Weltenende (German Edition)
passiert“, antwortete Onkel Barney und setzte sich an den Tisch. „Wenn man hier wohnt, muss man damit leben.“ Draußen klapperte es laut und er sprang wieder auf. „Verfluchter Wind“, raunte er und eilte zum Fenster.
„Setz dich, Schatz! Du kannst jetzt ohnehin nichts tun. Das Essen ist fertig.“ Tante Fanny schaufelte Nudeln auf die Teller. „Wir können nur die Füße hochlegen und beten, dass nichts Schlimmeres passiert.“
„Ist das Boot in Sicherheit?“, fragte Carl.
„Schön, dass du auch mal daran denkst , wenn auch ein wenig spät. Ich war heute Mittag dort. Ich habe noch Fender ausgelegt und die Leinen verdoppelt; da dürfte nichts passieren. Ich mache mir mehr Sorgen um die Boote in der Bucht. Bei dieser Windrichtung baut sich eine steile See auf und wenn er auf Nord oder, Gott bewahre, auf Ost dreht, wird es noch viel schlimmer. Die Wochenendskipper haben nur leichte Anker an Bord und sie liegen viel zu dicht zusammen.“
„Sie können doch in den Hafen“, sagte Marie.
„So viele Boote passen dort nicht rein, mein Schatz.“
„Spielen wir Rommee nach dem Essen?“ , fragte sie.
„Oder Scrabble“, schlug Jonas vor.
„Nein, Scrabble will ich nicht. Bei Rommee wissen wir wenigstens nicht vorher, wer gewinnt“, entgegnete Carl.
Tante Fanny räumte nach dem Essen auf und die anderen gingen ins Wohnzimmer. Carl holte die Karten und Onkel Barney klemmte die Funkanlage an eine alte Traktorbatterie, damit sie hören würden, wenn sich etwas ereignete. Er stellte den Notrufkanal 16 und Kanal 72 ein, den die Rabensruher Fischer verwendeten.
Blitze und Donner wechselten sich jetzt in rascher Folge ab und machten es schwer die Sekunden zu zählen, die dazwischen lagen. Als wolle die Welt untergehen, dachte Jonas, und damit lag er gar nicht verkehrt.
Über de n Fischerkanal kam nur Smalltalk. So ein Wetter brachte Seebären nicht weiter aus der Ruhe. Erst als der Wind im Laufe des Abends nördlicher stand, spitzten sich die Ereignisse zu. In der Bucht trieben Boote ab und die Skipper versuchten verzweifelt neue Anker auszubringen. Offenbar mit wenig Erfolg, denn es dauerte nicht lange, bis die ersten Notrufe über den Äther kamen.
S ie spielten noch immer Rommee, aber sie hörten mehr auf das Funkgerät, als dass sie noch auf das Spiel achteten. Mindestens zwei Boote standen kurz davor auf Grund zu laufen. Die Schrauben ihrer Antriebe hatten sich in den Leinen anderer Boote verfangen, hatten sie vermutlich sogar durchschnitten. Sie waren manövrierunfähig und die Skipper funkten mit panischem Ton in der Stimme um Hilfe. Onkel Barney fluchte über die Wochenendskipper. Sie drängten sich viel zu dicht in die Bucht und nur die wenigsten von ihnen trugen eine taugliche Schlechtwetterausrüstung an Bord.
Onkel Barney schaute aus dem Fenster. „Die Windrichtung gefällt mir gar nicht“, sagte er. „Ich werde in den Hafen fahren.“
„Was willst du denn machen?“ Fanny war beunruhigt.
„Weiß ich nicht, aber mach dir keine Sorgen, unser Boot bleibt auf jeden Fall, wo es ist. Vielleicht können wir mit einem der Fischerboote ein paar zusätzliche Anker ausbringen oder ich kann mit der Winde vom Traktor helfen.“
Über Funk wurde gemeldet, dass das erste Boot in der Brandung kentert e.
„Ich komme mit !“, sagte Jonas entschlossen.
„Nein, das wirst du ganz sicher nicht .“ Tante Fannys Stimme überschlug sich beinahe.
Jonas schaute seinen Onkel an und es war ein bestimmender Blick, einer der keinen Widerspruch duldete. Jonas bat nicht darum mitzugehen, sondern er hatte eine Entscheidung kundgetan. Natürlich wollte auch Onkel Barney widersprechen, aber er öffnete nur den Mund und schloss ihn wieder. Nur Tante Fanny, sie hatte ihn nicht angesehen, explodierte gänzlich: „Was? Seid ihr beiden jetzt vollkommen verrückt?“
„Ich komm auch mit“, erklärte Carl schnell.
„Nein, du bleibst hier! Ich nehme Jonas mit“, sagte Barney und erwachte aus seiner Erstarrung. „Im Traktor ist ohnehin nicht genug Platz für uns drei.“
Barney ging zur Tür und Fanny folgte ihm. Doch zu einer Diskussion kam es nicht, denn über Funk hörten sie, dass jetzt noch mehr Boote abtrieben, nachdem der Wind scheinbar von einem Augenblick auf den nächsten auf Nordost gedreht hatte. Für die Boote war das das Ungünstigste, was hatte passieren können. „Euch wird nichts geschehen. Der Hof liegt jetzt im Windschatten der Bäume“, sagte Barney.
C arl quengelte noch, aber Fanny blieb
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