WELTENTOR 2013 - Fantasy (German Edition)
aufleuchten im silbernen Licht. Das Warten machte mir nichts aus.
„Schhhh“, machte Nethe und rückte dichter zu mir heran. „Gleich kommen sie.“ Ich hatte gar nichts sagen wollen, ihre Nähe war mir ge-nug.
Viele Sterne standen jetzt über uns, der Himmel ganz dunkel , nur noch ein schwacher Schimmer als Erinnerung an den letzten Tag im Westen über den Weiden.
Das Erste, was wir sahen , waren die Lichter, die tief im See erschienen, dünne Strahlen, die tanzten und wiegten. Blau leuchtend, wie der Win-terhimmel, kamen die kleinen Wesen an die Oberfläche, drehten Kreise und Spiralen darunter und brachen schließlich an die Luft. Nicht eine Welle erschien, wo sie überwechselten. Jedes nicht größer als eine Faust, durchsichtig, Fahnen aus Licht folgten ihren Bewegungen, wie Kielwasser.
Die Elementare schienen aus der Tiefe des Sees zu kommen, aber die Fischer hatten nie einen in ihren Netzen gefunden. Nur in Nächten wie dieser, wenn der Winter vorüber und der Sommer noch nicht ganz angekommen war, zeigten sie sich wie zum Fest, wenn der Mond voll und strahlend über dem Wasser stand.
Jetzt drehten sich die Wassare in Paaren, als würden sie ihre eigene Musik hören, nur wenige Handbreit über ihrer nassen Heimat drehten und schlangen sie sich umeinander. Ich tastete nach meinem Musik-instrument und wollte dazu spielen, aber meine Finger konnten die Flöte nicht finden, sie war wohl hinuntergerollt und lag im Gras. Ich wollte meinen Blick nicht abwenden, um danach zu suchen. Ein kühler Hauch streifte meinen Rücken. Ich spürte wie Nethes Hand die meine ergriff, unsere Finger verschränkten sich und ich hielt sie fest.
Zwei Elementare verschmolzen, wurden drei.
Mit einem Male hörte ich die Weidenflöte, keine Melodie, nur Töne, als würde von ungeübtem Munde nur hindurch geblasen. Die Elementare über dem See stockten erschreckt, dann jagten sie, eines nach dem anderen zurück in die Tiefe. Schnell versanken die Lichter.
„Da. Ein Ban!“, rief Nethe und diesmal brauchte sie mir nicht zu zeigen, wohin ich blicken musste, denn meine Augen hatten den Wald-geist schon entdeckt, von meinen Ohren gelenkt, denn er hatte mein Weidenstöckchen in seinen schleierhaften Fingern, der Wind schien sie zu spielen, während er sich in den Wald zurückzog.
„Er hat meine Flöte“, sagte ich unnötigerweise, während Nethe schon auf den Beinen war.
„Komm, wir holen sie.“
„Du willst dem Ban hinterher?“
„Es ist noch Zeit.“
Sie machte die ersten Schritte in Richtung Wald, drehte sich zu mir um. Wenn sie unsicher war, ließ sie es sich nicht anmerken. Kurz entschlos-sen setzte sie dem Ban hinterher. Ich wollte sie nicht allein gehen lassen und lief ihr nach.
Der Ban war schnell, aber wir konnten ihn immer hören, der Wind in meiner Flöte verriet ihn, wenn er wieder zwischen den Bäumen ver -schwand. Wir folgten keinem Weg, aber ich war mir sicher, dass das Moor in der anderen Richtung lag. Hoffentlich würden wir den Weg zurückfinden. Nur wegen einer Weidenpfeife. Ich hatte sie selbst ge-schnitzt, ich könnte noch viele fertigen, solange die Rinde der Weiden noch saftig war. Ich wollte nach Nethe greifen, sagen, dass wir umkeh-ren sollten, aber konnte es nicht. Was würde sie von mir denken, wenn sie dem diebischen Waldgeist nachsetzen wollte und ich mich fürchtete.
Fast rannte ich Nethe über den Haufen, als sie plötzlich stehen blieb. Der Ton war verstummt. War der Ban entwischt? Fast wünschte ich, dass es so wäre. Ich wollte den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, aber Nethe drückte mir den Finger auf die Lippen und ich schwieg.
An ihr vorbei sah ich die Lichtung, die wir erreicht hatten, ein einzelner abgestorbener Baum stand in ihrer Mitte. Hier waren wir noch nie ge -wesen, wir mussten tief im Wald sein. Es roch auch nicht mehr nach Torf, sondern nach altem Laub.
Drei Bane waberten um den toten Baum herum, die Flötenpfeife wie ein Schatten im schwachen Licht, das von ihnen ausging, aber den B oden nicht zu erreichen schien.
„Was machen sie?“, hauchte ich verwirrt, ein solches Verhalten kannte ich nicht von den Waldgeistern, sie waren sonst nur einzeln mal zu sehen, wenn man sich zu spät noch im Wald aufhielt. Man lief dann besser schnell heim.
„Weiß nicht“, kam es dicht an meinem Ohr zurück. Wir drückten uns an den Stamm einer Esche, ganz nah am Rande der Grasfläche und schauten den Geistern zu, wie sie um das Weideninstrument zu streiten schienen.
„Jedes will
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