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WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)

Titel: WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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ent-decken.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Die Stunde des Falken
     
    Matthias Hockmann
     
    Gleißendes Sonnenlicht schlug vom Mond auf die Erde und hüllte den kleinen See hinter der Villa Insomina in einen silberweißen Mantel. Die saftiggrünen Fichten dort blühten bei Nacht am kräftigsten und strahl-ten jene beruhigend tragende Stille aus, die mit dem Wind zu atmen schien.
    Einen Augenblick lang stand Jeromya selbstvergessen davor und genoss die meditative Wirkung des leisen Rauschens der Wälder, während die illuminierten Abgesandten des Himmels in den Wogen des Wassers ertranken. Durch die schweren Nebelschwaden, die über die Wasser-oberfläche zogen, drang das Krächzen eines großen Vogels an sein Ohr. Jeromya erschrak. Natürlich kannte er die alten Geschichten über den Todesfalken , dessen Gefieder zu brennen begann, wenn er auf die Jagd ging. Aus der Dunkelheit der höchsten Baumwipfel stürzte er sich auf seine Opfer, um sie mit scharfen Krallen in Stücke zu reißen.
    So, dass er das ausgedörrte Gestrüpp unter seinen Füßen nicht zertrat, schlich sich Jeromya vorsichtig bis an einen trockengelegten Schloss-graben heran, der ihm als fossa finis , der Grenzgraben, bekannt war.
    Er versicherte sich, unbeobachtet zu sein, und sprang hinüber. Auf der anderen Seite angelangt folgte er dem Pfad der Lagunenpilze einige hun-dert Fuß bis vor den mächtigen Stamm der Schwarzen Cyralla .
    Jeromya tat, wie Elsa ihm aufgetragen hatte, und griff in einen hervor-tretenden Spalt hinein, unter die Rinde des magischen Baumes.
    Walnussgroße Asseln krabbelten ihm aufgepeitscht über die Finger, als er nach dem verborgenen Schlüssel suchte, aber Jeromya ignorierte seinen Ekel über das spinnenartige Gehusch der Tiere.
    Endlich fand er den Schlüssel unter Dreck und Baumharz begraben, holte ihn hinter der Rinde hervor, klopfte hastig die letzten Asseln von sich ab und ging dem Wasser entgegen.
    Er watete durch morastige Gefilde, in denen Grillen zirpten und Krö-ten balzten, und passierte mannshohen Röhricht. Ein subtiler Wind-hauch trug den süßen Duft weiblicher Geborgenheit an ihn heran. Jeromya wusste, dass er sich davon nicht täuschen lassen durfte.
    Schnellen, doch bedachten Schrittes kämpfte er sich bis ans Ufer des Sees vor und besah sich im Schein des Vollmondes den Schlüssel. Er war wie ein Schneckenhaus geformt, und eine Gravur folgte dem Lauf des geschwungenen Trichters: clavis porta iustum directionem.
    „Ein Schlüssel zum Tor in die richtige Richtung“, übersetzte Jeromya. „Eine Art Kompass also.“
    Das kranzartige Gewebe auf der Oberfläche des Kompasses pulsierte, wenn man ihn zwischen Daumen und Zeigefinger rieb, und bläulich schimmerndes Licht schoss blitzartig aus dem Innern des spiralförmi-gen Gehäuses nach außen. Es gab offenbar die Himmelsrichtung vor, die es einzuschlagen galt.
    Der Strahl bewegte sich wie eine aufgescheuchte Schlange auf das dies-seite Ufer zu und verschwand im Wasser.
    In der Ferne krächzte erneut der Todesfalke.
    Jeromya legte sich flach auf den Boden. Er hielt den Atem an, sein Kompass erlosch, und die tragende Stille der Fichten kehrte lauernd zurück. Eine Maus oder etwas ähnlich Kleines huschte vorbei. Das fan-tastische Idyll stand nun unter solch unerträglicher Spannung als würde sich jeden Augenblick die Erde auftun, um einen speienden Vulkan zu gebären. Jeromyas Herz klopfte den Takt seiner Angst.
    Laut.
    Der Falke krächzte ein drittes Mal.
    Im selben Moment verwandelte sich der See in eine moorige Lache vor sich hinköchelnden Schimmels, und der sich darin spiegelnde Mond bekam hässliche Pocken. Sie platzten der Reihe nach auf und entstellten ihn bis zur Unkenntlichkeit.
    Im höchsten Baum des Waldes stach plötzlich die Flamme eines mäch-tigen Feuers aus den Blättern der Krone.
    Jeromya erkannte die Fratze des Falken. Sein Gefieder brannte im Fie-ber der Jagd, und dann traten seine Augen hervor. Sie fuhren wie gelbe Kuge lgeschosse aus ihren Höhlen und nahmen die Fährte auf. Wer war das Ziel?
    Jeromya wartete auf eine Antwort.
    Und er wartete.
    Und nun beschloss er, seiner Intuition zu folgen: Er bockte auf und stieß sich mit einem mörderischen Satz vom Boden ab, riss beide Arme nach vorne und tauchte in die abstoßende Brühe der Vorhölle, den Kompass fest mit seiner Faust umschlossen. Das sämige Gebräu des Sees schluckte Jeromya gerade zum rechten Zeitpunkt, denn der Todes-falke fiel vom Himmel, die Klauen gespreizt,

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