Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
vor ihn und drängte ihn langsam zurück. »Nein! Leise und vorsichtig jetzt. Das ist ein Draugr, ein Totengeist. Unsere Waffen sind hier nutzlos!«
Nervös wich Pereo zurück und drängte dabei Tyark beiseite. »Bei den Göttern - dort hinten sind noch mehr! Sie haben das frisch vergossene Leben gewittert.«
Hinter sich hörte Tyark Jobdan schwach japsen: »Draugr! Auch das noch! Bei den Alten! Und sie zeigen sich uns in aller Offenheit! Wir müssen hier weg, schnell!«
Der Draugr war vor dem Kadaver des Tieres. Voller Entsetzen sah Tyark, dass die Gestalt einer Frau war. Eine schlaffe Brust war aus dem zerfetzen Gewand gerutscht und es sah aus, als hätte etwas ein großes Stück heraus gebissen.
Langsam kniete das, was einmal ein Mensch gewesen sein mochte, vor den Kadaver und begann dann Stücke aus dem Leib des Tieres zu reißen und sich in den bizarr weit aufgerissenen Schlund zu schieben. Dabei wendete er seinen toten Blick nicht von der kleinen Gruppe Menschen ab, die vor ihm standen.
Das Fleisch des Tieres fiel durch den Körper des Draugr hindurch und landete laut klatschend auf dem Boden. Dieser riss sogleich ein neues Stück heraus.
Beinahe kam es Tyark so vor, als würde er ein leises Wimmern dabei hören. Nein, nicht hören - er fühlte es in seinen Eingeweiden. Übelkeit breite sich in seinem Körper aus.
Sie waren nun bis zur Flügeltür zurückgewichen, aus der immer noch der schwere Qualm brennender Kadaver drang. Lautes Knistern lag in der Luft und doch konnte Tyark deutlich hören, wie im Dunkeln vor ihm weiteres Fleisch aus dem Kadaver gerissen wurde und dann wieder klatschend auf den Boden schlug. Er sah mehrere Schatten in der Dunkelheit. Es waren also in der Tat mehrere Draugr, die sich an die Kadaver gewagt hatten!
Jobdan stöhnte laut auf, als Zaja ihn zu einer der seitlichen Flügeltüren schleppte. »Los! Raus hier, schnell!«
Pereo warf sich mit voller Wucht gegen die verschlossene Tür. Das uralte Holz splitterte und dem Gewicht seines Körpers und in einer Wolke aus Holzstaub und Splittern fiel er fast in den angrenzenden Korridor.
»Los Tyark, komm!«
Tyark blickte seine drei Gefährten unschlüssig an. Doch anstatt ihnen zu folgen, hastete er in den Raum mit den brennenden Kadavern. Er musste das Gold holen, er hatte sonst nichts! Er hustete schwer, als er versuchte, sich in dem völlig verqualmten Raum zu orientieren. Der Gestank nach dem Blut dieser seltsamen Tiere und ihrem verkohlten Fleisch war kaum zu ertragen.
Dann endlich sah er den Sockel der Statue und den seltsamen Schädel unter dem nackten Fuß der Göttin.
Mit der Hand vor dem Mund und tränenden Augen begann er, halb blind so viele Goldmünzen zusammenzuraffen wie er konnte. Immer wieder blickte er zur Tür, in wachsender Panik davor, einer der Draugr könnte seine Mahlzeit vorzeitig beenden.
Schwankend, hustend und einer Ohnmacht nah tastete er sich schließlich zu Tür zurück. Das Gewicht der wenigen Münzen, die er hatte greifen konnten, lastete schwer in seinen Taschen.
Wenige Schritte vor der Tür sah er plötzlich, wie sich mitten im Qualm seltsame Schlieren bildeten und zunächst dachte er, dass seine tränenden Augen ihm einen Streich spielten. Doch dann krampfte sich sein Herz zusammen: In nur wenigen Augenblicken erschien direkt vor ihm eine halb durchsichtige Gestalt. Ein Draugr schwebte vor ihm in der Tür und starrte ihn an.
Tyark wich entsetzt einige Schritte in den verqualmten Raum zurück und musste sofort krampfhaft husten. Dunkle Flecken tanzten vor seinen Augen, als er den Geist anstarrte. Seine Beine drohten, unter ihm nachzugeben.
Er blinzelte durch den Qualm. Der Draugr hatte die Gestalt eines alten Mannes, gezeichnet von Peitschenhieben und klaffenden Wunden auf der entblößten Brust.
Der linke Arm war mehrfach gebrochen und stand in absurden Winkel vom Rest des geschundenen Körpers ab. Die Stirn des Alten schien von einem gewaltigen Hieb gespalten, Teile des Gehirns quollen aus dem Spalt hervor und waren die bleiche Wange heruntergelaufen. Der Unterkiefer fehlte vollkommen, nur ein dunkles Loch deutete den Rachen und Hals an.
Der Geist verharrte vollkommen bewegungslos in der Tür und schien Tyark mit toten Augen zu beobachten. Er musste aus dieser qualmenden Hölle heraus, sofort! Doch er spürte gleichzeitig, dass ihn der Draugr nicht einfach gehen lassen würde. Der Totengeist hatte wegen Tyark von seiner Mahlzeit abgelassen. Er fühlte Hunger. Ewigen, niemals zu
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