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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sulz
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haben – ich habe oft den Eindruck, dass es manchmal auch darauf ankommt, wie ein Menschenkind aufwächst.
    Eine Kindheit in Armut, Dreck und Leiden scheint nicht spurlos an der Seele vorbeizugehen, Tyark. Oft sind es gerade solche Menschen, die zu Verbrechern werden – nicht aus Lust oder Verderbtheit, sondern, weil sie es nicht anders gelernt haben.«
    Tyark runzelte die Stirn und kratze sich unschlüssig am Kopf. Goswin lächelte, legte seine kräftige Hand auf Tyarks Schulter und sagte rasch: »Komm Tyark, wir werden für sie heute Abend gemeinsam beten. Und Überlegungen über das Schlechte im Menschen überlassen wir besser den Weisen der Blauen Zitadelle. Lass uns von hier verschwinden.«

    Ohne weiter aufgehalten zu werden, erreichten Sie bald das mächtige Stadttor, an dem auch heute Gardisten die Eintritt Suchenden einer gründlichen Prüfung unterzogen. Tyark erkannte keinen von ihnen. Einer der Gardisten kam auf sie zu und hob abwehrend die Hand, während seine andere eine lange Hellebarde festhielt. Seine grünliche Kleidung mit dem Wappen der Stadt sah irgendwie schäbig aus. »Haltet ein und zeigt eure Passierscheine!«
    Er kniff die Augen zusammen, als er näher trat und sagte dann: »Oh, Bruder Goswin, ihr seid es! Verzeiht, dass ich euch nicht sofort erkannt habe. Ihr seid wieder auf dem Weg zu eurer Zwiesprache mit den Großen Alten? Werdet Ihr wieder erst nach Schließung der Tore zurückkehren?«
    Goswin wog den Kopf und sagte lächelnd: »Seit auch Ihr gegrüßt! Und ja: Wenn es der Wille der Großen Alten ist, dass meine Aufgaben erst nach den Schließzeiten dieser weltlichen Tore erledigt sein werden...«
    Der Gardist machte grinsend eine abwehrende Handbewegung: »Nun, offiziell kann ich dies ja nicht dulden...«, der Blick des Gardisten schweifte dabei kurz über Tyark, »...aber ihr seid natürlich über jeden Zweifel erhaben. Ich habe hier heute Abend Dienst. Kommt also zu diesem Tor und ihr dürft über die Schlupftüre wieder in die Stadt zurück - sollten die Tore bereits verschlossen sein.«
    Der Gardist blickte sich kurz nach einem Bauern um, der in einen lautstarken Streit mit einem anderen Gardisten verwickelt war. Gleichgültig wandte er sich schließlich wieder um und sagte etwas verlegen: »Und wenn ich Euch im Gegenzug um etwas bitten dürfte: Könntet Ihr besondere Fürbitte für meinen kleinen Sohn halten? Er hat das Fieber...«
    Goswin legte seine Hand auf die Schulter des schmächtigen Gardisten und nickte kurz. Der Mann lächelte erleichtert und entließ sie schließlich nach draußen.
    ***

    Sie brauchten noch eine Weile, um am Feldlager und den heruntergekommenen Flüchtlingslagern vorbeizukommen. Doch schon bald standen sie alleine auf einer leichten Anhöhe, von der sie die in der milden Nachmittagssonne liegende Stadt gut sehen konnten.
    Ein frischer Wind fuhr Ihnen in die Kleidung und Tyark atmete erleichtert die reine Spätsommerluft ein und betrachtete den grauen Himmel, vor dem dunkle Wolkenfetzen dahintrieben. Er fröstelte und zog seinen Umhang fester um sich. Goswin brummte: »Es ist außergewöhnlich kalt für diese Jahreszeit. Die Bauern blicken mit großer Sorge auf den kommenden Winter! Auch manche Gelehrten sehen darin kein natürliches Phänomen mehr. Diese Kälte scheint eine gewisse dämonische Komponente in sich zu tragen, auch wenn zurzeit niemand sagen kann, aus welcher Sphäre sie stammt oder was dahinter steckt. Ich sitze zwar nicht direkt an der Quelle, aber anscheinend wissen selbst die Zwölf Weisen nicht so recht, was zu tun ist... Dein Auftauchen hier ist jedenfalls nur ein weiteres Mosaiksteinchen in einem Fresko, welches mir schon jetzt schlaflose Nächte bereitet.«
    Tyark nickte unbehaglich und schaute auf das Flüchtlingslager herunter, in dem geschäftiges Treiben herrschte, ab und zu hallten Rufe zu ihnen herauf.
    Er folgte Goswin in ein kleines Birkenwäldchen, welches am Rand des Hügels wuchs. Nach einer Weile der stillen Wanderung waren sie bald an einer kleinen Lichtung angekommen, auf der Tyark die Reste einer verfallenen Grundmauer erkennen konnte. Ein verfallener Altar ragte aus dem hohen Gras hervor.
    Goswin machte das Zeichen des Ordens und kniete sich vor den Altar nieder. Nach einer Weile stand er ächzend auf und erklärte, während er seinen Blick über die Lichtung schweifen ließ: »Das Gebäude, dessen Reste du hier erkennen kannst, war einst ein Tempel der Großen Alten. Ich nehme sogar an, einer der ersten Tempel

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