WELTEN-NEBEL
möglich.
Mit der Zusammenstellung ihres Gepäcks würde sie sich erst beschäftigen, wenn absehbar wäre, wann sie an Bord eines Schiffes gehen konnte. Momentan wurden keine Handelsschiffe erwartet.
Mond 10 Jahr 3735
Herbst
Siedlung an der Küste, Atress
Vom Strand aus beobachtete sie, wie die Segel am Horizont immer größer wurden. Ein Schiff näherte sich. Sie wusste, dass es schon bald den Hafen der Siedlung erreichen würde. Dort würde es einige Tage vor Anker liegen. In dieser Zeit würden die Waren aus Elung von Bord gebracht, anschließend würde es mit atressischen Gütern, vorrangig Metallerzeugnissen, beladen werden. Ihr blieb also etwas Zeit, um den Kapitän zu überzeugen, sie mit sich zu nehmen.
Sie gab vor, das Ausladen des Schiffes zu beobachten. In Wirklichkeit aber galt ihre ganze Aufmerksamkeit dem Kapitän, einem großen muskulösen Mann von vielleicht vierzig Jahren. Von seiner Erscheinung her war er wohl ein typischer Elunger: Seine Haut war himmelblau, seine Haar braun. Seine Augenfarbe hatte sie ob der Entfernung noch nicht erkennen können. Die natürliche Autorität, die er ausstrahlte, hatten es ihr leicht gemacht, ihn als Schiffsführer auszumachen.
Als er den Hafen verließ, folgte sie ihm. Sie wollte herausfinden, wo er Quartier bezog. Seit regelmäßig Fremde in die Siedlung kamen, hatten einige Familien Räume hergerichtet, die sie an diese vermieteten, auch ein Gasthaus hatte eröffnet. Der Kapitän aber steuerte auf das Haus des Stammesführers zu. Ob er dort übernachten würde, oder nur Geschäftliches bereden wollte, würde sich noch zeigen müssen.
Nach einer Weile verließ er das Haus und sie näherte sich ihm. Der Mann zeigte sich erstaunt, eine Elungerin zu treffen, merkte jedoch schnell, dass sie der Sprache nicht vollends mächtig war. Das weckte wohl sein Interesse. Innerhalb kürzester Zeit hatte Ihel ihn in ein Gespräch verwickelt, in dessen Verlauf sie auch ihr Anliegen vortragen konnte. So gut sie es mit ihren inzwischen recht passablen Kenntnissen der elungischen Sprache vermochte, erklärte sie ihm, dass ihre Mutter vor langer Zeit nach Atress gekommen wäre. Dabei verschwieg sie, wer ihre Mutter war. Sie berichtete dem Schiffsführer, dass es sie verlangte, nach Elung zu reisen, um dort ihre Verwandten kennenzulernen.
Gegen ein entsprechendes Entgelt war der Schiffsführer bereit, sie mitzunehmen. Sie begannen Preisverhandlungen. Da es in Atress kein Geld gab, würde sie den Fahrpreis in Waren begleichen müssen. Doch sie verfügte über keine nennenswerten Güter. Ihre Mutter und sie hatten sich den Lebensunterhalt durch diverse Arbeiten für andere Familien verdient, teils hatten sie Schreibarbeiten erledigt, teils aber auch körperliche Arbeiten verrichtet. Selbst hergestellt aber hatten sie nichts. Daher hatte Ihels nichts, was sie dem Mann anbieten konnte, außer ihrer Arbeitskraft. Diese aber konnte der Kapitän nicht gebrauchen und so scheiterten ihre Bemühungen. Der Mann sagte ihr, sie solle wiederkommen, wenn sie etwas von Wert anzubieten hätte.
Sie wusste, dass ihr nicht viel Zeit bleiben würde, den Fahrpreis irgendwie aufzubringen. Ihre atressischen Verwandten konnte sie nicht danach fragen, auch wenn deren Beziehung zu Peerin nicht besonders eng war, so wussten sie wohl, dass ihre Mutter ihr eine Reise nach Elung nicht gestattet hatte. Je länger sie über die Sache nachdachte, umso klarer wurde ihr, dass ihr Plan zum Scheitern verurteilt war.
Noch zwei Tage, dann würde das Schiff ablegen, wohl ohne Ihel.
Die Besatzung steckte schon mitten in den Vorbereitungen für die Heimreise, als eine elungische Frau in die Siedlung kam. Irgendwie kam sie Ihel bekannt vor, sie hatte sie schon einmal gesehen. Während sie sie beobachtete, fiel es ihr wieder ein. Die Frau war vor einem Jahr Gast in ihrem Haus gewesen. Sie war eine elungische Gelehrte, die Atress hatte erforschen wollen. Vielleicht würde sie ihr helfen. Ihel lud sie ein, wieder ihr Gast zu sein.
Die Gelehrte, Nahall war ihr Name, konnte sich noch an sie erinnern. Sogleich fragte sie sie nach ihrer Mutter. Ihel berichtete ihr von Peerins Reise. Das Gespräch war etwas holprig, da Nahalls Atressian nicht viel besser war als Ihels Elungisch. Dennoch konnte Ihel in Erfahrung bringen, dass Nahall mit dem Schiff zurück nach Elung fahren wollte. Sie erzählte der Frau, dass auch sie gerne nach Elung reisen würde, sie jedoch den Fahrpreis nicht hatte aufbringen
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