WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
angemeldet?“
„Nein, wo denn?“, erwiderte sie und überflog den Brief.
„Aber irgendwoher müssen die uns kennen.“
„Vielleicht ein Hochzeitsgeschenk?“
„Aber von wem?“
„Ich weiß es nicht“, seufzte sie mir ins Ohr und ein angenehmes Krib-beln fuhr durch meinen Körper.
Josephine war nicht meine erste Freundin, aber die erste, die ich wirk -lich über alles liebte, mit der ich den Rest meines Lebens verbringen wollte und für die ich sogar bereit war, auf vorehelichen Sex zu ver-zichten. Ihre Eltern waren sehr religiös und nicht gerade stolz darauf einen unkeuschen Schwiegersohn in spe in ihrer Familie zu wissen. Aber letztendlich wollten sie doch dasselbe, das sich alle Eltern wünschten: ein glückliches Kind. Mit Bekanntgabe unserer Verlobung, nach einem Jahr Beziehung und endlosen Diskussionen zwischen meiner Freundin und ihren Eltern willigten sie sogar ein, dass wir gemeinsam eine Wohnung beziehen durften.
Sie schlang ihre Arme um meinen Hals , ich zog sie näher an mich heran und begann sie zu küssen.
„Was werden deine Eltern dazu sagen? Du und ich, allein in einer fremden Stadt, in einem fremden Land, in dem es vielleicht keine Ei nzelbetten gibt, wo uns niemand kennt, auf einem Maskenball … Wein. Das könnte dich alles so beflügeln, dass du beschließt, keine vier Wochen mehr auf die Hochzeitsnacht warten zu wollen.“ Ich vergrub meine Hand in ihrem Haar und liebkoste ihren Hals.
„Lass das!“, sagte sie gespielt ernst und kicherte wie ein Schulmädchen hinter vorgehaltener Hand, während sie mich mit der anderen ab -blockte und sanft von sich schob. „Du wirst dich beherrschen müs-sen.“ Sie gab mir einen Kuss und ich hätte mich auf der Stelle verlieren können. „So ein großzügiges Geschenk, sogar vom katholischen Ober-haupt abgesegnet, können sie unmöglich ablehnen. Das wäre undank-bar und gehört sich einfach nicht. Sie müssen uns also fahren lassen.“
Josephine wollte unbedingt am Fenster sitzen, um nichts zu verpassen. Mir war es ganz recht, denn ich war bei meinem ersten Flug nicht so euphor isch wie sie. Verunsichert könnte man mein Befinden noch am ehesten beschreiben, vielleicht auch ängstlich. Nein, ängstlich war nicht das richtige Wort, jedenfalls noch nicht.
Mit einigen Minuten Verzögerung war es endlich soweit. Eine Stewar -dess ging durch die Kabine und bat die Passagiere sich anzuschnallen und alle elektronischen Geräte auszustellen. Zeitgleich kontrollierte und verschloss sie die Gepäckablage und eine Kollegin machte uns mit den Sicherheitsvorkehrungen vertraut, die zusätzlich auch als Grafik auf der Rückseite jedes Sitzes prangten.
Dann ging es los: das Flugzeug startete. Das Geräusch der Turbinen war schrecklich schrill und laut. Langsam rollten wir vorwärts, bis wir die Startbahn erreicht hatten. Ich krallte meine Hände, nun doch ängs tlich, in die Lehnen und Josephine ihre linke in meinen Arm, während der Pilot rasant beschleunigte und wir in unsere Sitze gedrückt wurden. Sie strahlte über das ganze Gesicht, während mein Kreislauf lieber seinen Dienst quittierte und auf der Erde blieb, sodass mir speiübel wurde. Josephine starrte fasziniert aus dem Fenster, während ich wiederum kein Auge für die Schönheit unserer immer kleiner werdenden Welt von oben hatte; mir war einfach nur schlecht! Als wir unsere vorgeschriebene Flughöhe erreicht hatten, gingen die Stewardessen erneut durch den Gang und boten Getränke und Snacks an. Wir hatten beide keinen Hunger, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, nahmen aber etwas zu trinken: Josephine ein Bitter Lemon und ich einen Tee.
Glücklicherweise ließ die Beklemmung bald nach und i ch konnte mich endlich wieder etwas entspannen.
Der Fluglärm hatte sich indes zu einem erträglichen, fast schon einlu llenden Brummton verwandelt, den ich dankbar zur Kenntnis nahm und die Augen schloss. Doch vor meinem inneren Auge formte sich eine angsterfüllte Zukunft mit Josephine, der Reise- und Flugbegeisterten, während ich mir jetzt schon sicher war, nur noch ein einziges Mal in meinem Leben eine fliegende Konservendose besteigen zu wollen: nämlich auf dem Rückflug! Aber auch diese Angst flaute allmählich ab, als wir zum Landeanflug ansetzten und ich doch noch einen Blick aus dem Fenster wagte und Venedig von oben sah. Diese Aussicht war einfach fantastisch!
Allerdings hätte ich auf die eigentliche Landung gut verzichten können und verstand plötzlich, warum Passagiere das
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