WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
teilen. Ohne jedes Ziel. Es ist der Krieg, durch den sie leben und somit auch das einzige, wofür sie es tun. Genauso wie er.“
„Das klingt tatsächlich ziemlich traurig“, gestand Ralek und warf ihr einen Seitenblick zu. „Aber gilt das nicht, verzeiht mir bitte, für alle Söldner?“
Ihre Miene wurde eine Spur grimmiger. „Nein. Es gibt zwar viele von uns, die nichts anderes können als zu töten, aber das muss nicht heißen, dass sie sich nichts anderes wünschen. Auch wenn sie ihre Ziele wohl nie erreichen werden, so haben sie zumindest welche.“
„Ich wollte nicht ...“, fing Ralek an, doch sie unterbrach ihn. „Glaubt es oder nicht, aber auch wir haben noch Träume.“
Er sah betreten zu Boden.
Die Fremde sagte nichts mehr, kurz darauf machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder, sodass Ralek allein zurückblieb. Die Gestalt unten war nun ebenfalls verschwunden. Der junge Soldat seufzte, verfluchte ein wenig seine Ungeschicktheit und verließ ebenfalls den Hügelrand.
Ziellos schlenderte er durch das Lager, bis er eine St imme hörte, die ihm bekannt vorkam. Rau und trocken, als würde sie nicht oft und dann auch nur kurz gebraucht werden. Ralek hielt inne. Ihr Besitzer hatte ihn heute vor einem schlimmen Fehler bewahrt und er hatte sich noch nicht bedankt.
Der Mann saß zusammen mit anderen Soldaten an einem kleinen Fe uer, das der aufziehenden Abendkühle noch trotzte. Helle Funken brachen aus dem knackenden Holz und schwebten hinauf in die Freiheit des unendlichen Himmels, wo sie kurz darauf erloschen. Ihr Licht tanzte auf den ernsten Gesichtern und spiegelte sich in schimmernden Waffen.
Ralek trat dazu, wechselte ein paar Worte mit dem Mann aus der Schlacht und wurde dann aufgefordert, sich doch dazu zu setzen.
Gerne kam er dem nach, denn es wurde rasch kälter, als habe auch die Nacht den Winter noch nicht vergessen.
Man redete über den Kampf und natürlich über die Söldner, deren Auftauchen sie alle gerettet hatte. Sie waren keine der Banden, die sich überhaupt erst durch den Ausbruch des Bürgerkriegs gebildet hatten. Nachdem der legitime König ermordet und durch einen Doppelgänger ersetzt worden war, ein Trugbild schwarzer Magie, eine Marionette der Fürsten, die ihn zu ihren Gunsten lenkten, und darüber in Streit geraten waren. Bis der Herr des blauen Greifen die Lügen für alle offenbar machte und das Volk zu den Waffen griff.
Nein, diese Söldner gab es schon länger, erfahrene Krieger und Krie-gerinnen, Veteranen unzähliger Schlachten. Jeder von ihnen wog ein Dutzend der Soldaten auf und es dauerte nicht lange, bis die Sprache auch auf ihren Anführer kam. Dreißig Männer habe er allein heute an-geblich erschlagen. Und einer der Anwesenden schwor steif und fest, er habe gesehen wie der Krieger seinem letzten Feind mit bloßen Händen den Kopf von den Schultern gerissen habe.
Ralek hörte schweigend zu, dachte an das, was er selber gesehen hatte und an die einsame Gestalt, die zwischen den Toten umherwanderte, von Krähen bedeckt. Und schließlich meldete er sich selbst zu Wort und berichtete, was die Söldnerin ihm erzählt hatte.
„Traurig?“, fragte einer ungläubig. „Wie kann so jemand traurig sein? Jemand, der so kämpft, ein Vernichter, der seinesgleichen sucht. Würde mich nicht wundern, wenn es irgendwann Lieder über ihn gibt. Oder er dem falschen König höchstpersönlich ein Ende setzt.“
„Das mag ja sein“, erwiderte Ralek, „aber wenn er wirklich nur im Krieg sein Glück findet, was tut er, wenn dieser endet?“
„Dann sucht er sic h halt den nächsten“, warf ein dritter schulter-zuckend ein. „Wer den Kampf sucht, wird ihn auch finden. Frieden kann doch nur herrschen, wenn anderswo dafür gestorben wird.“
„Wisst ihr , woran mich das erinnert?“
Die Worte quälten sich aus der Kehle, als ob sie dort gerade noch g eschliffen wurden. „Die Geschichte der vier Tugenden.“ Raleks Retter hatte gesprochen und stierte danach wieder stumm in das Feuer.
Dem folgte ein Moment der Stille, nur durchbrochen vom steten Kna-cken der Holzscheite. Die Dunkelheit war um sie herum aufgestiegen, während sie gesprochen hatten, und legte ihre Schatten über alles jen-seits des Feuerscheins.
Und die Soldaten rückten näher an die prasselnden Flammen. „Du meinst jene der vier Königssöhne?“, fragte jemand endlich.
Der Mann nickte.
„Welche Geschichte?“, erkundigte sich Ralek neugierig. Denn er wusste nicht, was für
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