Welten-Reise
sein. Es war besser, ihr aus dem Weg zu gehen.
Richard drehte sich ab. Aber das, was da hinter ihm aufkreuzte, war ein Rokh – eine der wenigen anderen Kreaturen, die es mit Riesen aufnehmen konnten. Der große Vogel blickte ärgerlich auf Richard.
Immer mehr Gestalten erschienen aus den unterschiedlichsten Richtungen. Das versprach nichts Gutes! Richard setzte sich po l ternd in Bewegung und machte große Schritte, daß er die Tiere und Vögel hinter sich ließ. Aber sie blieben nicht weit zurück und stellten ihm unbarmherzig nach.
Er kam an eine Mauer, die durch die Ebene führte. Wenn er an ihr haltmachte, würden die aggressiven Kreaturen ihn ergreifen, und er war nicht sicher, ob das sehr angenehm sein würde. So rannte er geradewegs durch sie hindurch.
Die Mauer zerbrach in splitternde Teile und fiel zur Seite. Hinter ihr war ein lieblicher Teich mit zwanzig liebestollen Meerjungfra u en. Sie kreischten, als Richards Fuß im Wasser landete und dabei ein Drittel des Wassers verspritzte.
Richard machte halt und blieb im Teich stehen. »Was ist pa s siert?« fragte er verwirrt.
»Du unmöglicher Tölpel, du donnerst hier durch die aufgestellte Trennlinie!« schrie eine Meerjungfrau. »Wir waren gerade dabei, unsere Szene zu proben, und du hast alles kaputtgemacht!«
»Eure Szene?« bemerkte Richard etwas dümmlich.
»Unsere Traum-Szene! Wir sind dafür vorgesehen, einen Weibe r feind zu Tode zu lieben. Er soll in den Teich fallen, und wir we r den… aber wie können wir das tun, wenn du das ganze Wasser verplanscht hast?« Ärgerlich wippte sie mit ihrem Schwanz.
»Eine aufgestellte Trennlinie?« fragte er genauso dümmlich wie vorher.
»Glaubst du unser Raum ist unbegrenzt? Wir müssen ihn sin n voll benutzen. Du müßtest auf deiner Seite der Trennlinie bleiben in deinem eigenen Gebiet und wir in unserem. Aber du bist ei n fach eingedrungen! Wie werden wir nur diese Szene rechtzeitig gestalten können?«
Er blickte sie an. Sie war winzig, von menschlichem Aussehen mit den nassen Haaren, die ihr über Gesicht und Schulter hingen, aber ihre Form war unverkennbar.
Dann näherte sich ein schwarzer Hengst dem Ufer des Teiches. Was bedeutet das? fragte das Pferd, ohne zu sprechen.
»Dieser, dieser Riese torkelt hier herein und ruiniert unsere Pr o be!« klagte die Meerjungfrau. »Sieh dir unsere Grenze an, Hengst der Finsternis! Wir haben eine Todeslinie…«
Die Augen des Pferdes flackerten, als würden sie von innen e r leuchtet. Plötzlich war die durchbrochene Mauer wieder heil. In der Tat schien es, als gäbe es überhaupt keine Mauer mehr – nur noch den Teich und den bildschönen Garten im Hintergrund. Das Wasser im Teich war wieder aufgefüllt.
»Ei!« jauchzte eine Meerjungfrau. »Hier kommt der Weiberfeind! Bringt den Riesen hier raus.«
Unverzüglich nahmen die Meerjungfrauen ihre Plätze um den Teich herum wieder ein und kämmten ihre wilden nassen Locken. Die oberste Meerjungfrau hob sich auf einen Felsen und atmete tief ein, um eine eindeutige Figur zu machen.
Dann verschwand die Szene, und Richard fand sich in einer ei n tönigen Ebene wieder. Er war enttäuscht, er hätte zu gerne ges e hen, wie die Meerjungfrauen den Weiberfeind zu Tode lieben wü r den. Irgendwie schien das kein schlechter Weg zu sein. Er wunde r te sich gerade darüber, was für eine Art Kreatur so ein Weiberfeind sein könnte.
Es ist ein Mann, der Frauen haßt, sprach der Hengst und erschien vor ihm. Natürlich ist der Richtige nicht hier. Die Jungfrauen müssen sich an einen Ersatz halten, während der Traum aufgenommen wird. Der wird dann zu dem richtigen Weiberfeind gebracht, für den er realistisch genug sein wird, um ihm schreckliche Angst einzujagen.
Oh, jetzt verstand Richard. Doch er wunderte sich immer noch über die Einzelheiten des Ganzen. Sicherlich könnten nicht mehr als ein oder zwei Meerjungfrauen zur gleichen Zeit…
Was hat dich hierher geführt? erkundigte sich der Hengst.
Richard erzählte von der lieblichen Riesin, die er im Traum des Jungen gesehen hatte. »Ich muß sie treffen«, schloß er. »Ich weiß, daß sie die einzige Frau für mich ist!«
Du Dummkopf! Sie ist pure Einbildung!
»Eine was?«
Eine Illusion. Ein Gebilde zum einmaligen Gebrauch. Ein Teil einer kur z fristigen Szenerie. Sie hat keine längere Existenz.
»Aber ich habe sie doch gesehen!«
Du hast eine Traumgestalt gesehen, die mit dem Traum zusammen ve r schwand. Demnach ist sie nichts weiter als eine schlechte
Weitere Kostenlose Bücher