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WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

Titel: WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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fügte niemand mehr etwas hinzu und so saßen sie nur da und starrten in die schwächer werdenden Flammen. Es wurde still um sie her, nur ab und zu raschelte eine Zeltplane im Wind. Als jemand hus-tete , zerriss dieses Geräusch für einen Moment die Nacht, die sich gleich jedoch wieder zusammenfügte, dichter noch und dunkler als vorher. Nach und nach gingen die Soldaten und legten sich erschöpft wie sie waren, endlich schlafen.
    Genau ein Jahr später. Der falsche König war besiegt. Die Strippen-zieher dieser Marionette lagen endlich im eigenen Blut. Das Land war frei und der Krieg zu Ende. Zumindest der auf dem Schlachtfeld.
    Die Suche eines Nachfolgers war nun Sache der Politik und das interes-sierte Ralek kaum. Er würde in sein Dorf zurückkehren können. Er hatte überlebt. Wie sonst nur so wenige.
    Dichte graue Wolken hingen so tief am Himmel, als seien sie in der Nacht heimlich auf der Erde gewesen und schlichen nun erst, langsam wie ein ertappter Dieb, zurück an ihren Platz. Die blasse Morgensonne verbarg sich noch dazu hinter den dünnen , kahlen Ästen der vielen Bäume, unter denen Ralek entlang marschierte.
    Er atmete die erste Luft seit Monaten, die nicht nach Staub und Schweiß stank. Nicht nach Blut oder Angst. Frisches Gras spross zw ischen den breiten Stämmen und war noch nass vom Tau. Irgendwo wagte es sogar ein Vogel, sein Lied anzustimmen. Erste Blumen öff-neten ihre Kelche, bildeten dichte weiße Felder, die aussahen wie ein letzter Nachruf auf den endgültig gegangenen Schnee. Es war ein schö-ner Tag. Unwirklich wie ein Traum, nach all dem Grauen, dem Schlach-ten und Sterben.
    Der Schrei einer Krähe unterbrach plötzlich das zögernde Gezwitscher des anderen Vogels. Dunkel und anklagend. Ralek erschauerte. Er hatte diesen Ruf schon so oft gehört. Wusste was er nur allzu häufig be-deutete. Ohne darüber nachzudenken blieb er stehen und lauschte. Der Ruf kehrte wieder. Und wieder.
    Zögernd, nicht wissend, ob er wirklich noch mehr Tod ertragen konn-te, jetzt wo endlich alles vorbei war, setzte Ralek sich in Bewegung und folgte dem einsamen Laut.
    Er fand was er befürchtet hatte. Dort, mitten zwischen den Bäumen, umkränzt von zarten weißen Blüten, lag eine einzelne Gestalt. Reglos wie ein Stück Holz.
    Sie war groß. Das Kettenhemd zerrissen, ein gewaltiges Schwert neben sich im Gras. Das bleiche Gesicht verschwand fast gänzlich unter einer zottigen Mähne nachtschwarzen Haares. Am breiten Gürtel des Man-nes hing eine Kette aus Krähenschädeln, welche Raleks Blick blind er-widerte. Ein seltsamer Geruch ging von ihm aus, wie nasses Eisen oder altes Blut. Er kannte diesen Mann. Hatte ihn oft gesehen im letzten Jahr, seit jenem Tag, an dem er ihm und allen seinen Mitstreitern das Leben gerettet hatte. Der jedes Mal gekämpft hatte wie ein Verrückter und dem es mithin zu verdanken war, dass der Krieg so ein schnelles Ende gefunden hatte. Es war der Söldner. Und er war tot.
    Ehrfürchtig blieb Ralek stehen und sah hinab auf die Leiche. Er konnte keine Wunde entdecken, kein Blut. Was konnte diesen Mann getötet haben? Und warum war er hier gestorben, mitten im Wald, verlassen von seinen Leuten und Bewunderern?
    Vorsichtig kniete der junge Soldat sich hin und schob die verfilzten Haare aus dem Gesicht des Toten. Die Augen dahinter, stahlgrau wie das Metall seiner Waffe, waren geöffnet und sahen ein wenig verblüfft aus. Viel erstaunlicher aber waren die Lippen. Auf ihnen lag etwas, was man zu Lebzeiten des Mannes dort nie gesehen hatte. Der Anflug eines Lächelns.
    Ralek konnte selbst nicht genau sagen warum, aber er wusste später noch, dass er geweint hatte. Als Einziger dort, im stillen Wald und dem Toten die letzte Ehre der Trauer erwies. Dass in diesem Moment alles , was er erlebt hatte, nach draußen brach und seinen Körper schüttelte wie in Krämpfen. Stunden, so schien es. Bis ihn, eine Bewegung in den Augenwinkeln, aus seiner Trance riss. Die Krähe, die ihn hergeführt hatte. Sie saß auf einem nahen Ast, schlug nun mit den Flügeln, erhob sich und flatterte schwerfällig Richtung Himmel.
    Vielleicht lag es an seinem verschwommenen Blick, vielleicht verwirrten auch nur die leuchtend weißen Blumen seine Wahrnehmung, aber jedes Mal, wenn Ralek die Geschichte später jemandem erzählte, schwor er steif und fest, die Krähe sei durchscheinend gewesen, fast wie aus Glas. Und wer in sie hinein sah, konnte dort sein eigenes Spiegelbild

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