Welten-Reise
besser gewußt hätte.
Er war in einem Dschungel. Die Bäume waren sogar etwas gr ö ßer als er, was mit Sicherheit das deutlichste Zeichen dafür war, daß er sich nicht im wirklichen Xanth befand. Die Bäume waren sehr kräftig, ihre Stämme so hart wie Felsahorn oder Eisenholz. Er hätte nie gedacht, daß es im Traumreich etwas so Solides geben könnte.
Etwas kitzelte ihn an seinen nackten Zehen. Er sah herunter und bemerkte, daß riesige Ranken sich um sie schlängelten. Sie sahen wie krautige Krakententakel mit großen Saugnäpfen aus. Einer der Saugnäpfe klammerte sich mit einem schlürfenden Geräusch an einen Zeh.
Das tat weh. Es dauerte zwar eine ganze Weile, bis der Schmerz den ganzen Weg vom Zeh bis zum Kopf zurückgelegt hatte, aber er war gewaltig, als er dort ankam. »Autsch!« brüllte er.
Als Antwort darauf klammerte sich ein weiterer Saugnapf schlü r fend fest. Sie saugten sein Blut!
Das konnten sie mit Richard nicht machen! Er bückte sich, ze r quetschte die erste Ranke zwischen seinen Fingern und pulte sie von seinem Zeh. Aber sie ließ sich nicht ganz abziehen. Der Sau g napf hatte sich so festgesogen, daß man die Haut hätte mitabre i ßen müssen. Doppelter Schmerz erreichte Richards Gehirn: Es tat weh, an dieser Ranke zu ziehen.
Währenddessen krochen immer mehr heran. Ihre Saugnäpfe ve r langten nach festem Fleisch. Seine Füße würden bald Futter für diese Ranken werden. Und er konnte nichts dagegen tun, weil es zu weh tat, sie abzurupfen!
Richard reagierte, wie es Riesen tun: Er hob den freien Fuß und stampfte auf. Die Ranken, die sich unter diesem befanden, wurden zermatscht. Sie wanden sich noch einen Moment hin und her, um dann zu verenden.
Er stampfte noch einmal auf, diesmal genau neben dem u m schlungenen Fuß.
»Nimm das, du Sauger!« schrie er.
Noch ein paar Stampfer, und alle Ranken um ihn herum waren plattgetrampelt. Die Saugnäpfe, die ihrer Stengel beraubt waren, verloren ihre Saugkraft und fielen hinab, um als nächstes ze r stampft zu werden. Das geschah ihnen ganz recht.
Richard machte sich weiter auf den Weg. Er fragte sich, ob die Riesin – er nannte sie Gina, wegen der Art, wie sie ihn im Traum angeschaut hatte – diesen Weg gekommen und gefangen worden war. Vielleicht wurde sie sogar von den Nachtmähren gezwungen, für sie in den schlechten Träumen zu arbeiten. Wenn es sich so verhielt, war er auf der richtigen Spur.
Er kam zu einer großen halbwegs ebenen Fläche. Vor ihm for m te sich eine große Wolke, die sich schnell ausbreitete. Es war eine häßliche Wolke mit schäbigen Locken an ihren Enden und einem aberwitzigen grauen Gesicht.
Er erkannte diese Wolke! Es war Cumulo Fracto Nimbus, die schlimmste Ausgeburt der Natur in Xanth. Fracto bezeichnete sich selber als König der Wolken, aber er war nur heiße Luft – und immer zu Unfug bereit.
Fracto formte einen Mund und blies einen Windstoß hinaus. Heiße Luft? Diese war eisig! Richard machte einen Schritt rüc k wärts, während er vor Kälte schauderte. Aber Fracto verfolgte und bestürmte ihn mit einer Brise voller Graupelregen. Schnee wirbelte um ihn herum, sein Gesicht wurde rot vor Kälte. Bei diesem schrecklichen Wind würde er bald erfrieren!
Wieder reagierte Richard, wie es ein Riese tun sollte. Er holte tief Luft, dann gab er selber einen Windstoß von sich. Er blies so, daß die Wolke drunter und drüber trudelte. In Fractos knolligem, n e beligem Gesicht wurde das Oberste zuunterst gekehrt.
Fracto war so wütend, daß leuchtende Blitze aus seiner Unterse i te schossen, aber keinen Schaden anrichteten, weil diese ja in den Himmel zeigte. Einige wenige ankommende Sonnenstrahlen verl o ren zu ihrem großen Ärger die Orientierung, aber das war alles.
Bevor sich Fracto wieder richtig ordnen konnte, blies Richard noch einmal. Die Wolke wurde rollend mit einem Geräusch von wütendem Donner über den Himmel geschickt. Richard blies so lange, bis die Wolke aus seiner Sicht verschwunden war. Soviel zu dieser Plage!
Er wanderte weiter und hoffte, daß Gina nicht von der Wolke vereist worden war. Frauen können nämlich nicht so kräftig pusten wie Männer.
Eine neue Gestalt erschien auf der Lichtung. Sie schien riesig zu sein. Es war eine Sphinx – eine der wenigen Kreaturen, die ähnlich wie die Riesen gebaut waren. Normalerweise sitzen Sphinxen nur im Sand und dösen, aber sie können ziemlich ungemütlich werden, wenn man sie weckt – und diese hier schien geweckt worden zu
Weitere Kostenlose Bücher