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Welten - Roman

Titel: Welten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ungewöhnliche Erscheinung unter den City-Tradern, die ich damals kannte. Und wenn ich es mir recht überlege, auch wegen seiner Anständigkeit.
    Ich hatte seinen Sohn Barney mit genügend Schnee versorgt, um einen Kreuzer zu versenken. Ob Mr. N je davon erfahren hat, weiß ich allerdings nicht. Ich meine, natürlich war ihm klar, dass Barney das Zeug tütenweise schnupfte, zumindest muss er es erraten haben, denn er war nicht auf den Kopf gefallen, keine Frage, aber Barney hat ihm wohl nie erzählt, wie viel er von mir bekommen hat. Mich seinem Dad ordnungsgemäß vorzustellen war eine der Gefälligkeiten, die ich einforderte, als ich mich zum Wechsel in ein Leben relativer Respektabilität entschloss. Barney schuldete mir Geld, und statt es in Scheinen zu nehmen, schlug ich ihm vor, mich zu einem Wochenende auf dem Land in den Schoß der Familie Noyce einzuladen. Ich hatte befürchtet, dass Barney etwas dagegen haben könnte, doch er ging begeistert auf die Idee ein. Ich hatte das Gefühl, viel zu wenig rausgeschlagen zu haben, aber daran war nichts mehr zu ändern.
    »Klar, klar, nächstes Wochenende sind ein Haufen Leute da. Komm einfach. Genau, warum nicht.«
    Wir gluckerten Bolly in einer neu eröffneten Champagnerbar in Limehouse, die nur so blitzte vor Chrom und Antikleder, und waren beide zugekokst bis in die Haarspitzen, zappelig und redselig. Ständiges Fingertrommeln und bereitwilliges Nicken und dieser ganze Scheiß. Eigentlich hatte ich viel weniger genommen als er, aber bei mir war es
schon immer so, dass ich mich plötzlich genauso aufführe wie die Leute in meiner Begleitung, obwohl ich gar nicht in ihrem Zustand bin. Ein- oder zweimal bei Festen war ich der Fahrer und schluckte den ganzen Abend nichts anderes als Sprudel - und null Drogen natürlich -, und die Leute sahen mich nur kurz an und wollten mir die Schlüssel abnehmen, weil ich so lallte und kicherte und grinste.
    Dasselbe beim weißen Stoff. Ich schnupfte ein bisschen zusammen mit Kunden, um ihnen Gesellschaft zu leisten, während sie sich die volle Kante gaben, aber am Ende war ich genauso high und aufgedreht und hektisch wie sie. Bloß, dass ich mich ganz schnell am Riemen reißen kann, wenn’s drauf ankommt. Wenn mir jemand unterstellte, ich hätte Wodka in mein Perrier gekippt, war ich sofort wieder nüchtern. Sobald sie es kapiert hatten, ließen sie mich natürlich gern fahren, aber das brachte dann wieder andere Probleme mit sich, weil man plötzlich wie ein Schauspieler dasteht, der den Betrunkenen mimt, um die anderen zu verarschen, du verstehst schon. Das haben die Leute überhaupt nicht gern. Vor allem die Besoffenen nicht. Da kam es zu einigen Streitereien. Aber ich habe die Leute nie verarscht. Das war überhaupt keine Absicht bei mir, sondern eine Sache, die eben passierte. Später habe ich dann gelernt, diesen Effekt mit der Anpassung an den vorherrschenden Pegel einzudämmen, doch eine gewisse Rolle spielte er immer noch.
    »Was für Leute?«, fragte ich misstrauisch.
    »Keine Ahnung.« Barney schaute sich um. Er lächelte in Richtung eines Tischs, an dem drei Mädels saßen. Es gab einige coole Gestalten hier im Lokal. Barney war hochgewachsen und blond, ich mittelgroß und dunkel. Er trainierte, aber sein Gesicht hatte so was Rundliches, dass man
gleich dachte, der geht auseinander wie ein Hefekuchen, wenn er nicht mehr jeden Tag ins Studio rennt. Oder nicht mehr schnupft. Ich dagegen wurde als drahtig beschrieben. »Einfach Leute.« Er runzelte die Stirn und versuchte gleichzeitig zu grinsen. »Leute, du weißt schon. Leute eben.«
    »Sorry, Kumpel«, antwortete ich. »So viele Details verkrafte ich einfach nicht. Kannst du es vielleicht ein bisschen undeutlicher ausdrücken?«
    Barney strengte sich an. »Einfach, ich weiß auch nicht …«
    »Penner? Könige?« Ich wurde allmählich sauer, weil nichts aus ihm herauszubekommen war.
    »Ach Scheiße, Mann«, meinte Barney. »Leute.Was soll ich denn sagen? Leute wie ich, Leute wie du. Na ja, vielleicht nicht wie du, aber Leute.« Er klang frustriert und schielte zur Herrentoilette. Seine letzte Nase lag erst eine Viertelstunde zurück, aber anscheinend brauchte er schon wieder Nachschub.
    »Leute«, fasste ich zusammen.
    »Leute, genau.« Er klopfte sich auf die Tasche mit seiner Ausstattung und nickte energisch.
    Barney war nie gut bei genauen Einzelheiten. Das war auch einer der Gründe, warum er es als Trader nicht brachte. Das und seine große Vorliebe für

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