WELTEN-NEBEL
können. Nahall wusste Rat. Sie schlug vor, Ihel als ihre Assistentin zu engagieren. Die Handelsschiffe mussten Wissenschaftler und Diplomaten unentgeltlich befördern, so sah es ein elungisches Gesetz vor.
Also war es beschlossen. In aller Eile packte Ihel ihre Sachen. Auch einen Brief an ihre Mutter musste noch verfasst werden. Darin erklärte sie ihr, was sie zu diesem Schritt getrieben hatte. Ihr Verlangen, ihren Vater zu finden, war zu groß gewesen, als dass sie es ignorieren konnte. Sie schloss mit den Worten:
Bitte verzeih mir meinen Schritt, doch ich muss meinem Herzen folgen. Sobald ich gefunden habe, wonach ich suche, werde ich zurückkehren.
Deine dich liebende Tochter Ihel.
Mond 11 Jahr 3735
Herbst
Ozean zwischen Atress und Elung
Um Nahall ihre Hilfe zu vergelten, wurde sie wirklich ihre Assistentin. Sie fertigte Abschriften von Nahalls Aufzeichnungen an, half ihr, noch offene Fragen zur atressischen Kultur zu klären. Ganz nebenbei verbesserte sie ihre Sprachkenntnisse. Etwas Besseres hatte ihr kaum passieren können, sicher würde sie die elungische Sprache fast perfekt sprechen, wenn sie nach ungefähr zwei Monden auf See Elung erreichten.
Wann immer es die Zeit erlaubte, fragte sie Nahall über Elung aus. Sie wollte noch vor ihrer Ankunft so viele Informationen wie möglich sammeln, auch über ihre Familie. Sie erfuhr, dass ihr Onkel Kurell inzwischen die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, ihre Großeltern Gelkan und Bevan hatten nach dreißig Jahren an der Spitze des Staates abgedankt.
Als Nahall nach Atress aufgebrochen war, hatte Ihels Großtante Süylin trotz ihres Alters von sechsundsechzig Jahren noch der Gelehrtenvereinigung vorgestanden, die sich der Erforschung der fremden Länder widmete. Unter ihrer Leitung waren zahlreiche Expeditionen ausgeschickt worden. Schon vor zehn Jahren war es gelungen, Helwa zu entdecken, vor acht Jahren hatten elungische Schiffe auch die Küste Cytrias erreicht. Noch waren die Beziehungen zu beiden Ländern im Aufbau begriffen, doch Nahall meinte, der Beginn sei ein vielversprechender gewesen.
Von Nahall hörte Ihel zum ersten Mal von dem sogenannten Weltenspiegel, einem Artefakt aus längst vergangener Zeit. Ihr Großonkel Rihnall hatte es vor fast fünfzig Jahren entdeckt. Von den dort abgebildeten Ländern hatten die Elunger nur die Insel, auf der die Länder Margan und Tulup lagen, noch nicht finden können.
Erstmals erfuhr Ihel mehr über die Welt außerhalb Atress und was sie hörte, versetzte sie in eine seltsame Erregung. Sie konnte es nicht beschreiben, aber irgendetwas sagte ihr, dass dies alles im Zusammenhang mit ihrem Leben stand. Plötzlich konnte sie den Forscherdrang ihrer Mutter verstehen, konnte nachvollziehen, warum dieser die Erforschung Atress so wichtig war.
Je mehr Nahall ihr erzählte, umso mehr Fragen hatte Ihel, die bisweilen selbst das Wissen der Gelehrten überstiegen. Ihre Studien beschränkten sich im Wesentlichen auf die Erforschung Atress, was die anderen Länder betraf, hatte sie nur oberflächliches Wissen. Doch sie versicherte Ihel, dass die Gelehrten Elungs ihren Wissensdurst würden befriedigen können. Ungeduldig fieberte Ihel ihrer Ankunft im Geburtsland ihrer Mutter entgegen.
Mond 1 Jahr 3736
Sommer
Gal, Elung
Da es ebenso ihr Ziel war, hatte Nahall sie bis in die elungische Hauptstadt Gal begleitet. Nun stand Ihel unschlüssig vor den Toren des königlichen Palastes. Sie hatte noch nicht gewagt, um Einlass zu bitten. Gewiss würde man sie abweisen, wer würde ihr schon glauben, dass sie die Tochter der schon lange vermissten Prinzessin Peerin war. Allerdings war es gänzlich sinnlos, den Versuch länger hinauszuschieben.
Mit klopfendem Herzen näherte sie sich der Wache. „Entschuldige bitte, ich würde gerne mit meinen Großeltern Gelkan und Bevan sprechen.“
„ Wer bist du denn? Ich behaupte von mir, alle Enkel des ehemaligen Königs zu kennen.“
„ Ich bin die Tochter von Prinzessin Peerin, die noch vor meiner Geburt Elung verließ.“
„ Da könnte ja jede kommen. Kannst du es irgendwie beweisen?“
Ihel überlegte kurz, dann zog sie einen Ring aus ihrem Gepäck. Kurz vor ihrem Aufbruch hatte sie ihn in den Sachen ihrer Mutter entdeckt. Er trug die Gravur 'Für unsere geliebte Tochter Peerin', war also offenbar ein Geschenk von Gelkan und Bevan an ihre Tochter gewesen. Hoffentlich überzeugte das die Wache. Nicht dass diese dachte, sie hätte den Ring irgendwo gestohlen.
Der
Weitere Kostenlose Bücher