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Weltenende (German Edition)

Weltenende (German Edition)

Titel: Weltenende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Caspari
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verliert er die Grundlage, die er hier von der Insel und der Ombrage erhält. Ein solches Unwetter heraufzubeschwören ist schwierig, aber es an Ort und Stelle zu halten, dürfte noch weit mehr Kraft kosten.“
    Jonas nickte. „Ich versuche es. Wir müssen Georg im Auge behalten. Er hat damit zu tun.“
    „ Das weiß ich. Sie haben sich schon vor Wochen seiner bemächtigt.“ Wieder heulte der Hund. Jonas starrte auf die dunkle Wiese hinter dem Sanitärhaus. Er wagte es nicht einmal zu zwinkern, doch erkennen konnte er nichts, zu dunkel war es. „Gehört er zur Ombrage?“
    „Nein, sie benutzen ihn nur. Ich versuche den Hund abzulenken“, sagte Ludwig. „Sieh zu, was du erreichen kannst und dann verschwinde hier! Tue mir den Gefallen!“
    Ludwig w ollte gehen, aber Jonas hielt ihn fest. „Was bezweckt die Ombrage mit dem Unwetter?“
    „ Das weiß ich nicht. Vielleicht wollen sie nur ihre Macht demonstrieren, aber vermutlich steckt mehr dahinter.“
    Vom Ufer war ein Schrei zu hören. Ein Motor heulte auf und von See ertönte das zerrissene Schiffshorn eines Kutters. „Ich muss da hin“, sagte er und Jonas ließ ihn gehen.
    Er blickte wieder nach oben, schloss die Augen und suchte sich einen imaginären Punkt im Osten, weit über den Wolken. Von diesem Punkt aus beschwor er einen Wind herauf, erst einen Windhauch, dann eine Briese und schließlich einen eigenen kleinen Sturm, der hoffentlich mächtig genug sein würde. Minutenlang wiederholte er die Formel und beobachtete den Himmel. Er war versunken in sich, bemerkte nicht, was um ihn herum passierte, und merkte auch nicht, dass Georg hinter ihm auftauchte und eines der losen Gatterbretter aus der Abgrenzung zu den Mülltonnen herausriss. Diese Latte schwang er hoch über den Kopf, schmetterte sie dann ohne Zögern und mit aller Kraft auf Jonas Rücken. Getroffen ging Jonas zu Boden, japste nach Luft. Sterne flackerten vor seinen Augen auf. Instinktiv rollte er sich auf den Rücken. Georg schwang erneut die Latte und zielte dieses Mal auf Jonas Kopf. Er sah den Balken kommen, wich im allerletzten Moment zur Seite aus und nur um Zentimeter verfehlte Georg ihn. Schlammiges Wasser spritzte in seine Augen. Angetrieben vom Adrenalin sprang Jonas auf die Beine. „Warum tust du das?“, schrie er keuchend. Taumelnd brachte er Abstand zwischen sich und Georg.
    „ Du darfst sie nicht aufhalten. Sie sind noch nicht fertig.“ Georg griff wieder an und Jonas duckte sich. Mit brachialer Gewalt gelang es Georg das Holz zurück zu reißen und Jonas hart an der Schulter zu treffen. Nur mit Mühe konnte Jonas sich auf den Beinen halten. Er rettete sich unter das Dach und prallte gegen die Hauswand. „Hör auf!“, schrie er Georg an, aber der blickte ihn nur triumphierend an. Zornestrunken und mit einem entstellten Gesichtsausdruck preschte er vor. Jonas konnte nicht mehr ausweichen, das war ihm klar. Alles, was ihm blieb, war der Angriff. Mit Aufbietung all seiner Kräfte sprang er mit der Schulter voraus gegen Georgs Oberkörper und riss gleichzeitig sein Knie in die Höhe. Zumindest jetzt war ihm das Glück hold, denn er traf den massigen Georg an seiner empfindlichsten Stelle. Der Balken glitt ihm aus den Händen. Jonas wollte sicher gehen, schlug ihm die Faust in den Magen und stieß ihn rücklings zu Boden. Der nächste Blitz zuckte grell über den Himmel. Jonas bemerkte nicht, dass es schon länger dauerte, bis der Donner folgte. Er keuchte, ließ Georg nicht aus den Augen, der stöhnend und wie ein Embryo zusammengerollt im Matsch lag. Dann stolperte er in Richtung Kai. Er wollte sich in Sicherheit bringen. Er hatte kein Interesse auf eine zweite Runde, von der klar war, dass er sie ziemlich sicher verlieren würde.
    Sein Rücken pochte vor Schmerzen und sein rechter Arm war taub, als gehöre er nicht zu ihm. Jonas wandte sich nach rechts, blieb aber hinter den Leuten, damit er nicht auffiel und ging dort auf die Knie. Er war noch immer mit dem imaginären Punkt hoch über den Wolken verbunden. Es fiel ihm schwer, die nötige Konzentration aufzubringen, um sich davon zu lösen.
    Der Regen war schwächer geworden, der Wind pfiff nicht mehr so stark und vor allem blitzte es weniger und der Donner folgte in deutlich hörbaren Abständen. Jonas schaute in Richtung Hütten zurück, doch Georg war nicht zu sehen.
    Er rappelte sich auf.
    Unten am Strand halfen ein Dutzend Männer einem Katamaran mit wenig Tiefgang vor der Brandung zu halten, während der Skipper an

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