Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Immer wieder tauchte die Darstellung von Augen auf. Das Tor hatte weder Klinken noch Griffe und so war Tyark ratlos, wie er eintreten sollte. Er drückte gegen das eiskalte Tor, das aber keine Haaresbreite nachgab. Dann stemmte er sich mit dem Rücken dagegen, doch das Ergebnis war dasselbe. Dann versuchte er, mit der Schulter dagegen zu drücken, am Schluss nahm er sogar Anlauf dazu – doch die Tür gab nicht nach.
Tyark wurde wütend. Er hatte nicht all die Opfer gebracht, um jetzt vor einer verdammten Tür zu stehen und nicht hinein zu kommen! Er trat gegen das Tor. Sein Tritt klang dumpf und es fühlte sich an, als habe er gegen massiven Fels getreten. Aus Wut schlug er mit seiner Klinge dagegen. Sein Schwert klirrte bedenklich, an der Tür blieb nicht der kleinste Kratzer. Verblüfft verharrte Tyark eine Weile. Dieses Tor war mit Sicherheit keine einfache Tür.
Denk nach! Beruhige dich! Tyark schloss die Augen und konzentrierte sich. Schon bald gelang es ihm, aus seinem Körper zu springen und in das fahle Zwielicht einzutauchen. Alles um ihn herum schien zu leuchten, das Tor vor ihm war so grell, dass er kaum hinblicken konnte. Es wirkte ganz anders. Dünner und geradezu zerbrechlich schön. Tyark streckte seine Hand aus und spürte ein Kribbeln, als er die glatte Oberfläche des Tores berührte. Lautlos schwang das Tor auf und gab einen lichtdurchfluteten Raum preis, der Tyark dermaßen blendete, dass er nicht hineinblicken konnte. Aber er spürte eine Präsenz darin. Etwas Altes. Etwas, das auf ihn wartete.
Tyark ließ sich rasch in seinen Körper zurückgleiten und öffnete die Augen. Das goldene Tor war offen.
Er trat hindurch und blickte in eine gewaltige, kreisrunde Halle, welche so hoch war, dass er ihre Decke in Dunkelheit versank. In regelmäßigen Abständen waren große quaderförmige Steinplatten in die Wände eingelassen, die kunstvoll mit Fresken verziert waren. Tyark schwindelte als er sah, dass neben dem schmalen Pfad, auf dem er stand, ein tiefer Abgrund gähnte. Vorsichtig versuchte er, den Grund zu erkennen, aber trotz des allgegenwärtigen, dämmrigen Lichts, konnte er nichts als Schwärze sehen. Titanische Säulen ragten aus der scheinbar unendlichen Tiefe unter Tyark nach oben und verschwanden oben wieder in der Dunkelheit.
Staunend betrachtete Tyark gewaltige Bücherregale aus solidem Fels, die wie Speichen eines Rades aus der Mitte der Halle ausgehend zu den Seiten hin strebten. Große Steinplatten lagen darin. Als Tyark sich vorsichtig vorbeugte sah er, dass sie über und über mit geheimnisvollen Symbolen beschriftet waren. Diese flimmerten leise und schienen manchmal sogar ihre Form zu verändern. Tyark blickte sich staunend um. Dies musste ein einziges, gigantisches Archiv sein, eine Bibliothek unermesslichen Wissens!
Er folgte dem schmalen Steg, der sich von der Wand mit der goldenen Tür bis zu einem breiten Mittelgang schwang, der in einem großen Kreis die ganze Halle zu umfassen schien. Von ihm aus gingen weitere Stege aus, die in einiger Entfernung wiederrum in einem etwas kleineren Kreis mündeten. Von diesem zweiten Innenkreis aus konnte es nicht mehr weit bis zum Zentrum der Halle sein. Tyarks Sicht war durch die unzähligen Büchergestelle versperrt, aber er ahnte bereits, was er in der Mitte der Halle finden würde.
Mit unischeren Schritten begann Tyark, auf den äußeren Innenkreis zuzulaufen. Dann wurden seine Schritte sicherer. Nebenbei bemerkte er, dass in die Bodenplatten bunte Mosaike eingelassen waren. Es waren verstörende Darstellungen darauf zu sehen. Einige von ihnen schienen Menschen darzustellen, andere seltsame Kreaturen, wie sie Tyark noch nie gesehen hatte. Andere wiederrum schienen widernatürliche Verbindungen beider darzustellen. Sexuelle Darstellungen gingen nahtlos in solche mit nackter Gewalt über, manchmal war auch beides gleichzeitig dargestellt. Die verstörenden Darstellungen wirkten so befremdlich auf Tyark, dass er kaum länger hinblicken konnte – er hatte das Gefühl, von den seltsamen Abbildungen förmlich aufgesogen zu werden, wenn er noch länger hineinblickte.
Er zwang sich, seinen Blick davon zu lösen und folgte einem kleineren Verbindungssteg in Richtung des zweiten Innenkreises. Er warf einen erneuten Blick auf die Bodenmosaike und ihm stockte der Atem. Zunächst schienen hier Landschaftsmotive dargestellt zu sein, doch dann sah Tyark, dass es apokalyptische Landschaften der Zerstörung waren. Menschliche Schädel lagen in
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