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WELTEN-NEBEL

WELTEN-NEBEL

Titel: WELTEN-NEBEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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von seinem jüngeren Bruder. Obwohl gerade erst sechzehn, hatte er schon die Statur eines Mannes, sein großer, muskulöser Körper konnte schon einschüchternd wirken, doch sobald er sein Gesicht zu einem Lächeln verzog, das sich häufig in ein herzhaftes, warmes Lachen steigerte, offenbarte er seine wahre Natur. Obgleich er die Menschen in seiner Umgebung gerne neckte, meinte er es niemals böse, sie bezweifelte, dass er jemals irgendwem ein Leid zufügen könnte.
    Von den drei Geschwistern war es Darija, die am schwersten einzuschätzen war. Obgleich Zada in den letzten sechs Tagen viel Zeit mit der Schiffbauerin verbracht hatte, konnte sie sie nur schwer durchschauen. Während sich die Empfindsamkeit ihres jüngsten Bruders auch in seiner Erscheinung widerspiegelte, strahlte ihr Äußeres eine Robustheit aus, die ihrem inneren Wesen fremd war. Doch dies konnte nur erkennen, wer sie gründlich beobachtete, denn Darija zeigte ihre Gefühle kaum einmal. Als am Tag nach Mawens und ihrer Ankunft Darijas Schiff zu Wasser gelassen worden war, die Testfahrt mehr als zufriedenstellend verlaufen war und sie Lob von allen Seiten erhalten hatte, hatte sie weder Stolz noch Erleichterung gezeigt, obwohl sie sicher beides empfunden hatte. Auch wenn es um die bevorstehende gemeinsame Reise ging, hatte Zada lange gebraucht, um Darijas Ängste und Unsicherheit diesbezüglich zu entdecken. Noch immer war sie nicht sicher, ob sie ihre Reisegefährtin richtig einzuschätzen vermochte. Für sie stand es jedoch außer Frage, dass Darija ein guter Mensch war und dass sie sich während der gemeinsamen Mission auf sie würde verlassen können. Das mussten sie auch, denn schließlich war Darija diejenige, die das Schiff steuerte.
     
     

    Im schwachen Licht der Morgendämmerung trafen sie die letzten Vorbereitungen für das Auslaufen. Der Proviant wurde am Bord gebracht und sie überprüfte noch einmal die Takelage. Der Zeitpunkt des Abschieds rückte näher, doch während die letzten Tage von Aufregung und Unsicherheit geprägt gewesen waren, fühlte Darija jetzt eine tiefe innere Ruhe und Gelassenheit. Sie würde es schaffen. Sie verfügte über ein gutes Schiff und verstand es zu lenken, schon am nächsten Abend würden sie Syyn sicher erreicht haben. Von dort würden sie zunächst zu Fuß weiterreisen. Ihr Vater trat neben sie und legte ihr den Arm um die Schulter. „Dein Schiff ist sehr gut, es wird euch sicher über das Meer bringen, und deine Segelkünste können mit denen eines erfahrenen Seemannes mithalten.“
    Ihr Lehrmeister hatte sich am Vorabend ähnlich geäußert, als er das Schiff zum letzten Mal begutachtet und ihr mit einer herzlichen Umarmung die Urkunde zur bestandenen Lehre überreicht hatte.
    „ Ich weiß, Vater. Wie sollte es auch anders sein bei einem solchen Lehrer.“
    Sie umarmte ihren Vater und, obgleich sie es zu unterdrücken suchte, rollten einige Tränen über ihre Wange. Dabei war dies noch kein richtiger Abschied, denn wenn alles nach Plan verliefe, wären sie in weniger als zwei Monden wieder zurück in Jal. Ursprünglich hatte Aden sie begleiten wollen, damit sie die Lichtung fanden, doch Mawen hatte ihn davon abgebracht, indem er Yerinas Bedenken anführte, dass es möglicherweise dem Willen der Götter widerspräche, wenn die drei Auserwählten nicht alleine reisten. Außerdem hatte Aden eingestehen müssen, dass er den Weg auch nicht sicher kannte, da sie sich damals lediglich an der Linie der Kraft orientiert hatten und dies auch schon mehr als achtzehn Jahre her war. Daher hatte sich Adens Hilfe darauf beschränkt, die ungefähre Lage der Lichtung auf einer Landkarte einzuzeichnen. Sie würden sich also zu dritt auf den Weg machen und sich im Zweifel auf die Führung der Götter verlassen müssen.
    Auch ihre Mutter und ihre Brüder waren gekommen, um sich zu verabschieden und ihnen alles Gute für die Reise zu wünschen. Nacheinander umarmte sie jeden und auch Mawen und Zada wurden aufs Herzlichste verabschiedet.
Ihr blieb keine Zeit, weiter über die nachzudenken, die sie zurückließ, denn nun erforderte das Ablegemanöver ihre volle Aufmerksamkeit. Erst als sie den Hafen hinter sich gelassen hatten, war es ihr vergönnt, einen letzten Blick auf Jal zu werfen und dem Wind stille Abschiedsworte zuzuflüstern.  
     

    Mawen merkte gleich, wie sehr sich das kleine Schiff von denen unterschied, auf denen er bisher gereist war. Die Kraft des Meeres und des Windes war viel unmittelbarer zu

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