WELTEN-NEBEL
handeln müssen, um Mawen und seine Begleiterinnen zu befreien. Er würde heute mit Mawen erörtern, wie er am besten vorgehen sollte. Es musste gelingen, denn er würde sich ein Scheitern nie verzeihen.
Jahr 3619 Mond 11 Tag 6
Palast in Heet
Seine Hartnäckigkeit hatte sich ausgezahlt. Heute würde er eine gute Nachricht überbringen können. Sein Vater hatte eingewilligt, ihnen Bewegungsfreiheit innerhalb Helwas zu gewähren. Sie dürften zwölf Monde lang reisen und sich das Land ansehen. Danach sollten sie zurückkehren und dem König dienen. Elec und zwei Soldaten sollten sie dabei begleiten und verhindern, dass sie das Land verließen. Wenn dies auch noch kein Sieg auf ganzer Linie war, so war es dennoch mehr als nichts. Gerne hätte Elec seinem Vater das Versprechen abgerungen, dass die drei nach Cytria zurückkehren durften. Dies aber hatte sein Vater abgelehnt. Dennoch war Elec glücklich. Die bevorstehende Reise mit Mawen, Zada und Darija war eine verlockende Aussicht. In den vergangenen Tagen waren sie gute Freunde geworden und die Gespräche mit Mawen waren von einer nie gekannten Intensität. Von der ersten Begegnung an hatte er eine Verbindung zu dem Gelehrten gespürt, sie waren verbunden durch die Suche nach Wissen und Wahrheit. Kurz ertappte er sich bei dem Wunsch, sein Vater möge Mawen die Rückkehr nach Hause für immer verwehren.
Die Nachricht auf die baldige Entlassung aus der Gefangenschaft löste allgemeinen Jubel aus. Selbst die Einschränkungen waren zunächst irrelevant. Einfach wieder auf Reisen zu gehen, das war für Darija eine unglaubliche Aussicht. Ihr, die es gewohnt war, den Blick über die Weite des Meeres schweifen zu lassen, hatte es fast körperliche Schmerzen verursacht, in ihren Blick stetig durch die Wände des Gemaches und das Grün des Gartens begrenzt zu werden. Über das, was nach der zwölf Monde währenden Reise folgen würde, wollte sie sich keine Gedanken machen. Zwölf Monde waren eine lange Zeit. Gewiss würden sich Möglichkeiten ergeben, ein Schicksal als Bedienstete des Königs abzuwenden. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf Mawen und Prinz Elec, die voller Eifer dabei waren, Reisepläne zu schmieden. Dabei würde es erst in einigen Tagen losgehen.
Sie würde mit Prinz Elec reden müssen, bevor die Reisepläne allzu fest gefügt wären. Unbedingt wollte sie die Möglichkeit nutzen, ihre Eltern zu suchen. Leider hatte sie kaum einen Anhaltspunkt, wo in Helwa diese lebten. Die Erinnerungen ihrer Kindheit enthielten keine Ortsnamen, nur Bilder windumbrauster Klippen. Und sie konnte kaum hoffen, dass jemand im Palast ihre Eltern persönlich kannte. Obgleich es unhöflich war, unterbrach sie Mawens Gespräch mit dem Prinzen, um ihr Anliegen vorzutragen. Der Prinz antwortete ihr prompt: „Da ich Eure Geschichte kenne, habe ich mir schon gedacht, dass Ihr Eure Eltern suchen möchtet. Wer könnte Euch dies verdenken? Ihr sagt, Euer Vater sei Fischer gewesen und Ihr hättet an einer Steilküste gelebt? Das schränkt die Möglichkeiten stärker ein, als Ihr vielleicht glaubt. An der nördlichen Küste gibt es zwar zahlreiche Felsen, aber das Meer ist nahezu fischfrei. An der Ost- und der Südküste ist das Land flach. Lediglich an der Westküste gibt es Klippen, an denen kleinere Fischersiedlungen liegen. Sollten Eure Eltern noch immer dort wohnen, so werden wir sie sicher finden.“
„ Danke, Prinz Elec.“
Der Prinz wandte sich an alle: „Da wir nun länger zusammen reisen werden und ich euch als meine Freunde ansehe, möchte ich euch bitten, auf alle Titel und Förmlichkeiten zu verzichten. Also gewöhnt euch dieses 'Prinz' ab.“
Die Angesprochenen nickten.
Jahr 3619 Mond 11 Tag 20
Palast von Heet
Als sie durch das Palasttor traten, war es Zada, als fiele eine große Last von ihrem Herzen. Bis zuletzt hatte sie befürchtet, der König könnte es sich anders überlegen. Nun aber waren sie dem goldenen Käfig entkommen. Die letzten Tage waren ausgefüllt gewesen mit Reisevorbereitungen und Plänen. Sie hatten sich in Begleitung des Prinzen sogar weitgehend frei im Palast bewegen dürfen. Den König hatte sie während der ganzen Zeit nicht noch mal zu Gesicht bekommen und sie war froh darüber. Der Herrscher hatte lediglich Mawen noch einmal sprechen wollen. Dabei war es darum gegangen, dass Mawen ihm nach der Rückkehr als Gelehrter dienen sollte und dass der König daher erwartete, dass er auf der Reise auch
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