Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Becher zu stehlen, den Zaja umklammert hielt. Tyark staunte, wie viel Kraft in diesem zarten Körper steckte und er hatte Mühe, Zajas Arme festzuhalten. Die spöttischen Blicke der feinen Gesellschaft waren ihm nun fast vollkommen gleichgültig geworden. Zaja versuchte kichernd und tadelnd zugleich, ihm den Arm zu verdrehen, was ihr auch fast gelang. Dabei kam ihr Gesicht seinem sehr nahe - und wie von alleine schienen ihre Lippen sich den seinen zu nähern. Tyark roch den Duft, der von ihrer Haut aufstieg. Ihr Mund öffnete sich leicht - dann zuckte sie plötzlich zusammen und ihr Gesicht entfernte sich hastig. Tyark versuchte wie betäubt, sie noch etwas festzuhalten, doch sie schüttelte nur hastig den Kopf. Dann verschwand sie rasch zwischen den Herrschaften, während Tyark zurückblieb und nicht so recht wusste, was gerade passiert war.
Der Fürst schien seine Ausführungen nun endgültig beendet zu haben, denn die Musikanten begannen wieder zu spielen. Die Gäste eilten wieder zu ihren Sitzplätzen an den Tafeln oder standen in kleinen Grüppchen zusammen und unterhielten sich über das, was sie gerade gehört hatten.
Tyark spürte, wie fehl am Platz er hier war und unschlüssig blickte er im Raum umher. Zaja konnte er nicht entdecken und so begann er, in Richtung einer großen Gruppe von Männern zu laufen, aus deren Mitte er die tiefe Stimme des Fürsten vernahm.
Plötzlich blieb er stehen und blickte sich irritiert um. Er hatte etwas Seltsames gespürt, fast wie ein leises Wispern. Er stand direkt neben einem kleinen Durchgang, der aus dem Festsaal herausführte. Einige eilige Diener huschten hinein und wieder heraus. Mit unsicheren Schritten trat Tyark in den kleinen Gang, an dessen anderem Ende er Teile einer Küche sehen konnte. In der Mitte des Ganges war eine kleine Einbuchtung zu sehen, vor der eine Wache stand, die sich angeregt mit einem der Dienstmädchen unterhielt.
Tyark spürte deutlich eine Ahnung in sich aufsteigen. Etwas schien ihn genau zu dieser Ausbuchtung hinzuziehen. Er ahnte, dass er dort eine Tür finden würde. Dahinter eine Treppe, die nach unten führen würde. Tief in den Bauch der Burg.
Vom Alkohol spürte er nun nichts mehr, fast wie von alleine gingen seine Beine zu der Ausbuchtung im Gang. Tatsächlich war dort eine eisenbeschlagene Tür.
Die Wache, ein sehr junger Kerl mit spärlichem Bartwuchs, wandte sich zu ihm um und musterte ihn fragend. »Hoher Herr? Kann ich Euch irgendwie weiterhelfen?«
Tyark bemerkte, dass die Wache nicht so recht wusste, ob er zu den geladenen adligen Gästen gehörte oder nicht – seine Kleidung war zwar nicht so prachtvoll wie die der adligen Herren, aber er bezweifelte, dass die Wache viel Ahnung davon hatte. Er konzentrierte sich und sprach mit lauter, fester Stimme: »Wache! Sagt, wohin führt diese Tür?«
Der Kerl vor ihm schien kurz unschlüssig, dann antwortete er folgsam: »Hoher Herr! Dieser Tür führt zum Weinkeller! Ist kein Wein mehr da? Ich werde sofort dem Gesinde Bescheid sagen!«
Das Dienstmädchen knickste leicht und bot sich bereits an, die Tür zu öffnen. Tyark bemerkte aus dem Augenwinkel, wie das Mädchen dabei kurz bleich wurde – ein Schatten von Angst hatte sich auf ihr mädchenhaftes Gesicht gelegt. Doch Tyark sagte schnell und bestimmt: »Nein, ich werde mir selbst den Wein holen. Macht Platz!«
Die Wache und das Dienstmädchen wechselten ein paar Blicke, dann folgten sie Tyarks Befehl und öffneten ihm die Tür. Wahrscheinlich nahmen sie an, dass Tyark sich selbst in den Vorräten bedienen wollte – etwas, das ein Adliger einzig vor den anderen Vertretern seines Standes zu verantworten hätte.
Tyark blickte in einen engen, dunklen Gang, in dem eine steinerne Treppe steil nach unten führte. Gusseiserne Lampen waren in Halterungen an der Wand angebracht, hinter dünnen Hornplättchen sah Tyark Kerzen unruhig flackern. Die Lampen verströmten einen rußigen Geruch und gaben nur schwaches Licht, sodass er vorsichtig sein musste.
Hinter sich hörte er das Stimmengewirr des Festes leiser werden. Als er alle Stufen heruntergestiegen war, konnte er auch die Musik nur noch sehr leise vernehmen. Er zuckte leicht zusammen, als die schwere Tür hinter ihm zuschlug.
Hier unten spürte er nun deutlich ein beklemmendes, dunkles Gefühl, welches wie Nebel um die zahlreichen Weinfässer zu strömen schien, welche auf Holzböcken aufgebaut waren. Er hörte ein Wispern und fuhr zusammen. Mit klopfendem Herzen blickte er
Weitere Kostenlose Bücher