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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sulz
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bei den Nihilim, die Dämonen und Geister anbeteten. Wohin dieses Volk dann allerdings verschwunden war, darauf wusste niemand eine Antwort.
    Zurück blieben nur tiefe Bergwerke und gewaltige Felsenfestungen, so manche vollgestopft mit Gold, Edelsteinen und kunstvollstem Schmuck, wie man sich erzählte. Aber manchmal fanden sich darin auch Dinge, die kein Mensch je zu Gesicht bekommen sollte und besser verschollen blieben.
    »Ich möchte dir keine Sorgen bereiten, Tyark. Weißt du. Aber ich habe selbst, als ich noch ein Kind war, einen Freund verloren. Er hatte sich in einen dieser alten Stollen verirrt. Wir haben nur Stoffreste seines Hemdes gefunden. Vom Wind um die Spitze eines Baumes gewickelt. Keiner weiß, wie es dahin gekommen ist. Und niemand hat sich getraut, tiefer in den alten Stollen nachzuschauen.«
    Pereos Pranke fasste sanft Tyarks Schulter und der Krieger lächelte: »Wir werden in vielleicht ein bis zwei Tagen in Schwarzbach sein. Halte dich an mich und es wird dir nichts geschehen.«
    Das verbliebene, ungewöhnlich dunkle Auge zwinkerte ihm zu.
    In dieser Nacht fand Tyark nur wenig Schlaf, ständig hatte er Alpträume von Klauen, die ihn in die Höhe rissen und dann auf die scharfkantigen Felsen stürzen ließen. Umtost vom Gebrüll und Gelächter der Harpyien stürzte er auf die dunklen Felsen zu, den sicheren Tod im Auge - nur um kurz vor dem tödlichen Aufschlag schweißgebadet aufzuwachen. Zitternd lag er dann in der kalten Morgenluft und hörte Pereo neben sich ruhig atmen.
    Das Geschrei der Biester lag ihm noch in den Ohren und während er den Sonnenaufgang beobachtete, kam es ihm fast so vor, als ob in diesem grauenvollen Getöse eine zarte, leise Stimme zu hören gewesen wäre. Eine wundervolle Stimme, die verheißungsvoll seinen Namen flüsterte. Doch in den ersten wärmenden Sonnenstrahlen verblasste das verstörende, zwiespältige Gefühl bald, dass diese Stimme beides gewesen war: warm, voller Liebe und gleichzeitig erfüllt von zeitloser, grausamer Kälte, die sein Herz nur einen Augenblick lang ertragen wollte.
    Der nächste Tag war zwar kühl, aber bemerkenswert schön. War der Himmel die letzten Tage fast stets in tristes Grau getaucht, so war nun endlich die Sonne auch so zu spüren, wie es sich für den Spätsommer auch gehörte. Schnell waren die Schrecken der letzten Nacht vergessen und sogar Pereo wurde für seine Verhältnisse geradezu gesprächig.
    Tyark genoss das Wandern über die zerklüfteten Ausläufer der Grate, welche nun wie eine gewaltige schwarze Wand fast den gesamten Horizont vor ihnen ausfüllten, die schneebedeckten Gipfel in Wolken getaucht. Ein frischer Wind ließ die Bäume rauschen und außer den zahlreichen Bewohnern dieser dichten Wälder war nichts weiter zu hören.
    Pereo schien mit der zunehmenden Nähe zu seinem Heimatort immer besser gelaunt und wurde geradezu gesprächig.
    Pereo schien die normale Kindheit eines Menschen gehabt zu haben, der in diesen gnadenlosen Bergen aufgewachsen war. Eine Kindheit, bestimmt von einer grausamen Natur, die keinen noch so kleinen Fehler verzeihen würde und einem Gebirge, das so schwarz war wie die Geheimnisse, die es in seinem Innersten verbarg.
    Wie Tyark erfuhr, war Pereos Freund aus Kindertagen nur ein Opfer unter vielen, welche die Riesengraten als Tribut für fruchtbare Erde und Bodenschätze forderten. Die Grate nehmen was sie geben war die schicksalsergebene Devise der Menschen hier oben.
    Und doch wurde Tyark bald klar, wie frei das Leben hier oben gleichzeitig sein musste!
    Kein Fürst, ja nicht einmal der Orden ließen sich hier oben häufig blicken. Die Jahreszeiten bestimmten das Leben, noch viel stärker als weiter südlich. Der kurze Sommer wurde schnell von einem grausamen, eiskalten Winter abgelöst. Die Menschen hier waren von ihrer dörflichen Gemeinschaft abhängig, aber sie standen auch füreinander ein: Mit der Natur als stetige, unerbittliche Bedrohung konnte sich niemand hier oben leisten, selbstsüchtig oder einzelgängerisch zu sein, im Gegensatz zu den Menschen in den großen Städten, wie es manchmal den Anschein hatte.
    Auch so können Bande geschaffen werden dachte Tyark im Stillen.
    Gegen Abend brieten sie ein mageres Reh, welches sie dem Wald durch zweistündige Jagd abtrotzen konnten.
    Die blutrot untergehende Sonne war bereits flankiert von dunklen, bedrohlichen Wolken; Pereo erklärte Tyark, wie er Anzeichen der schnell aufziehenden und berüchtigten Stürme der Grate erkennen

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