WELTEN-NEBEL
übereingekommen, dass sich die Stämme zwar auf einen Krieg vorbereiten sollten, dieser jedoch das letzte Mittel sein sollte, wenn alle anderen Pläne scheiterten. Daher wollten sie nun nacheinander zu allen Hauptsiedlungen reisen, um dort die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Es wäre natürlich schneller gegangen, wenn ein jeder Anführer zu seinem Wohnsitz geeilt wäre, doch sie wollten auch ihren Gefolgsleuten gegenüber Einigkeit demonstrieren. Daher hatten sie beschlossen, erst den nächstgelegenen Hauptsitz anzusteuern und von dort zur Küste weiterzureisen. Auf ihrer Rückreise in Richtung Berge würden sie beim Steppenstamm haltmachen. Sie rechneten damit, innerhalb von zwei Monden wieder in den Bergen zu sein. Sie hofften, ihnen würde so viel Zeit bleiben. Sicherheitshalber würde Warf, dessen Stamm sie als letzten erreichen würden, einen Boten vom Waldstamm vorausschicken, der seinem Stellvertreter Anweisungen übermitteln sollte. Dann konnten die Kriegsvorbereitungen vor ihrem Eintreffen beginnen.
Während die nächsten Schritte also klar vor ihnen lagen, war alles Weitere eher unklar. Sie wollten versuchen, im Gebiet des Bergstammes das fehlende Teil der Scheibe zu finden. Mit der kompletten Scheibe wollten sie zum Bergstamm gehen und versuchen, den Anführer zu überzeugen. Er selbst schätzte die Erfolgsaussichten dieses Unterfangens als gering ein, doch da er mit keinem besseren Vorschlag zu Vermeidung des Krieges aufwarten konnte, hatte er dem Plan zugestimmt. Allerdings waren seine Motive nicht ganz uneigennützig. Er dachte nicht nur an das Wohlergehen der Atresser, sondern auch an das von Süylin und ihrem ungeborenen Kind. Je länger er darüber nachdachte, desto überzeugter war er, dass sie nur mit dem kompletten Spiegel nach Elung zurückkehren konnten. Die Auffindung des fehlenden Stückes war daher unabdingbar.
Sicher hätte Süylin ihn ob dieses Egoismus gescholten, denn obgleich sie auch daran glaubte, standen für sie momentan die Belange der Atresser im Vordergrund. Sie tat alles, um das Unternehmen zu einem Erfolg zu führen, ohne Rücksicht auf ihre eigene Gesundheit. Die Diskussionen mit den Anführern hatten anfangs bis in die Nacht gedauert, dennoch war sie am nächsten Tag in aller Frühe aufgestanden und losgelaufen. Immer wenn er ihr sagte, sie brauche Schlaf, hatte sie ihn nur angesehen und gesagt, er habe ihn wesentlich nötiger.
Damit hatte sie nicht unrecht gehabt, schließlich hatte er bis zu ihrem Zusammentreffen mit den Anführern kaum geschlafen. Er hatte sich gezwungen, über den Schlaf der beiden Frauen zu wachen. Erst als er sich mit den anderen Männern die Wache hatte teilen können, hatte er wieder ruhig schlafen können. Seitdem hatten ihm auch die täglichen Märsche nichts mehr ausgemacht. Doch je mehr die körperliche Erschöpfung nachgelassen hatte, umso mehr Kraft war ihm zum Grübeln geblieben. Auf dem Weg zur Siedlung des Waldstammes hatte er nicht nur über ihren Plan nachgedacht, sondern sich auch häufig um seine Frau gesorgt. Würde sie die Strapazen der zwei Monde dauernden Reise gut überstehen? Immerhin wäre sie gegen Ende schon im achten Mond ihrer Schwangerschaft. Doch so sehr er grübelte, er konnte keinen Weg ersinnen, ihr das Reisen zu erleichtern. Schon jetzt trug er einen Großteil ihres Gepäcks, achtete auf Ruhepausen und erkundigte sich immer wieder nach ihrem Befinden. Erst am Vortag hatte sie ihn wegen seiner ständigen Nachfragen angefahren. Doch er konnte nicht anders, er sorgte sich eben.
Einen Tag, länger verweilten sie nicht. Die Zeit hatte nicht gereicht, um ihre Neugier zu befriedigen. Nachdem sie das Leben im Bergstamm kennengelernt hatte, war Bevan begierig darauf gewesen, auch die anderen Stämme kennenzulernen. Doch sie wusste wohl, dass Eile geboten war. Daher beschwerte sie sich nicht. Auch konnte kaum etwas ihre Laune trüben, seit sie wieder mit ihrem Vater vereint war. Wie sehr sie sich freute, bald nach Hause zu kommen. Ob ihre Freunde sie überhaupt wiedererkennen würden, schließlich war sie fast zwei Jahre fort gewesen und hatte sich, wie sie fand, in dieser Zeit sehr verändert. Als sie fortgegangen war, war sie noch ein Kind gewesen, nun aber war sie eine junge Frau. Zumindest hatten ihr dies die Blicke der Männer des Waldstammes gesagt, die sie mit mehr als bloßer Neugier musterten. Es war einfach gewesen, einen jungen Mann zu finden, der ihr die Siedlung zeigte und ihr ihre Fragen bezüglich der
Weitere Kostenlose Bücher