WELTEN-NEBEL
die Gelegenheit, Darija in ein Gespräch zu verwickeln. Er fragte sie über das Leben in Cytria aus. Bereitwillig erzählte sie ihm von ihrer Heimat. Da Felkans Cytrian nicht ausreichte, musste Darija Helwarisch sprechen, doch manchmal fehlten ihr dort die Worte, sodass sie Manches nur umschreiben konnte. Wenn sie sich dann im Sprachenmix verhedderten, brachen sie in Lachen aus.
Darija fragte: „Was wollt Ihr eigentlich in Cytria tun? Soldaten gibt es bei uns nur sehr wenige und ich bin mir nicht sicher, ob man Euch dort aufnehmen würde.“
„ Ich habe schon darüber nachgedacht. Soldat möchte ich nicht länger sein. Meint Ihr, ich könnte einen Handwerksberuf erlernen?“
„ Woran habt Ihr gedacht?“
„ Was meint Ihr denn, wozu ich geeignet wäre?“
„ Dafür kenne ich Euch noch nicht gut genug.“
„ Dann erzählt mir doch von Eurer Arbeit als Schiffbauerin.“
Als Darija zu erzählen begann, trat ein Funkeln in ihre Augen, das ihm zeigte, wie sehr sie ihren Beruf liebte. Er wünschte sich, auch eine Tätigkeit zu finden, die ihm genauso viel Freude bereitete. Fasziniert hörte er zu, wie sie von den verschiedenen Schiffstypen erzählte und dann von ihrem selbst gebauten Schiff sprach. Er konnte ihr den Schmerz über den Verlust ihres Meisterstückes ansehen und versuchte, das Gespräch schnell auf ein anderes Thema zu lenken. „Was meint Ihr, wäre es auch eine Arbeit für mich?“
„ Nun, wenn Ihr nach einem Lehrmeister sucht, so wird dieser Eure Eignung schon überprüfen.“ Sie musterte ihn von oben bis unten. „Meint Ihr, dass Ihr kräftig genug seid?“ Sie schlug ihm so kräftig auf die Schulter, dass er sich einen Schmerzensschrei verkneifen musste. Um ihr zu beweisen, dass ihre Zweifel unberechtigt waren, legte er ihr die Arme um die Taille, hob sie hoch und trug sie trotz ihres Protestes über das ganze Deck. Als er sie absetzte, sagte sie unter Lachen: „Macht das nie wieder, ich hatte Angst, dass Ihr mich über Bord fallen lasst. Ich zweifele auch nie wieder an Euer Stärke.“
Felkan, seine Hände noch immer um ihre Taille, antwortete: „Gut. Versprochen.“
„Dann könnt Ihr mich ja jetzt auch loslassen.“
„ Natürlich. Verzeiht.“
Es tat ihm leid, sie loslassen zu müssen. Gerne hätte er sie weiter gehalten und wäre in ihren grünen Augen versunken. Aber er wollte keineswegs zu forsch vorgehen und Darija verschrecken. Er war schon froh, dass sie jetzt Zeit mit ihm verbrachte und zumindest ein freundschaftliches Verhältnis am Entstehen war.
Ein Ruf Zadas unterbrach ihre Zweisamkeit. Sie deutete in Richtung des Bugs. Erst konnte er nichts entdecken, doch dann sah er einen Nebelstreifen. Auch Darija schien ihn erspäht zu haben. Sie richtete eine Frage an Zada: „Meint Ihr, es ist der Welten-Nebel?“
„ Ich denke schon. Wir haben die Küste vor fast einem Mond hinter uns gelassen. Lasst uns hoffen, dass wir nicht erneut tagelang in einer Flaute festsitzen.“
Es dauerte nicht lange, bis sie den Rand des Nebels erreicht hatten. Sie segelten hinein und zu ihrer Erleichterung blies der Wind weiter stetig und kräftig. Innerhalb weniger Stunden hatten sie den Nebel hinter sich gelassen.
„Irgendwie kam mir die Strecke beim letzten Mal länger vor und der Nebel dichter“, sagte Zada.
Darija erwiderte: „Ihr habt es also auch bemerkt. Vielleicht denken die Götter, es sei Zeit, die Barriere verschwinden zu lassen.“
Felkan schaltete sich in das Gespräch ein: „Warum ist es eigentlich plötzlich wieder hell. Gerade ist es doch dunkel geworden.“
Darija fiel erst jetzt auf, dass sie Felkan noch nicht von der Besonderheit des Welten-Nebels erzählt hatten. Also begann sie, ihm von ihren Erlebnissen auf der Reise nach Helwa zu erzählen und von dem seltsamen Phänomen, dass die Zeit im Welten-Nebel viel schneller verging als außerhalb.
Jahr 3620 Mond 3 Tag 30
Westliche Steppe
Der Stammesälteste hatte Wort gehalten. Ausführlich hatte er vom Glauben seines Volkes berichtet. Dadurch hatten sie erfahren, dass die Götter den Menschen des Wüstenstammes Visionen schickten, um mit ihnen zu kommunizieren. Daher hatte Kahal auch gewusst, wo er sie finden würde. Es gab spezielle Rituale, mit denen die Wüstenmenschen sich für göttliche Eingebungen öffneten. Auch für zahlreiche andere Gelegenheiten hatten sie ausgefeilte Zeremonien. Die Art, wie sie ihren Glauben praktizierten, war der der Cytrianer daher nicht unähnlich. Tempel aber
Weitere Kostenlose Bücher