Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
schwer. Eine betäubender Lärm aus diversen Dialekten und Sprachen waberte durch die Luft. Zum Glück war allerdings die Kaisersprache hier recht weit verbreitet, auch die meisten Händler sprachen sie fließend.
Von einer vielleicht 15 Jahre alten dunkelhäutigen Frau mit ungewöhnlich hellen Augen erfuhren sie, dass ganz in der Nähe ein kleinerer Tempel der Großen Alten zu finden sei. Der einzige außer der großen Basilika in der Altstadt, womit sie wohl alles innerhalb der zweiten Festungsmauer meinte, die Tyark aus der Ferne gesehen hatte. Tyark bedankte sich höflich und beratschlagte sich dann mit Muras, wo sie es zuerst versuchen sollten. Da sie wahrscheinlich Schwierigkeiten mit dem Zutritt zur Altstadt bekommen würden, beschlossen sie, es in dem kleinen Tempel hier zu versuchen.
Schließlich standen sie vor einem kleinen Gebäude, an dessen Front das unverkennbare Symbol des Ordens angebracht war. Die hellen Steine der Mauern waren aufwendig verziert und wurden von dem typischen spiralförmigen Dach überragt. Tyark öffnete die schlichte Tür zum Andachtsraum und wartete, bis sich seine Augen an das dämmerige Licht gewöhnt hatten. Reflexhaft wollte er die übliche Geste vollführen, mit der Besucher der Tempel ihre Ehrfurcht vor den Großen Alten bekräftigten. Doch nachdem seine Finger die Stirn berührt hatten, ließ er seine Hand kraftlos sinken. Wie sinnlos und geradezu lächerlich ihm die Geste nun vorkam! Als würde es die zahllosen Knochen dieser zerstörten Welt noch interessieren...
Er atmete tief ein und trat dann entschlossen in den Tempel ein. Während Muras hinter ihm eintrat und die Geste der Alten vollführte, blickte sich Tyark um. Das Zeichen der Alten thronte auf einem steinernen Podest, welches mit kunstvollen, goldglänzenden Beschlägen verziert war. Seidene Tücher schmückten den Altar sowie die eleganten Säulen, die das Dach des Tempels trugen. Tyark wunderte sich still. Hatte Goswin nicht gesagt, dass sich der Orden einst das Gebot der Bescheidenheit auferlegt hatte? Davon war hier nicht viel zu spüren.
Plötzlich erhob sich eine dunkle Gestalt aus einer Ecke des Altarraums und kam ihnen mit der Geste der Alten entgegen. Ein blonder Mann, vielleicht 30 Jahre alt, mit wachen Augen und sonnengebräunter Haut lächelte sie an und sagte mit leichtem Akzent: »Die Großen Alten seien mit euch! Mein Name ist Bruder Charisch. Es ist mir eine Freude, neue Gesichter in diesem bescheidenen Tempel begrüßen zu dürfen! Darf ich euch ein Gebet anbieten?«
Muras trat vor und wollte bereits zustimmen, da unterbrach Tyark ihn: »Nun, danke, Bruder. Wir haben leider wenig...Zeit und sind nur auf der Durchreise. Wir wollten nur nachfragen, ob Ihr zufällig Nachrichten für uns verwahrt? Von einem eurer Mitbrüder. Bruder Goswin. Zuletzt dürfte er in Lindburg im Süden gewohnt haben.«
Bruder Charisch runzelte die Stirn und verneigte er sich kurz. Dann sagte er sanft: »Ich respektiere Euren Wunsch, nicht mit mir zu beten. Aber vielleicht kommt Ihr am Abend vorbei, wir veranstalten hier jeden Abend eine Andacht. Es wird Euch sicher gut tun! Aber um auf Eure Frage zurückzukommen: Ich habe keine Nachrichten von einem Bruder Goswin in Verwahrung.«
Tyark spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte. Der Bruder fuhr zögerlich fort: »Aber vielleicht fragt ihr ihn doch einfach selbst, was er euch mitteilen wollte? Bruder Goswin ist meines Wissens seit längerem in der Basilika. Wendet euch doch bitte an den Kommandanten der Stadtwache am Roten Tor zur Altstadt. Bestellt ihm einen schönen Gruß von mir und er wird euch zumindest bis zur Basilika gehen lassen.«
Es war, als fiele der ganze Lor von Tyarks Herzen, auch Muras atmete erleichtert laut aus. Sie bedankten sich knapp beim verdutzten Bruder und bahnten sich ihren Weg zur zweiten Mauer. An einem großen, rot gefärbten Tor suchten sie die Quartiere der Stadtwache auf und wartete darauf, von dem genervten Kommandanten in Empfang genommen zu werden. Der Gruß des Bruders reichte tatsächlich aus, dass sie zumindest vorübergehend die Altstadt betreten durften, was ansonsten nur Adligen oder Händlern gestattet war.
Die Gebäude hier waren deutlich aufwändiger und größer. Auch die Händler hatten keine schlichten Holzwägen vor sich stehen, sondern hatten feste Läden, in denen sie ihre Wahren feilboten. Das Gewimmel der Menschen war in diesem Viertel so groß wie in den anderen, allerdings war das Publikum hier häufiger von
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