WELTEN-NEBEL
gemacht. Angstvoll hatte Mawen ihn zum Abschied gefragt, was mit seiner Ausbildung werden würde, doch Ruwen hatte seine Bedenken zerstreut. Er hatte ihm versichert, dass er jederzeit nach Roteha zurückkehren konnte, um seine Lehrzeit offiziell zu beenden. Und dann hatte sein Lehrer etwas gesagt, was Mawen sehr stolz machte. Er hatte ihm versichert, dass er schon jetzt, nach nur acht Jahren, mehr als würdig wäre, die Bezeichnung 'Gelehrter' zu tragen.
Nach Ruwens Abreise fragte Yerina ihn, ob er nicht seine Verkleidung ablegen und die Reise als Madia antreten wollte, doch er lehnte ab. Zu vertraut war ihm seine Rolle. Auch wollte er sich nicht die Möglichkeit verbauen, wieder nach Roteha zu gehen. Je weniger Menschen seine wahre Identität kannten, desto besser. Bis jetzt hatte er sogar vor Zada verbergen können, wer er wirklich war, obwohl er in den letzten Monden so viel Zeit mit ihr verbracht hatte.
Zada war erschöpft und froh, dass sie nun endlich aufbrachen. Seit feststand, dass sie nach Jal reisen würde, hatte sie kaum noch Schlaf bekommen. Ihr Vater hatte darauf bestanden, ihr die Grundlagen der Heilkunst beizubringen. Dies war in der Kürze der Zeit ein anstrengendes Unterfangen gewesen. Dann musste sie auch noch Mawen bei seinem Buch über ihre Muttersprache helfen. Diese Arbeit würden sie auch in der nächsten Zeit auf dem Schiff fortsetzen, doch sie würde Mawen bitten, ihr zunächst etwas Ruhe zu gönnen.
Der bevorstehende Abschied beschwerte die Herzen aller. Yerina, Mawen, Zada und ihre Eltern standen an Bord des Schiffes, das die beiden nach Jal bringen würde. Tharet hatte seinen Arm um Galica gelegt, um sie zu stützen. Jetzt, so kurz vor der Abfahrt, war alles Wichtige besprochen und Belanglosigkeiten schienen fehl am Platz. Stumm umarmten sie einander ein letztes Mal. Tharet reichte seiner Tochter einen Heilerbeutel. „Ich hoffe, ihr werdet ihn nicht brauchen.“
Jahr 3619 Mond 5 Tag 13
Jal
Sie konnte sich kaum auf ihre Arbeit konzentrieren. Heute erwartete ihr Vater das Eintreffen seines Handelsschiffes, dass neben der Fracht auch die beiden anderen Auserwählten an Bord hatte. Inzwischen hatte Darija sich mit dem Gedanken, eine von den Göttern Erwählte zu sein, abgefunden. Sie hatte beschlossen, ihr Schicksal anzunehmen und dorthin zu gehen, wo die Götter sie hinsandten. Fieberhaft hatte sie an der Fertigstellung ihres Schiffes gearbeitet und tatsächlich war es ihr gelungen. Am Vortag hatte sie die Takelage angebracht. Heute blieb ihr nur noch eine letzte Kontrolle, ob das Schiff auch wirklich seetüchtig war. Am nächsten Tag sollte es zu Wasser gelassen werden.
Die Arbeit war anstrengend gewesen, der Zeitdruck hatte ihr zu schaffen gemacht, sodass sie sogar die Hilfe ihres Lehrmeisters und seiner Helfer angenommen hatte. Sie wollte nicht, dass ihretwegen die Mission für die Götter aufgehalten wurde. Wenn sie auch sonst kaum etwas zu der Mission beitragen konnte, so sollte wenigstens das Schiff rechtzeitig fertig sein.
Neben der Fertigstellung des Schiffes hatte sie nur wenig tun können, um sich auf die Reise vorzubereiten. Ihre knappe Freizeit hatte sie mit ihrem Vater verbracht, um noch mehr über die Seefahrt zu lernen. Seit sie ihre Ausbildung bei Meister Brimp begonnen hatte, erteilte ihr Vater ihr Segelunterricht. Seine Einstellung war, ein Schiffbauer müsse seine Schiffe auch fahren können. Stets genoss sie die Unterrichtsstunden mit ihrem Vater. Anders als ihre Brüder teilte sie seine Leidenschaft für die Seefahrt und es war schön, einmal alleine im Mittelpunkt zu stehen. Jetzt konnte sie das Gelernte sogar bald einsetzen und das auch noch mit ihrem eigenen Schiff. Unsicherheit mischte sich mit Aufregung, wenn sie daran dachte.
Ihr Vater betrat die Werkstatt. Wie versprochen war er gekommen, um sie abzuholen. Das bedeutete, das Schiff war eingetroffen. Gemeinsam gingen sie zum Hafen.
Viel hatte sie vorab nicht über Zada und Mawen erfahren, sodass es sie keinen Vorstellung von den beiden hatte. Dennoch war sie insbesondere über Zadas Erscheinung erstaunt, ein so zartes Wesen war ihr noch nie begegnet. Sie war so klein und feingliedrig, dass Darija meinte, sie würde ihr die Hand brechen, wenn sie sie nur zu fest schüttelte. Sie selbst war auch nur etwa einen halben Fuß größer, aber wesentlich muskulöser und kräftiger. Mawen entsprach ihren Vorstellungen von einem Gelehrten: Er war nicht klein, aber schlank und blass,
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