Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Hochgebirge.«
Jobdan trank einen tiefen Schluck aus seinem Krug und sprach dann weiter: »Es ist bereits Dorfgespräch. Aber ich muss euch enttäuschen: Die Suche nach den Kindern ist vollkommen sinnlos. Sie sind tot. Oder Schlimmeres. Wir haben nach ihnen gesucht, viele Tage lang. Nur die Großen Alten wissen, was Rynn mit dem armen Kleinen gemacht hat, dieser verfluchte Bastard.«
Mit einer abfälligen Geste in Richtung Zaja fuhr er fort: »Wie ich sehe, schickt der Orden einen weiteren seiner Diener. Willst du nun den Rest von uns auch noch fortbringen? In die Berge? Zu...«
Er vollendete den Satz nicht und machte eine abweisende Geste.
Tyark bemerkte ein kaum spürbares Beben in Zajas Stimme, als sie leise sagte: »Ja, der Orden hat mich geschickt, um zu überprüfen, was hier – vorgeht. Falls ein Verbrechen vorliegt, bin ich befugt, dem Obersten in Lindburg Bericht zu erstatten und weitere Maßnahmen anzufordern. Aber ich versichere dir, dass ich genauso betroffen bin, wie alle anderen hier! Und du kannst mich nicht für die Verbrechen eines anderen verantwortlich machen. Ich bin bereit, für seine Sünden zu büßen, wenn dadurch auch nur eines der Kinder gerettet werden könnte!«
Den letzten Satz sprach sie betont laut und Tyark war sicher, dass er seine Zuhörer finden würde. Jobdan schnaufte nur leise und klammerte sich fester an seinen Krug. Pereo setzte sich nun ebenfalls zu ihnen und begrüßte Jobdan mit kräftiger Stimme und schob ihm einen weiteren Krug zu. Dieser zögerte kurz, nickte dann aber doch und sagte leise: »Ich verstehe eure Gründe und ich halte sie für ehrenvoll. Wenn auch vergeblich! Dort oben fällt es erwachsenen Männern schwer zu überleben, eine Schar Kinder ist unweigerlich dem Tod geweiht! Seit sie verschwunden sind, gehe ich nicht mehr ins Hochgebirge jagen. Der verfluchte Bruder des Ordens soll dort oben meinetwegen verfaulen. Wenn ihr ihn dennoch suchen wollte, habt ihr mein Mitgefühl. Aber mehr könnt ihr nicht von mir verlangen.«
Mit einem tiefen Zug trank er seinen Krug aus und fischte nach dem neuen. Pereo schien nach den geeigneten Worten zu suchen, als Tyark, der Jobdan die ganze Zeit aufmerksam beobachtet hatte, anfing zu sprechen: »Du hast Angst.«
Tyark bemerkte, wie Pereo und Zaja überrascht ihre Gesichter zu ihm wandten. Jobdan setzte den neuen Krug ab und entgegnete zornig: »Angst? Ich habe mein ganzes Leben in diesen Wäldern und dem Hochgebirge verbracht! Ich habe keine Angst davor, aufzubrechen! Nur denke ich, dass es sinnlos ist! Ich...«
Tyark unterbrach den Jäger und ließ sich von seiner Intuition leiten, die ihm in diesem Moment so unheimlich wie vollkommen richtig erschien: »Du hast keine Angst vor dem Hochgebirge. Du hast Angst vor etwas, das du dort gesehen hast. Und du hast Angst, wieder Verantwortung für ein Leben, vielleicht sogar einen Tod übernehmen zu müssen.«
Zaja öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch schloss ihn dann wieder wortlos. Pereo kratzte hörbar seinen Bart, doch auch er sagte nichts.
Jobdan schaute Tyark mit wässrigen Augen an und sagte lange Zeit nichts. Plötzlich begann er zu schluchzen und vergrub sein Gesicht in den Händen. »Ich wollte nicht, dass Berens stirbt, er war mein Freund! Ich hätte alles getan, um ihn zu retten! Alles! Aber...«
Er sprach nicht weiter und Tyark fragte leise: »Was hast du gesehen, Jobdan? Erzähle es uns!«
Jobdan wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und begann mit brüchiger Stimme zu erzählen. Er sprach lange, nur unterbrochen von einigen wenigen Schluchzern.
Sie erfuhren, dass Jobdan mit seinem Freund Berens tagelang im Hochgebirge unterwegs gewesen waren. Die ersten Suchen nach den Kindern waren allesamt erfolglos geblieben und so waren die beiden aufgebrochen, einen letzten Versuch zu starten. Zunächst hatten sie angenommen, dass der Bruder die Kinder unmöglich so weit ins Hochgebirge hatte bringen können. Doch am vierten Tag ihrer Suche hatte Jobdan in einer schlammigen Senke den kaum noch zu erkennenden Fußabdruck eines Kindes gefunden. Das raue Wetter hatte den Abdruck fast vollkommen unkenntlich gemacht, doch Jobdan war sich sicher, dass die Kinder hier vorbeigekommen sein mussten. Allerdings war vollkommen unklar, was Rynn soweit im Hochgebirge gesucht hatte und wie er es mit so vielen Kindern den Aufstieg überhaupt geschafft haben konnte! So weit oben waren keine Siedlungen zu finden, höchstens einsame Niederlassungen von verzweifelten
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