Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
unendlichen, kalten Leere gewichen.
Als die Sonne dem Horizont entgegen eilte, saßen sie immer noch auf der felsigen Anhöhe. Die Schatten der Felsen wurden länger und glitten dunklen Fingern gleich auf die beiden Mädchen zu.
Der kindliche Verstand der Schwarzhaarigen spürte die Veränderung in ihrer Schwester und war doch kaum imstande, zu begreifen oder auch nur zu ahnen, was ihr dort hinter den Augen ihrer Schwester entgegen starrte. Beobachtete.
Später saß die Schwester mit den goldenen Haaren alleine auf dem Felsen, den Blick in sich selbst gerichtet. Und sie saß auch noch da, als die ersten Sterne durch den dunkelblauen Himmel schimmerten. Das helle Blau ihrer Augen schien in der Dämmerung vollkommen verschwunden zu sein, es war nur noch Schwärze in ihrem Blick. Ihre zarten Hände hielten den dunklen Kubus umklammert und ohne es zu bemerken, tasteten ihre Finger die Linien und Vertiefungen ab.
Versprechungen flüsterten aus dem Kubus, erfüllten ihren willigen Geist. Sie würde keine Angst mehr verspüren müssen. Niemals mehr.
Ein verzücktes Lächeln erschien auf ihrem verträumten Gesicht. Ihre Hände öffneten den Kubus fast von allein. Bald schien es, als läge der ganze Kosmos in den Händen dieses Kindes. Eines Kinders, welches längst zu etwas anderem geworden war.
Die Silhouette des Mädchens zeichnete sich auch noch vor dem dunklen Sternenhimmel ab, als es längst Nacht geworden war. Völlig unbewegt saß sie dort, weder nahm sie die Kälte des Felsens unter ihr war, noch die vollkommene Stille dieser kühlen Sommernacht. Keine Nachtvögel, nicht einmal Grillen waren zu hören – der ganze Wald, ja, selbst der Wind, schien still, fast furchtsam zu verharren.
Viel später war dort nicht einmal mehr ein Mädchen, nur unendliches Alter und Leere. Und in dieser Leere starrten zwei dunkle Augen Richtung Süden - wartend, voller Wissen und – und das war das Schrecklichste – voller grausamer, rasender Heiterkeit.
Erst später kehrte das, was einmal eine junge Frau hätte werden können, nach Hause zurück.
Die Schwarzhaarige lag vor Sorge noch wach und umarmte die Heimkehrerin voller Freude. Ein eigentümliches Lächeln lag im Gesicht ihrer Schwester und flüsternd gab diese das Versprechen, dass nun alles gut werde. Sie würde nun für alles sorgen. Niemand bräuchte mehr Angst haben. Niemals wieder.
***
Als Tyark die Augen öffnete, hatte er das Gefühl, noch immer in diesem Traum zu sein. Panische Angst erfüllte seine Brust – er konnte den Rauch der Feuer und das vergossene Blut riechen. Er wollte nicht bei diesen Mädchen sein – die Erinnerung an die blonde Schwester umklammerte sein Herz mit eisiger Faust. Und niemals konnte er sich an ihr Gesicht erinnern! Und fast schien es ihm, als hätte sie vielleicht nie eines besessen.
Drahtige Hände umfassten sein Gesicht und ein nasser Lappen wurde ihm grob durchs Gesicht gewischt. »Es ist alles in Ordnung, Tyark, beruhige dich! Wir sind bei dir!«
Erst jetzt sah er das sorgenvolle Gesicht Zajas vor ihm. Pereo stand im Hintergrund und schaute ihn mit undurchdringlichem Blick an. »Du warst lange ohnmächtig. Und du hast geträumt – und es waren sicherlich keine angenehmen Träume. Du hast geschrien...aber warum bei den 99 Höllen bist du auch zurück in den Qualm gelaufen, du dummer Junge?!«
Zaja half ihm dabei, sich aufzurichten und reichte ihm einen Wasserschlauch, aus dem er sofort gierig zu trinken begann.
Benommen holte Tyark das Ergebnis seiner waghalsigen Aktion aus seinen Taschen: Fünf große Goldmünzen und zwei silberne, die schwer in seiner Hand lagen. Ihre Prägung bestand aus filigranen und verzierten Runen, in der Mitte war abgebildet, was Tyark bereits beim Brunnen als Stein gesehen hatte: Ein Kreis, der an den Seiten von zwei kleineren Kreisen berührt wurde, eine geschwungene, leicht spiralförmige Linie vereinte alle drei und stieg darüber empor.
Während Zaja ihn an der Schulter stützte, sagte sie: »Ich hoffe, es hat sich gelohnt, für das Gold der Nihilim Gesundheit und Leben zu riskieren...!«
Zu Pereo gewandt fügte sie hinzu: »Dass er schlecht träumt ist kaum verwunderlich! Bei den Dingen die wir... gesehen und gespürt haben.«
Ihre Hand begann leise zu zittern und schnell zog sie sie an sich heran.
Pereo trat zu ihnen hinzu und sagte leise: »Wir müssen vorsichtiger sein! Etwas stimmt hier ganz und gar nicht! Ich habe schon gehört, dass in den alten Festungen der Nihilim manchmal ein
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