WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
scha rfen Krallen in den Rücken und biss zu. Doch Mortiferus bekam nur den Stoff der Robe zu fassen.
„Verderbter Seelenkater! Lass ab!“ Die Stimme des Todes war schrill, füllte mit ihrem disharmonischen Klang das Zimmer. „Nicht deine Sache, nicht deine Sache!“
Ein heftiger Ruck nach vorne und der Kater verlor den Halt. Erneut wirbelte er durch die Luft, doch diesmal unkontrolliert. Hart schlug er auf dem Boden nieder, schüttelte seinen Kopf, der Blick benommen.
Die Sense des Todes schnitt erneut durch die Luft, hielt auf den Schä -del Mortiferus zu. In diesem Augenblick erlosch die Lebensflamme der Alten, machte sie ihren letzten Seufzer. Ein weißes Licht löste sich aus ihrem Körper, verdichtete sich zu einem hellen Ball. Wärme erfüllte den Raum, denn eine gute Seele war auf dem Weg in die Ewigkeit. Einzig ein Band aus flirrendem Silberlicht hielt sie noch.
„Mein! Sie ist mein!“ Der Tod kreischte, schlug mit der Sense einen Bogen von Mortiferus hinweg zum Silberband. „Du bist zu spät.“
Der Kater spürte die behagliche Wärme der Seele, sah die Gefahr. E rneut stieß er sich ab, warf sich dem Sensenblatt in den Weg. Die Schneide schnitt durch Fell, Haut und Fleisch. Mortiferus wurde gegen die Wand geschleudert und kam auf dem Bett zu liegen. Der Körper des Katers bebte – bebte vor Wut und gerechtem Zorn.
Das Blatt des wahren Todes hätte sein Leben gekostet. Doch die Sen -sen der falschen Tode besaßen keine echte Macht. Sie dienten nur zum schmerzlichen Zerschneiden des Bandes und fingen die Seelen der Un-glücklichen. Der wahre Tod hatte den Dämonen und Teufeln das Feld überlassen. Er war hinfort, innerhalb eines Augenblicks verschwunden.
Mortiferus hatte diese plötzliche Leere im Multiversum gespürt.
Er war ihr gefolgt und hatte erkannt, was diese Leere für das Leben und die Seelen bedeutete. Und so stellte sich Mortiferus den Höllenwesen, die als falsche Tode auf Seelenraub gingen.
Die Wunden des Katers schlossen sich fließend und der Tod erstarrte in seinen Bewegungen. “Was?“ Ungläubig blickte er auf seinen Feind hin, vergaß gar den Seelenraub. „Seelenkater …“
Ein letztes Mal sprang Moriferus auf seinem Feind zu, warf sich des Katers Körper dem Gesicht der Höllenkreatur entgegen. Die Krallen schlugen unter die Kapuze, fuhren tief in waberndes, weiches Fleisch. Fauliger Geruch erfüllte den Raum, dann sank der falsche Tod in sich zusammen, wurde zu Nichts. Er war hinfort.
Eine Aufgabe blieb noch zu erledigen.
Die Seele musste ihrer Bestimmung zugeführt werden, musste den letzten Weg gehen. Doch diese Seele war rein und Mortiferus überließ ihr die Entscheidung. Mit seinen Krallen zerschnitt er sauber das See -lenband. Der Kopf des Katers lag schräg und sein neugieriger Blick betrachtete die Seele. Ihre Entscheidung war gefallen.
Das Licht und die Wärme der Seele verdichteten sich, zogen sich z usammen, nahmen Form und Gestalt an. Eine Katze erblickte das Licht der Welt, eine weitere Seelenkatze, eine Wächterin des Todes.
Licht in der Finsternis
Christiane Kromp
Es war kein großer Wald, nur ein Stück Natur in einer zersiedelten Kulturlandschaft. Und ich brauchte Ruhe zum Nachdenken, nachdem mich mein Arzt mit der Diagnose Darmkrebs geradezu niederge-schmettert hatte. Ich würde bald operiert werden müssen. Mir war, als sollte ich ausgeweidet werden.
Am Nachmittag war ich hier gewesen und zuerst hatte ich den Spazier -gang genossen. Doch jetzt wurde es langsam dunkel und ich schlug mich immer noch durch das Gehölz. Ich fand einfach nicht mehr hinaus, der Weg, auf dem ich mich befunden hatte, endete blind, und selbst als ich mich umschaute, waren um mich nur Bäume und Unter-holz. Am Nachmittag war es trocken gewesen, doch an dem leisen Rauschen und den Tropfen, die mich durch die Finger der Bäume er-reichten, musste ein leichter Schauer eingesetzt haben. Wind erhob sich und flüsterte in den Blättern, hielt Zwiesprache mit dem Regen in den Bäumen. Fröstelnd zog ich meine Windjacke enger um mich, rollte die dünne Haut der Kapuze über meinen Kopf. Ein unheimliches Heulen setzte ein, schwer zu sagen, woher es kam. Es schien den ganzen Wald zu füllen.
Wölfe? Ungläubig runzelte ich die Stirn. Ich hatte noch nie gehört, dass sich hier ein Rudel dieser Tiere verirrt haben sollte. Bis es ganz dunkel war, musste ich hinausfinden aus dem Wald, nur die Bäume nahmen
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