WELTEN-NEBEL
kennt den Sinn nicht. Ich möchte in dieser Hinsicht auch nicht weiter in sie dringen, ich habe gesehen, wie erschöpft sie war, nachdem sie den Gelehrten mit dem Klang der Zeichen geholfen hat. Wo immer sie die Erinnerung an diese fremde Sprache hernimmt, der Zugriff scheint enorm anstrengend zu sein. Ich wage nicht, sie um etwas zu bitten, was ihr schaden könnte. Andererseits habe ich Angst, dass meine Vorsicht und Zurückhaltung ein Fehler ist.“
„ Deine Rücksichtnahme ehrt dich, aber auch ich denke, dass sie uns von einer Lösung fernhält. Wenn du möchtest, werde ich Zada bitten, weiter in ihren Erinnerungen zu forschen. Vielleicht kann ich ihr sogar dabei helfen. Durch ihre Ausbildung ist sie in Meditation geübt, aber ich kann ihr noch eine Technik zeigen, die ich in meiner Heilerausbildung gelernt habe. Sie hilft, sich während der Meditation an lange zurückliegende oder scheinbar vergessene Dinge zu erinnern.“
„ Gut, dann werde ich Zada bitten, morgen Nacht die Arbeit der Gelehrten zu überprüfen. Sobald sie sich erholt hat, kannst du sie in dieser Technik unterweisen. Wenn du mit ihr sprichst, sag ihr bitte, dass sie unsere Bitten jederzeit ausschlagen kann, wenn es ihr zu viel wird.“
Tharet nickte. Wie er seine Tochter kannte, würde sie alles tun, um dem Tempel zu dienen.
Sichtlich erleichtert machte sich Yerina auf den Rückweg in den Tempelbezirk.
Jahr 3619 Mond 4 Tag 8
Aaran
Mawen war gespannt, ob seine Arbeit sich als korrekt erweisen würde. Er hatte einige Worte ausgewählt, die er mit der Hilfe der jungen Priesterin überprüfen wollte. Voller Ungeduld machte er sich am Abend in Begleitung seines Lehrers auf den Weg in den Tempel. Die Oberpriesterin und Zada erwarteten die beiden bereits. Sogleich begannen sie mit der Arbeit. Bei allen kontrollierten Worten entsprach die von Zada genannte Aussprache der von Mawen ermittelten. Eigentlich hätte Mawen zufrieden sein können, zumal sein Lehrer ihn für seine gute Arbeit lobte. Sie konnten die Sprache nun zwar lesen, doch sie vermochten sie nicht zu verstehen. Er hatte im Bezug darauf bereits vergebliche Gespräche mit seinem Lehrer geführt. Nun waren sie wieder an einem Punkt angelangt, an dem sie nicht weiterkamen. Während seiner Arbeit an der Lautschrift hatte er bereits vergeblich nach Worten gesucht, deren Klang ähnlich Worten in Zyn oder Cytrian war.
Als Yerina sie gebeten hatte, erneut die Gelehrten zu unterstützen, hatte Zada keinen Moment gezögert. Obgleich sie sich kaum von der letzten Hilfestellung vier Nächte zuvor erholt hatte, stand für sie außer Zweifel, dass die Sache wichtiger war als ein bisschen Unwohlsein ihrerseits.
Wie erwartet war es auch diesmal anstrengend gewesen, doch noch mehr belastetet sie die Tatsache, dass sie nicht mehr tun konnte. Sie wusste, nur sie konnte einen Hinweis auf die Bedeutung der Worte liefern. Doch so sehr sie sich auch bemühte, so oft sie die Worte leise wiederholte, stets fand sie nur einen weit entfernten Widerhall. Sie wusste, die Antworten, die sie suchte, waren in ihr, aber sie konnte sie nicht erreichen. Teile ihres Gedächtnisses waren in einen undurchdringlichen Nebel gehüllt. Gerne hätte sie noch weitere Versuche unternommen, doch Yerina bestand darauf, dass sie genug getan hätte, und sie sich ausruhe solle.
Yerina hatte die Arbeit der Gelehrten interessiert beobachtet. Offensichtlich hatte Mawen gute Arbeit geleistet, seine Umsetzungen der Zeichen in Klänge waren sämtlich korrekt. Wenn er doch nur auch in der Lage wäre, den Sinn der Worte zu entschlüsseln. Der Morgen war nicht mehr fern, als die Untersuchungen abgeschlossen waren. Nachdem Yerina die erschöpfte Zada entlassen hatte, bat sie Mawen und Ruwen zu einem Gespräch, um das weitere Vorgehen mit ihnen zu erörtern.
Jahr 3619 Mond 4 Tag 10
Aaran
Nachdenklich betrachtete Tharet seine Tochter, die auf dem Tempelboden saß und meditierte. Nachdem es ihr in der vorangegangenen Nacht nicht gelungen war, die Bedeutung der fremden Worte zu ergründen, hatte sie ihn aufgesucht, um ihn von ihrem Versagen zu unterrichten. Er hatte sich alle Mühe gegeben, ihre Selbstvorwürfe zu zerstreuen. Seine Versicherungen, dass niemand mehr von ihr erwartet hatte, als dass sie es versuchte, hatten jedoch wenig bewirkt. Er konnte sie ja verstehen. Die Angelegenheit war untrennbar mit ihrer Vergangenheit und ihrer Herkunft verknüpft. Es verlangte sie danach, das Geheimnis darum zu
Weitere Kostenlose Bücher