemals heiraten sollen? Oder, wenn die Heirat unausweichlich gewesen wäre, hätte sie niemals ihr Herz an ihn hängen sollen?
Ihre Zweifel an der Liebe zu Rihnall hatten sogar schon ihre Vorfreude auf das Kind schwinden lassen. Hatte sie, nachdem sie sich mit ihrer Schwangerschaft abgefunden hatte, das noch ungeborene Kind jeden Tag mehr geliebt, so hatte sie nun Angst, auch nur an die Geburt zu denken. Wie konnte sie das Kind eines Mannes lieben, der sie so bitter enttäuscht hatte? Sie legte ihre Hand auf ihren gewölbten Leib und ermahnte sich, ihre negativen Gefühle nicht auf das Kind zu übertragen. Dieses kleine Wesen konnte nichts dafür.
Das Grübeln führte zu nichts und raubte ihr den Schlaf und ihre Kraft. Sie nahm sich vor, sich ganz auf die Aufgaben zu konzentrieren, die vor ihr lagen. Wenn dies erst alles überstanden wäre, bliebe ihr noch genug Zeit, ihre Gefühle zu ergründen.
Still lag sie da und wartete, dass der Schlaf über sie kam.
Mond 9 Jahr 3688
Sommer
Steppensiedlung, Atress
Bisher war ihr Weg klar gewesen, nun aber mussten sie entscheiden, wo sie mit ihrer Suche nach dem fehlenden Teil der Metallscheibe beginnen sollten. Während Warf
Weitere Kostenlose Bücher