WELTEN-NEBEL
verhalten. Sie würde an seiner Seite bleiben und auf ihn achtgeben, dann würde es schon gehen.
Den ganzen Tag über wich Süylin nicht von seiner Seite, doch ihre Nähe bereitete ihm kein Unbehagen. Er war im Gegenteil sogar froh darüber. Als er sie beim Erwachen aus der Bewusstlosigkeit an seiner Seite vorgefunden hatte, hatte sich plötzlich alles geändert. Sie sorgte sich um ihn. Sie liebte ihn, das hatte er in ihrem Gesicht gesehen. Sie würden wieder Nähe aufbauen können. Gerne hätte er ihr all die Dinge gesagt, die ihn in der letzten Zeit beschäftigt hatten, doch dies war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Er fühlte sich geschwächt, musste sich ganz auf seine Schritte konzentrieren, und außerdem wurden sie von ihren Begleitern beobachtet. Für den Augenblick reichte es ihm, ihre Hand zu halten. Wie sehr er sie doch vermisst hatte, ihre Nähe, ihre Liebe, das Lächeln, das sie nur ihm schenkte und das so voller Liebe war.
Am Vorabend waren sie zu sehr mit Rihnalls Zustand beschäftigt gewesen, um zu bemerken, dass sich nur ein Stück unter ihnen eine weite Ebene erstreckte. Konnte dies die gesuchte Hochebene sein? Bevan hoffte es inständig. Ansonsten hätten sie noch einen weiten Weg vor sich, denn die Ebene erstreckte sich so weit, dass sie keine Ende ausmachen konnte.
Sie hatte Rihnall und Süylin dazu befragt, doch die beiden hatten sich nicht festlegen wollen. Sie sagten, sie könnten erst sicher sein, wenn sie die Ruinen gefunden hätten, zwischen denen sie damals aufgewacht waren. Ihrem Gefühl nach aber war es die richtige Hochebene.
Auch wenn sie aus Rücksicht auf Rihnall an diesem Tag langsamer als sonst gingen, würden sie ihr Nachtlager schon auf der Ebene aufschlagen.
Noch einmal hatten sie einen steilen Abhang hinunterklettern müssen, doch dann war es geschafft, sie hatten die Ebene erreicht. Süylin war sich fast sicher, dass sie hier die Ruinen finden würden. Bald hätte ihre Suche ein Ende.
Anders als sonst suchte Bevan an diesem Abend nicht ihre Nähe. Sie spürte wohl, dass sie mit Rihnall allein sein wollte. Sie saßen an einen Felsbrocken gelehnt, hielten sich bei den Händen und betrachteten den Sternenhimmel. Sie wusste nicht so recht, wie sie das Gespräch beginnen sollte. Sie hatte ihm so viel zu sagen. Doch noch, bevor sie sich bereit dazu fühlte, beugte sich Rihnall zu ihr hinüber und küsste sie. Und da war es wieder, das Kribbeln im Bauch, das sie an ihre ersten Küsse erinnerte. Und sie erwiderte den Kuss. Als sie sich voneinander lösten, flüsterte er: „Ich liebe dich.“
„ Ich liebe dich auch. Ich liebe dich so sehr. Es tut mir so leid, wie ich mich verhalten habe. Du wolltest mich und unser Baby beschützen und ich habe dich weggestoßen. Ich habe deine Liebe nicht verdient. Kannst du mir meine Fehler verzeihen?“
„ Es gibt nichts zu verzeihen, denn ich war schuld. Ich war dir böse wegen deines Verhaltens, habe nicht einmal versucht, dich zu verstehen. Ich habe mich so dumm verhalten und dich im Stich gelassen, als du mich am meisten gebraucht hast. Ich kann nicht erwarten, dass du mir vergibst, wo ich mir doch selbst nicht vergeben kann.“
Zu ihrem Erstaunen begann er, zu weinen. Sie hatte ihn noch nie weinen gesehen. Es zeigte ihr deutlich, wie sehr ihn das alles belastete. Sie zog ihn an ihre Brust, strich ihm besänftigend über das Haar. Als er sich etwas beruhigt hatte, sagte sie: „Wir hatten beide Schuld, haben vieles zerstört. Doch lass uns noch einmal von vorne anfangen. Ich möchte, dass wir fortan immer miteinander reden, wenn uns etwas bedrückt. Es werden sicher noch viele schwere Tage kommen, doch ich möchte sie nie mehr ohne dich durchstehen müssen.“
„ Ich verspreche dir, ab jetzt immer an deiner Seite zu sein.“ Er umarmte sie, hielt sie fest. Dann fügte er hinzu: „Ich hoffe, dass bald wieder bessere Tage kommen werden. Wir werden diese Suche abschließen und ganz gleich, ob uns dies zurück nach Elung bringt oder wir hier bleiben müssen, ich werde alles daran setzen, dass unser Kind in Frieden aufwachsen kann.“
Mond 10 Jahr 3688
Herbst
Hochebene, Atress
Es war schön zu sehen, wie nah sie einander wieder waren, vielleicht näher als jemals zuvor. Süylin blühte richtig auf und auch Rihnall war viel zugänglicher. Bevan freute sich für ihre Freunde, auch wenn das bedeutete, dass sie öfter mal alleine war. Dies gab ihr Zeit, sich wieder mehr auf die Suche zu konzentrieren. Die Ebene
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