Welten-Reise
Irenes Augen blickten sehr abweisend auf ihn herab. »Das ist nicht deine Entscheidung«, entgegnete sie scharf. »Du hast selber genug eigene Entscheidungen zu treffen.«
»Aber es ist meine Angelegenheit!« rebellierte Dolph. »Ivy ist meine Schwester, und ich liebe sie, und ich weiß außerdem, daß ihr euch in Grey täuscht! Ich glaube, er hat Magie, und es ist mir gleich, woher er kommt. Ich werde diese Magie aufspüren!«
Irene schielte zu Dor, der mit den Schultern zuckte. »Erlaube mir, Sohn, dich darauf hinzuweisen«, sagte sie mit erzieherischer Betonung, die Übles für seine zukünftige Freiheit vermuten ließ, »daß es für dieses Ultimatum keine zeitliche Begrenzung gibt. Grey hat soviel Zeit, wie er braucht, um seine Magie zu finden, nur wird er unsere Zustimmung, Ivy zu ehelichen, nicht eher bekommen, bevor er sie nicht nachweisen kann. So wie auch du nicht eher heiraten kannst, bevor du nicht deine eigene Situation geklärt hast.«
»Ja! Also sollte Grey nicht seine Verlobung lösen, bevor wir das nicht geradegerückt haben! Ich bin davon überzeugt, er hat mag i sches Talent, und ich weiß auch schon, wie ich es herausfinden werde!«
»Wenn du dich auf die Episode mit der Haßquelle beziehst«, sa g te Irene gleichmütig, »dieser Beweis ist nicht schlüssig. Es gibt keine Möglichkeit, die Stärke dieser Quelle zu jener Zeit, als die beiden dort waren, zu beurteilen. Ihre Kraft schwankt mögliche r weise und ist von der Jahreszeit oder anderen Faktoren abhängig.«
»Nein! Ich meine, daß er wegen dem Himmelstaler Magie besi t zen muß!«
Plötzlich waren wieder alle interessiert, selbst Ivy. Welch wilde Behauptung hatte ihr kleiner Bruder diesmal aufgestellt?
»Der Himmelstaler scheint durch Murphys Fluch fehlgeleitet worden zu sein«, sagte Irene. »Wir haben die Ausrichtung der N a men notiert, und es ist wirklich etwas, was passieren kann, wenn Magie fehlgeleitet wird. Der Taler wird erneut aufgeladen werden müssen, bevor wir die Suche nach dem Guten Magier wieder au f nehmen können.«
»Ich glaube nicht, daß er sich geirrt hat«, sagte Dolph. »Ich bin sicher, daß der Taler richtig funktioniert hat. Er sandte Ivy an die Stelle, an der sie am meisten gebraucht wurde: nämlich nach Mu n dania, wo Grey dringend ihrer Hilfe bedurfte. Wir dachten die ganze Zeit, der Gute Magier würde ihre Hilfe am meisten benöt i gen, nachdem er mir diese Botschaft gesandt hatte. Aber vielleicht war das gar nicht der Fall. Oder vielleicht ist es sogar Greys B e stimmung, unsere Suche nach dem Guten Magier zu unterstützen. Dann also müßte er Magie besitzen, damit wir dies tun können!«
Ivy starrte ihn völlig erstaunt an. Dolph könnte mit seiner ve r rückten Behauptung genau auf der richtigen Spur sein! Sie bemer k te, daß alle anderen genauso überrascht waren wie sie.
»In diesem Falle sollten wir ihn nach Parnaß führen und die M u se der Überlieferung befragen, was über sein magisches Talent geschrieben steht«, schloß Dolph triumphierend.
Wieder wechselte Irene einen kurzen Blick mit Dor. Und wieder zuckte er die Schultern.
»Grey mag nach Parnaß zur Befragung gehen«, sagte Irene einen Augenblick später. »Natürlich wünschen wir ihm nichts Schlechtes und sind bereit, alles Erdenkliche zu tun, seinem Wunsch in jeder Weise entgegenzukommen. So werden wir für eine geeignete Re i semöglichkeit Sorge tragen. Aber du, Prinz Dolph, bleibst hier, bis jetzt hast du noch keine Lösung für dein eigenes Dilemma gefu n den.«
»Aaaach.«
Irenes Haar nahm eine etwas dunklere Grünschattierung an. »Oh, jetzt hast du es dir verdorben, du unverschämter Junge!« sa g te einer der beiden Throne. »Du wirst nie…« Irenes Fußtritt scha l tete ihn aus.
Zum ersten Mal sah Ivy Grey mit wirklicher, aufrichtiger Hof f nung an. Sie würde natürlich mit ihm gehen. Vielleicht hatte die Muse tatsächlich ein magisches Talent für ihn auf ihrer Liste? Wenn der Himmelstaler sich tatsächlich nicht geirrt hatte und dies alles nur ein Teil des Planes war, den der Gute Magier erdacht ha t te, dann mochte Grey nach alledem vielleicht wirklich…
Ihr wurde gar nicht bewußt, daß die Audienz schon längst vorbei war. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, Grey in wilder Hof f nung immer wieder zu umarmen.
10
PARNASS
Grey war hin- und hergerissen. Er liebte Ivy und wollte in diesem magischen Land bleiben, aber gleichzeitig wußte er, daß er kein Talent hatte. Es wäre wohl eher angemessen, Ivy
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