WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
nsahen. „Du hast gesagt, du hast dich nie getraut deine Adoptiveltern zu fragen, wie alt sie werden. Verstehst du dich nicht gut mit ihnen?“
Malina sah Thomas überrascht, fast schon beleidigt an. „Oh, ich ver-stehe mich super mit ihnen! Immerhin haben sie mich aufgenommen und sorgen für mich.“
„Reicht dir das denn?“, wollte Thomas wissen.
Malinas Gesichtsausdruck veränderte sich ein wenig, als sie begann nachzudenken. „Du meinst, ob sie mich lieb haben, obwohl ich ein Mensch bin? Ja, das haben sie. Und ich hab sie auch lieb.“
„Aber …“ Thomas ließ das Wort in der Luft hängen und beschloss, der Frage nicht weiter nachzugehen. Entweder Malina log aus Loyalität ihren Eltern gegenüber oder weiß der Himmel warum, oder sie hatte es sehr viel besser getroffen als Thomas. Hatten seine Eltern ihn lieb? Sie behaupteten es, ja. Aber war das wirklich so? Hatte er sie lieb? Er wus ste es nicht. Würde er sie vermissen? Vielleicht. Vermutlich nicht.
Malina lebte natürlich auch in einem der gewaltigen Häuser der dra -chenähnlichen Wesen. Thomas folgte ihr schüchtern durch die riesige Eingangstüre, die sich vor Malina von selbst öffnete und hinter den beiden Kindern genauso automatisch und vollkommen lautlos wieder schloss. Im Haus sah es fast so aus wie bei Thomas zu Hause – nur dass alles viel, viel größer war.
„Mama, Papa! Ich bin zu Hause!“, rief sie fröhlich.
„Wir sind im Wohnzimmer“, kam eine freundlich klingende Frauen-stimme als Antwort.
Thomas folgte Malina durch den großen Flur zu einer weiteren Tür, die sich ebenfalls von selbst öffnete. Der Raum dahinter sah tatsächlich wie ein normales Wohnzimmer aus, wobei Thomas der offene Kamin sofort auffiel. Auch hier war alles viel größer, als wäre es für Riesen g emacht. Und dann sah Thomas sie: in gemütlich aussehenden Sesseln saßen zwei der Drachenwesen. Äußerlich unterschieden sie sich nur dadurch, dass der eine zwei lange Hörner hatte, die ihm aus der Stirn ragten, und der andere einen farbenprächtigen Schuppenkamm auf dem Kopf hatte, der alle nur möglichen Schattierungen von rot bis violett aufwies.
„Das ist Thomas“, erklärte Malina ihren Adoptiveltern. „Er ist neu in der Stadt.“
„Na , dann willkommen“, erklärte der Drache mit dem Schuppenkamm. Es war der mit der freundlich klingenden Frauenstimme. Das war dann wohl Malinas Mutter.
„Auch von mir ein Willkommen“, sagte nun auch der Drache mit den beiden Hörnern. Seine Stimme klang männlich und freundlich und zugleich ein wenig bedrohlich.
„Möchtest du zum Essen bleiben?“, fragte Malinas Mutter. „Es ist schon fast Zeit dazu.“
Thomas nickte. „Sehr gern, wenn ich darf. Ich werde nicht allzu bald zurückerwartet“, log er. Wenn hier alle so nett waren, war es am besten, überhaupt nicht mehr zurückzukehren.
Malinas Vater stand elegant aus sein em Sessel auf und schlurfte davon, wobei sein langer Eidechsenschwanz über den Boden schleifte. Kurze Zeit später kam er mit einem ulkig aussehenden Stuhl zurück. Genauso einer stand bereits am Tisch und es war offensichtlich, dass dieser für Thomas gedacht war: Der Stuhl war höher als gewöhnliche Stühle und erinnerte an einen Kindersitz. An der einen Seite war eine Leiter an-gebracht, sodass auch Leute wie Thomas bequem hochklettern und so mit am Tisch sitzen konnten. „Setz dich“, forderte er Thomas auf.
Malina begann nun an dem anderen Stuhl hochzuklettern und setzte sich oben drauf. Thomas tat es ihr gleich. Dann stand Malinas Mutter auf und brachte das herrlichste und leckerste Essen rein, das Thomas je gekostet hatte. Es gab Fleisch und Gemüse, aber was genau das war, wusste Thomas nicht. Er hatte so etwas nie zuvor gesehen.
Nachdem sie fertig waren, fragte Malinas Mutter: „Möchtest du über Nacht bleiben? Oder erwarten dich deine Eltern zurück?“
„Ich würde gern bleiben“, antwortete Thomas begeistert. „Meine Eltern vermissen mich nicht.“ Und meine Adoptiveltern sind mir egal, setzte er in Gedanken hinzu.
So blieb er bei Malina und den Drachen. Die Tage vergingen und er bewunderte Malina und ihre Familie immer mehr dafür, wie harmo -nisch sie miteinander auskamen. Insgeheim fragte er sich jedoch, ob die Drachen die Freundlichkeit und Zuneigung nur spielten, so wie es seine Eltern bei ihm taten. Konnten sich diese gewaltigen Echsenwesen wirklich so sehr für die Menschen interessieren, dass sie selbstlos ein so winziges und gebrechliches Geschöpf
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